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Thekla Walker
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Rainer W. •

Frage an Thekla Walker von Rainer W.

Es stehen die Bundestagswahlen an.
Bei den meisten Wahlen in denn letzten 30 Jahren war ich dabei, nach jeder Wahl wurde ich bitter Enttäuscht, vor allem weil ich regional Denke und Handel.
Was ist daran falsch gewesen Regional zu handeln, hinsichtlich auf die Themen Umweltschutz, Fachkräftemangel, Integration, und Bildung?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Waedt,

ich danke Ihnen für Ihr Schreiben mit verschiedenen Fragestellungen zur Förderung der Regionalität in Baden-Württemberg. Wir Grüne stehen zu einer regionalbezogenen Entwicklung des Landes und konnten hierzu auch bereits einige Erfolge verbuchen! So wollen wir beispielsweise die Infrastrukturen regionaler Wirtschaftskreisläufe stärken. Wir streben eine ökologisch sinnvolle Kreislaufwirtschaft an, die Ressourcen effizient einsetzt und schützt und sind hier bereits auf einem guten Weg. Unnötige Transporte sparen wir, indem wir dezentral gewonnenen, heimischen Rohstoffen Vorrang einräumen und gebrauchte mineralische Rohstoffe rückgewinnen. Wiederverwertung und Effizienzsteigerungen sollen den Bedarf an Rohstoffen im Land deutlich reduzieren. Wo deren Einfuhr nicht zu vermeiden ist, wollen wir unter anderem durch zertifizierte Lieferketten soziale, ökologische und menschenrechtliche Standards sicherstellen.

Das Zentrum für Ultraeffizienzfabriken verstehen wir als Plattform für Forschungs- und Demonstrationszwecke. Hier entstehen Ideen, wie die energie- und ressourceneffiziente Produktion der Zukunft aussehen kann. Mit den Landesagenturen, dem breiten Beratungsnetzwerk für den Mittelstand und den Forschungseinrichtungen wollen wir den wirksamen und wirtschaftlichen Einsatz von Energie und Material in den Unternehmen konsequent unterstützen. Energieeffizienz ist ein zentrales Element einer nachhaltigen Wirtschaft. Dazu haben wir Angebote für Beratungs- und Investitionsförderung gemacht. Die dafür bereits aufgebauten regionalen Kompetenzstellen für Energieeffizienz (KEFF) machen wir zu Kompetenzzentren für Material- und Ressourceneffizienz. Außerdem wollen wir mit der Wirtschaft ein Bündnis für eine klimaneutrale Produktion schließen!

Besonders in der Bauwirtschaft setzen wir auf eine Ressourcen- und Bauwende. Wir wollen mehr Holz als Baumaterial, den Einsatz von Recyclingmaterial in Produkten stärken und den Einsatz von Recyclingbeton voranbringen. Das erreichen wir z.B., indem wir die Verwendung von Holz und Recyclingbeton als Baumaterial bei öffentlichen Bauten verbindlich festschreiben. Zum Thema Recyclingbeton habe ich gerade erst Ende Februar einen gemeinsamen Termin mit Vertreterinnen aus dem Landkreis Böblingen und dem baden-württembergischen Umweltministerium durchgeführt. Es mir sehr wichtig alternative Verfahren in der weiteren Betrachtung des Themas zu berücksichtigen. Außerdem werden wir Grünen uns für eine Lebenszyklusbetrachtung von Gebäuden und die Entwicklung eines Ressourcengebäudeausweises einsetzen.

Auch im Stromnetzausbau werden wir konkrete regionale Ziele festschreiben, um Sonnen- und Windenergie naturverträglich auszubauen. In Baden-Württemberg gibt es viel Flächenpotenzial für den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Dieses wollen wir heben, indem wir verstärkt landeseigene Flächen im Wald für die Windkraft nutzen. So wollen wir bis zum Jahr 2030 über 1000 neue Anlagen ermöglichen. Wir werden alle Freiflächen, landwirtschaftlichen Flächen und geeignete Baggerseen prüfen, ob wir dort die Solarenergie ausbauen können. Allein Freiflächen-Photovoltaik hat ein Ausbaupotenzial von etwa 385.000 Hektar, das wir erschließen wollen. Wir wollen Flächen an Landes-, Bundesstraßen und Autobahnen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen nutzen. Auch Lärmschutzwände sind für eine entsprechende Nutzung geeignet. Deshalb werden wir uns im Bund für die Änderung der bislang restriktiven Abstandsregeln einsetzen.

Wir wollen dafür sorgen, dass Bürger*innen-Energiegenossenschaften unterstützt werden und Anliegerkommunen attraktive Anreize bekommen, die Erneuerbaren Energien auszubauen. Der heutige Strommarkt funktioniert nach Regeln, die 20 Jahre alt und auf die fossilen Energieerzeuger zugeschnitten sind. Sie waren auf einen kleinen Beitrag von Erneuerbaren Energien ausgelegt. Heute ist das anders. Deshalb sind an vielen Stellen grundlegend andere Rahmenbedingungen notwendig, für die wir uns auf Bundes- und EU-Ebene einsetzen: Zum Beispiel muss der Energiemarkt neu gestaltet werden, sodass die Bedürfnisse der Erneuerbaren Energien ins Zentrum gestellt werden. Rechtliche Hürden für den Bau von Anlagen und das Teilen von Energie müssen abgebaut und Ausbaudeckel abgeschafft werden. Die Energiegewinnung und die Nutzung von Energie vor Ort muss erleichtert werden. Deswegen werden wir uns dafür einsetzen, dass Ausschreibungen für Energieprojekte so angelegt sind, dass sich auch Genossenschaften darauf bewerben können und im Wettbewerb mit anderen Akteur*innen eine faire Chance haben. Wir werden uns weiterhin auf Bundesebene dafür einsetzen, Hemmnisse abzubauen und die Energiegewinnung und die Nutzung von Energie vor Ort zu erleichtern.

Baden-Württemberg als Genussland steht für gute und gesunde Lebensmittel. Das wollen wir ausbauen. Deswegen stärken wir unsere regionalen Lebensmittelerzeuger*innen. Auch die Landesverwaltung wird Vorbild: Seit einiger Zeit sind wir dabei, die landeseigenen Kantinen und Mensen auf regionale Kost umzustellen und hier den Bio-Anteil auf 30 Prozent bis 2025 und auf 100 Prozent bis 2030 zu steigern. Die Umstellung der Kantinen in Gemeinden, Kreisen und privatwirtschaftlichen Betrieben sowie den Aufbau der erforderlichen Wertschöpfungsketten wollen wir weiterhin gezielt fördern. Fleisch aus Weidetierhaltung und Saft aus Streuobst soll ebenso ins Angebot. Außerdem sollen auch Kantinen in öffentlichen Einrichtungen jeden Tag eine vollwertige vegane bzw. vegetarische Alternative anbieten sowie den Anteil an regionalen und biologisch erzeugten Lebensmitteln erhöhen.

Die landeseigenen Domänen und Flächen wollen wir auf biologische Bewirtschaftung umstellen. Das örtliche Handwerk wie Bäckereien und Metzgereien sind zentrale Partner für hochwertige Lebensmittel aus der Region. Ökologische Lebensmittel sollen für alle Menschen zugänglich sein, auch für Menschen in Alten- und Pflegeheimen, Behinderteneinrichtungen, Kinderheimen, Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen. Um den Ökolandbau in Baden-Württemberg weiter auszubauen, wollen wir mit unserem Engagement fortfahren und weitere Bio-Musterregionen ergänzen, bzw. sie zu Bio-Landschaften weiterentwickeln. Außerdem fördern wir Projekte der Solidarischen Landwirtschaft als eine faire, partnerschaftliche und alternative Form der Produktion von Lebensmitteln.

Die aktuelle Pandemie zeigt uns, wie anfällig globale Handelsströme sind. Wir wollen uns bei Lebensmitteln unabhängiger machen und streben mehr Obst- und Gemüseanbau an. Das garantiert kurze Wege vom Feld auf den Tisch – aus der Region, für die Region. Der Fokus liegt dabei auf ökologischem Anbau. Bislang erzeugen wir nicht einmal die Hälfte des Obsts und Gemüses, das wir verbrauchen, selbst! Außerdem ist unser Ziel mit unseren Nachbarregionen zu kooperieren und zur europäischen Spitze zu gehören sowie das Europäische Netzwerk gentechnikfreier Regionen weiter ausbauen.

Regionale Verbünde und freiwillige Zusammenschlüsse, Grundschulen mit mehreren Standorten können dazu beitragen, die Qualität zu erhöhen. So kann die Schulleitung gestärkt, können multiprofessionelle Teams aufgebaut und fachfremder Unterricht verringert werden. In Südtirol gelingt es auf diese Weise, auch kleine Schulstandorte mit hoher Qualität zu erhalten. Im Rahmen der regionalen Schulentwicklung wollen wir die Grundschullandschaft mit Anreizen zukunftsfähig machen. Wir setzen dabei – wie im Bereich der Sekundarschulen – auf die Initiative der Grundschulen und der Schulträger. Schule funktioniert am besten, wenn Lehrkräfte, Eltern und Schüler*innen vertrauensvoll und eng zusammenzuarbeiten und gemeinsam Verantwortung übernehmen.

Unser Ziel ist, die Grundschulen weiter zu stärken und in ihrer wichtigen Arbeit zu unterstützen. Der Grundsatz „kurze Beine, kurze Weg“ gilt für uns nach wie vor. Eine gute Erreichbarkeit allein reicht aber nicht. Gerade für die jüngsten Schüler*innen braucht es beste Qualität und ein verlässliches Angebot. Mit dem Ausbau der Ganztagesschulen werden nach den Kitas nun auch die Grundschulen familienfreundlicher. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode haben wir die Grundschulen erstmals mit 180 zusätzlichen Deputaten unterstützt. Damit sollen insbesondere Schüler*innen, die einen Sprachförderbedarf oder Schwierigkeiten beim Lesen, Rechtschreiben oder Rechnen haben, gezielt und individuell gefördert und unterstützt werden. Was den Klassenteiler anbelangt, liegen die baden-württembergischen Grundschulen mit 19,5 Kindern auf einem Spitzenplatz.

Wir haben die Kontingentstundentafel erhöht und den Grundschulen vier zusätzliche Lehrerwochenstunden zur Verfügung gestellt – zwei für Deutsch und zwei für Mathematik. Damit wollen wir die Grundfertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen stärken. Hierfür haben wir den Grundschulen rund 640 Deputate bereitgestellt. Durch den Wegfall des Fremdsprachenunterrichts in Klasse 1 und 2 werden Stunden frei (ca. 630 Deputate). Die Grundschulen können diese Stunden nutzen, um ihre eigenen Schwerpunkte und Profile zu bilden – vorwiegend in Deutsch und Mathematik. Um den besonderen Lehrer*innenmangel an den Grundschulen abzufedern, haben wir 400 zusätzliche Studienanfängerplätze für das Grundschul-Lehramt an den Pädagogischen Hochschulen geschaffen. Damit stellen wir eine wichtige Weiche, um die Versorgungslage und den zukünftigen Bedarf an unseren Grundschulen mit qualifizierten Lehrkräften maßgeblich zu verbessern. Wir stärken die Schulleitungen an den Grundschulen, indem wir die Besoldung aller Schulleiter*innen an den Grundschulen auf A13 angehen. Damit bringen wir die Schulleiter*innen kleinerer Schulen auf Augenhöhe mit den größeren Schulen.

Sehr geehrter Herr Waedt, für mehr Informationen zu unseren Grünen Zielen und Erfolgen füge ich Ihnen unser Grünes Wahlprogramm an. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie trotz Ihrer Enttäuschung wählen gehen würden und unsere Grüne Arbeit auf lokaler Ebene unterstützen könnten.

Vielen Dank

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Thekla Walker

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