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Sven Lehmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Denis A. •

Welche Maßnahmen werden angesichts der nunmehr realistischen Chance eines maßgebenden Wahlerfolgs der AFD beabsichtigt, um unsere Demokratie vor einem faschistischen Umbau zu bewahren?

Sehr geehrter Herr Lehmann,

als Rechtsanwalt und Person mit Migrationshintergrund bin ich nicht nur bestürzt, sondern auch verängstigt angesichts der jüngeren Erkenntnisse über die Deportationspläne der neuen Rechten sowie der im Gleichlauf zu beobachtenden Wahlerfolge dieser Partei.

Bevor durch wohl zu antizipierende Regierungswechsel bei den nächsten Bundes- und Landtagswahlen, neben einem Erstarken der AFD auch eine Regierung unter Leitung von Rechtsauslegern der CDU zu befürchten steht, ergibt sich ein Ausschleifen von Einflussmöglichkeiten der Parteien, die links von diesen Beteiligten zu verorten sind.

Erst jüngst wurde zudem in rechtlicher Hinsicht und mit Blick auf das Verfassungsrecht skizziert, dass Mechanismen, die ein Aushebeln demokratischer Strukturen verhindern sollen, seitens der AFD bereits bei Vorliegen einer einfachen Mehrheit entfernt werden könnten.

Bitte setzen Sie sich für schnelle Reaktionen und Vorbereitung auf dieses Szenario ein! Wir müssen jetzt handeln.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Guten Tag Denis A.,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihren Einsatz für gesellschaftlichen Zusammenhalt und demokratische Grundwerte. Ich verstehe und teile Ihre Sorgen bezüglich der Entwicklungen beim Rechtsextremismus hierzulande.

Die AfD ist eine Partei, die unsere Demokratie zutiefst verachtet. Sie sät Hass und fügt unserem Land und unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung großen Schaden zu. Die Correctiv-Recherche haben gezeigt, dass es bei der AfD nicht nur um eine irgendwie rechte oder rechtspopulistische Partei geht. Die AfD will ein anderes Land, das nicht auf dem Boden unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung steht. Relevante Teile der Partei meinen es tatsächlich ernst mit ihren Umsturzplänen.                        

Ihre Deportationsfantasien gegen Menschen mit Migrationsgeschichte bedrohen konkret ein Viertel der Bürger*innen unserer Gesellschaft. Als direkt gewählter Abgeordneter für Köln II ist es mir wichtig, zu betonen, was das unter anderem für die Bürger*innen meines Wahlkreises  bedeuten würde: etwa 40 Prozent der Stadtbevölkerung liefe Gefahr, deportiert zu werden. Die Stadt wäre nicht mehr die, die wir kennen und lieben. Wir müssen die Pläne der AfD daher ernst nehmen und uns ihnen entgegenstellen – sie dürfen niemals Wirklichkeit werden.

Durch Pläne wie diesen werden unser Rechtsstaat, unsere Demokratie sowie ihre Institutionen derzeit massiv bedroht. Der Schutz des Rechtsstaates und seiner Institutionen hat für uns höchste Priorität. Deshalb sprechen wir uns für eine Gesetzesänderung zum verbesserten gesetzlichen Schutz des Bundesverfassungsgerichts aus. Leider hat die Union die unseres Erachtens konstruktiv geführten Gespräche zunächst abgebrochen. Das bedauern wir sehr. Mit Blick auf eine für eine Grundgesetzänderung notwendige Zweidrittelmehrheit werben wir dafür, dass die Union an den Verhandlungstisch zurückkehrt. Als Grüne im Bundestag werden wir uns auch weiterhin mit Nachdruck für eine Änderung des Grundgesetzes zur Stärkung der Resilienz des Bundesverfassungsgerichts einsetzen.

Des Weiteren behalten unsere Sicherheitsbehörden die verfassungsfeindlichen Bestrebungen der AfD zu Recht im Blick und haben bislang schon diverse Partei-Gliederungen und Landesverbände als gesichert rechtsextrem eingestuft – zuletzt wurde auch die Einstufung der AfD-Jugendorganisation durch den Bundesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem gerichtlich bestätigt.

Gleichzeitig ist es an uns als überzeugte Demokrat*innen, den menschenfeindlichen Positionen der AfD Widerstand zu leisten und ihr den Nährboden zu entziehen. Die demokratischen Parteien und die Zivilgesellschaft haben in den vergangenen Wochen klar Farbe bekannt und vielfach Stellung bezogen. Auf Kundgebungen und Demonstrationen überall im Land haben viele Bürger*innen deutlich gemacht, dass sie rechtsextremes und menschenverachtendes Gedankengut in unserem Land nicht akzeptieren werden.

Mit freundlichen Grüßen

Sven Lehmann

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