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Sven Giegold
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Frage von Hermann B. •

Frage an Sven Giegold von Hermann B. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Giegold,

eine Frage zur Gesundheitspolitik der Grünen:
Planen die Grünen eine Gleichstellung der Behandlungen von Privat- und ges. Versicherten?
Es ist doch eine Verhöhnung der Gleichberechtigung, wenn Beamte, Privat ersichert, alle Leistungen zur etwa Hälfte von der Versicherung und zur Hälfte aus Steuergeldern bezahlt bekommen, während gesetzlich Versicherte neben den relativ hohen Kassenbeiträgen, den Praxisgebühren und den Rezeptgebühren auch noch Teile der Behandlungen selbst bezahlen müssen und dann noch wie unerwünschte "Kunden" von oben herab als Patienten 5. Klasse behandelt werden.
Wer einmal erlebt hat, wie unterschiedlich beide Gruppen beim Arzt abgefertigt werden (Kasse oder Klasse? -Originalton Endo-Klinik Hamburg), der zweifelt am Artikel 3 des Grundgesetzes!

Mit freundlichen Grüßen
Hermann Böhm

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Böhm,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Gesundheitspolitik wird weitesgehend auf nationaler Ebene gemacht. In Deutschland setzten sich die Grünen für eine Bürgerversicherung und das Ende der Zweiklassenmedizin ein. Ausgeführt haben wir dies in unserem Bundestagswahlprogramm, den entsprechenden Absatz finden sie unten. Ihrer Frage entnehme ich, dass dies ganz in ihrem Sinne ist.

"Eine für alle statt 2-Klassen-Medizin: Die Grüne Bürgerversicherung

Wer arm ist, hat eine niedrigere Lebenserwartung. Dieser Satz beschreibt die traurige Realität des 2-Klassen-Gesundheitssystems in Deutschland. Auch hierzulande hängt die Gesundheit vom Geldbeutel ab. Der Trend hin zu einer Zweiklassenmedizin mit Praxisgebühr, Zuzahlung, Selbstzahlung und langen Wartezeiten für die gesetzlich Versicherten wollen wir Grüne stoppen. Unser Ziel ist es, die gesundheitliche Versorgung weiter zu verbessern und den Zugang zu medizinisch notwendiger Versorgung hoher Qualität unabhängig von Einkommen, Geschlecht, Herkunft, sozialer Lage und Wohnort sicherzustellen. Praxisgebühr und Medikamentenzuzahlungen wollen wir daher abschaffen, weil sie für arme Menschen große Hürden darstellen und deshalb in nicht wenigen Fällen zur Verschleppung notwendiger Behandlung führen. Eine für alle, statt Flucht aus der Solidarität: Im Gesundheitssystem wollen wir mit der grünen Bürgerversicherung alle Menschen in die solidarische Finanzierung einbeziehen und damit die 2- Klassen-Medizin abschaffen. Das heißt für uns, dass der Gesundheitsfonds der großen Koalition zügig wieder abgewickelt werden muss. Die politische Festsetzung eines einheitlichen, aber nicht kosten deckenden Beitragssatzes dient als Einstieg zu einer zusätzlichen kleinen Kopfpauschale und führt zu einem Druck auf die Krankenkassen, ihren Versicherten notwendige Leistungen vor zu enthalten. Mehr Wettbewerb zwischen den Kassen in einem bundeseinheitlichen Wettbewerbsrahmen und mehr Qualitätswettbewerb zwischen Leistungsbringern zugunsten der Patientinnen und Patienten ist dabei sinnvoll, der aber nicht zu Lasten der Beschäftigten im Gesundheitswesen gehen. Wir wollen eine Bürgerversicherung, in die alle gemäß ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit einbezahlen und die allen unabhängig von ihrem Geldbeutel die notwendige und angemessene medizinische Versorgung garantiert. Wir wollen verhindern, dass sich ausgerechnet die Leistungsstärksten aus dem solidarischen Umlagesystem in die Privatversicherung flüchten können. Und wir wollen verhindern, dass die Finanzierung des Gesundheitssystems einseitig durch die Lohneinkommen erfolgt. Deshalb sollen auch andere Einkommensarten wie Kapitaleinkommen und Einkommen aus gewerblicher Vermietung und Verpachtung in die Finanzierung einbezogen werden. Damit durch die Heranziehung weiterer Einkommensarten nicht vor allem kleine und mittlere Einkommensbezieher belastet werden, wollen wir für die zusätzlichen Einkommensarten Freigrenzen einräumen und die Beitragsbemessungsgrenze anheben."

Mich bewegt dieses Thema sehr, weil ich mir von meiner Liebsten,die im Gesundheitswesen arbeitet, die dunkle Realität der Zweiklassenmedizin jeden Abend anhören muss.

Mit freundlichen Grüßen
Sven Giegold