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Stephan Protschka
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Frage von Helmut B. •

Frage an Stephan Protschka von Helmut B. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Protschka,
zum Welrernährungstag beklagen Sie auf der Internetseite https://afdkompakt.de/2019/10/16/afd-bundestagsfraktion-fordert-wende-hin-zu-nachhaltigerer-landwirtschaft/ ein Sterben der landwirtschaflichen Familienbetriebe und eine Zunahme der massenproduzierenden Großbetriebe.
Leider erfolgt in Ihrer Analyse der Gegebenheiten kein Vorschlag wie Sie und Ihre Partei da Gegensteuern wollen. Sie beklagen Lebensmittelskandale wie Wilke Wurst oder Eier aus den Niederlanden.
Aber was und vorallem wie möchten Sie hier etwas ändern. Nur zu sagen es gäbe zuviele Großbetriebe reicht nicht aus. Also wie möchten Sie Familiär geführte Landwirschaftliche Betriebe fördern, und ab wlecher Größe ist ein Landwirtschaftlicher Betrieb ein Großbetrieb?
mit freundlichen Grüßen
H. B.

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Antwort von
AfD

Sehr geehrter Herr H. B.,

die gegenwärtige negative Situation in der heimischen Landwirtschaft
wurde von der Politik der vergangenen Jahrzehnte verursacht. Die
Liberalisierung der Agrarmärkte und die EU-Agrarpolitik mit ihren
Subventionen und Marktregeln hat zu einem „wachse oder weiche“
geführt. Die heimische Landwirtschaft sollte mit dem Weltmarkt
konkurrieren können. Dazu wurde das Wachstum der Betriebe und die
Spezialisierung der Betriebe von der Politik bewusst gefördert. Durch
die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik im Jahr 2003 wurden die
Direktzahlungen eingeführt, d.h. umso mehr Fläche ein Betrieb hat,
desto mehr Subventionen erhält er. Damit wurde ein Anreiz zur
betrieblichen Flächenausweitung geschaffen, insbesondere auch vor dem
Hintergrund, dass die Direktzahlungen mittlerweile den wesentlichen
Teil des Betriebs-Einkommens ausmachen. Großbetrieben fiel und fällt
dieses Betriebswachstum generell leichter, da sie über mehr Kapital
verfügen und es ihnen leichter fällt Kredite für weiteren Landkauf und
andere Investitionen aufzunehmen. Landwirtschaftliche Neueinsteiger
sind quasi chancenlos. In den vergangenen 10 Jahren ist die Zahl der
landwirtschaftlichen Betriebe um über 16 Prozent auf nur noch etwa
267.700 Betriebe gesunken. Jeder zweite Betrieb ist ein
Nebenerwerbsbetrieb. Tendenziell wird die Zahl weiter sinken. Dazu
sorgen auch die niedrigen Erzeugerpreise, die unsere heimische
Landwirtschaft immer mehr in eine ökonomische Enge treiben.

Auf Druck der Umwelt- und Naturschutzverbände wird jetzt außerdem von
Seiten der Politik völlig planlos eine neue Auflage nach der nächsten
zu Lasten der Landwirtschaft erlassen. Der Bürokratieaufwand wächst
stetig. So muss ein landwirtschaftlicher Betrieb heute bis zu 60
Stunden pro Monat für Bürokratiebewältigung aufwenden. Klar ist, dass
dies die kleinen und mittleren Familienbetriebe weit mehr belastet als
die großen Betriebe. Der Strukturwandel wird also sogar noch
zusätzlich verschärft. Wenn die Regierungskoalition also von einem
„klaren Bekenntnis für die bäuerliche Landwirtschaft“ spricht, dann
hat das wenig mit ihren politischen Handlungen zu tun. In Wahrheit
raubt die Bundesregierung durch dieses Handeln der heimischen
Landwirtschaft jegliche Planungs- und Investitionssicherheit und
gefährdet sie in ihrer Existenz.

Besorgniserregend zugleich ist, dass nicht mal auf EU-Ebene gleiche
Wettbewerbsbedingungen im Bereich Landwirtschaft bestehen. Das
Beispiel Zuckerrübe verdeutlicht das sehr gut. Während hierzulande im
letzten Jahr der Einsatz von Neonikotinoiden verboten wurde, gibt es
in anderen EU-Ländern aus einem Mangel an Alternativen
Ausnahmegenehmigungen. Zusätzlich werden sogar noch Subventionen auf
den Anbau gewährt (gekoppelte Zahlungen). Kein heimischer
Zuckerrübenbauer kann unter diesen Bedingungen mithalten. Die Folge
ist, dass der heimische Zuckerrübenanbau drastisch eingebrochen ist
und Zuckerfabriken ihre Werke hierzulande schließen. Die Produktion
wandert ins (europäische) Ausland ab. Das ist leider kein
Einzelbeispiel, sondern betrifft viele landwirtschaftliche Bereiche.

Und weil das alles noch nicht reicht, sollen weitere
Freihandelsabkommen mit Staaten beziehungsweise Staatenbünden
geschlossen werden, wo im Agrarbereich deutlich niedrigere
Produktions- und Umweltstandards gelten als in Deutschland und der EU.
Jüngstes Beispiel ist das geplante MERCOSUR-Freihandelsabkommen. In
diesen Ländern sind beispielsweise Pflanzenschutzmittel zugelassen,
die in der EU aus berechtigten Gründen verboten sind. Die
landwirtschaftlichen Nutzflächen dort werden sehr intensiv
bewirtschaftet. Zusätzlich werden bereits jetzt Regenwaldflächen
gerodet, um die Flächen noch auszuweiten. Während also die
landwirtschaftliche Produktion bei uns aufgrund der steigenden
Auflagen immer teurer und unrentabler wird und immer mehr Höfe
aufgeben müssen, importieren wir unseren Bedarf an Nahrungs- und
Futtermitteln aus solchen Ländern. Einfluss auf die Tierschutz- und
Umweltbestimmungen dort haben wir natürlich nicht. Ist das nachhaltig?
Ist das vernünftig?

Was fordert die AfD konkret? Hier ein Auszug unserer Forderungen:

Entbürokratisierung der Agrarpolitik;
Keine weitere Verschärfung der Düngeverordnung;
Stärkung der landwirtschaftlichen Direktvermarktung;
Gegensteuern gegen das „wachse oder weiche“-Prinzip. Ein erster
(wenn auch nicht ausreichender) Ansatz wäre Kappung der GAP-Mittel;
Höhere Erzeugerpreise durch Förderung von Erzeugergemeinschaften
und Stärkung der Verhandlungsposition der Landwirtschaft mit dem LEH;
Förderung von Junglandwirten ausbauen;
Keine Agrarzugeständnisse in Freihandelsabkommen, wie zB dem
Mercosur-Abkommen. Das wäre Doppelmoral.

Die Frage ab welcher Größe ein Betrieb ein Großbetrieb ist, lässt sich
nicht pauschal beantworten. Bei Familienbetrieben reden wir hier
sicherlich ab einer Größe zwischen 6-900 Hektar von Großbetrieben.
Allerdings gibt es auch historisch gewachsene Unterschiede,
Diversifizierungen und Genossenschaften. Also eine reine Zahl greift
zu kurz. In Kürze werden wir unser agrarpolitisches Leitbild
veröffentlichen, wo wir noch spezifischer auf unsere Forderungen in
der Agrarpolitik eingehen werden.

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