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Frage von Yvonne A. •

Frage an Stefan Engel von Yvonne A. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Engel,

mit Sicherheit ist Ihnen die Lage angehender Lehrer eher unbekannt. Diese "Referendare" arbeiten für ein Gehalt, das momentan das Niveau von 1970 hat und 1999 um 250 EUR gekürzt wurde, mit der Begründung, dass man auch so genug Referendare fände - meiner Ansicht nach eine sehr zynistische Begründung, auch angesichts der heutigen Mangelsituation gerade in meinem Fach (ich bin angehende Englischlehrerin).

Die Lehrerbibliotheken sind allenfalls historisch von Interesse; in vielen sind die neuesten Bücher aus den 1960er Jahren, weil ab dann keine Gelder mehr für neuere Bücher bewilligt wurden. So kaufen sich dann die Jungreferendare ihre Bücher selbst - und verschulden sich, allein für das Lehrmaterial.

Auch Kopien müssen die angehenden Lehrer oft aus eigener Tasche finanzieren.

Vielleicht erscheint Ihnen das Gehalt der angehenden Lehrer ja sowieso zu hoch für die wenigen Stunden die sie arbeiten (Achtung, Ironie), und mehr soziale Absicherung als ein Landen bei Hartz IV haben diese nicht verdient (wenn jemand als angehender Lehrer nach dem Referendariat arbeitslos wird, landet er, da Beamter auf Widerruf, sofort bei Hartz IV).

Aber was ist mit den Schülern? Haben die es verdient, keine Schulbibliotheken zu bekommen, von kostenlosem Surfen zu Informationszwecken bei Öffnungszeiten ausserhalb der Schulzeit wie in England gang und gäbe ganz zu schweigen?

Mit anderen Worten: Wie steht Ihre Partei zu einem Bildungssystem, das nur noch den Mangel mit Phantasie und Engagement verwaltet, anstatt auch finanziell Platz für Förderung und Innovationen für junge Menschen zu haben? Und wie steht Ihre Partei zur Gehaltsfrage für Referendare?

Mit freundlichem Gruß

Yvonne Ayech

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Liebe Yvonne Ayech,

da in unserer Partei einige Lehrer organisiert sind, ist mit die Gehaltslage der Referendar nicht unbekannt. Sie liegt momentan zwischen ca. 970 € und 1000 €.
Ich stimme ihnen voll zu, dass die Begründung zur Kürzung des Gehalts um ca. 20 Prozent, „dass man auch so genug Referendare fände“ sehr zynisch ist, nicht nur angesichts des Lehrermangels, sonder auch, weil damit die Konkurrenz untereinander als Argument für den Abbau des Gehalts genommen wird.

In gewisserweise ist dies die gleiche Argumentation und Methode, wenn mit der Massenarbeitslosigkeit und den internationalen Konkurrenzkampf der Lohnabbau für die Kollegen in der Industrie begründet und durchgesetzt werden soll.

Es ist auch nicht richtig, dass die Referendare ihr Gehalt für die Bücher ausgeben müssen aufgrund veralteter Lehrerbibliotheken, bzw. für Unterrichtsmaterial, dass vom Staat getragen werden muss.

Sie fragen mich, wie ich zu unserem Bildungssystem stehe.

Der Schulerfolg der Kinder wird immer abhängiger vom Geldbeutel der Eltern. Bereits jeder vierte Schüler bekommt von den Eltern bezahlten Nachhilfe-Unterricht. Wie sollen das Arbeiterfamilien mit zwei oder mehr Schulkindern finanzieren?
Es ist ein Armutszeugnis, wie die Länderregierungen ¯ die zuständig sind für die Umsetzung der angeblichen Lernmittelfreiheit ¯ die Kosten für Schulbücher auf die Eltern abwälzen. Mit an der Spitze der SPD/PDS-Senat von Berlin: Er verlangt im neuen Schuljahr bis zu 100 € „Büchergeld“ pro Schüler. Und im CDU-regierten Saarland sind es sogar bis zu 160 €. In Hamburg bewilligte der CDU-Senat lediglich noch 2,5 Millionen € für Schulbücher, mehr als 10 Millionen € sollen die Eltern aufbringen.
Die MLPD fordert ein kostenloses und einheitliches Schulsystem vom Kindergarten bis zur Hochschule. Ein kostenloses Schulsystem, weil es eine selbstverständliche Aufgabe der Gesellschaft sein muss, der Jugend die bestmögliche Ausbildung zu geben ¯ unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Ohne Schulgeld, mit vollständiger Lernmittelfreiheit einschließlich Schulfahrten sowie kostenloser Verpflegung und Bus- oder Bahnfahrten.
Ein einheitliches Schulsystem vom Kindergarten bis zur Hochschule, weil die Fähigkeiten der Jugend umfassend gefördert und gefordert werden müssen.
Natürlich wird sofort die Frage aufkommen, „wie soll das denn finanziert werden“? Dazu muss man wissen, dass die Bundesrepublik gerade mal 3,44 Prozent des erwirtschafteten Bruttoinlandsprodukts für die Bildung ausgibt. Alles inklusive, von der Kindertagesstätte bis zur Universität. Das sind gerade mal 4 600 € pro Schüler im Jahr. Interessant ist hier der Vergleich: Jährlich werden pro Bundeswehr-Soldat über 71 000 € ausgegeben, also mehr als 15 mal soviel!
Herzliche Grüße
Stefan Engel

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