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Ria Schröder
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Frage von Norbert R. •

Sollte man eine allgemeine Impflicht entgegen Artikel 2 II GG verhängen, wenn die verfügbaren Impfstoffe nur bedingt zugelassen sind?

Sehr verehrte Frau Schröder,

die Frage nach einer allgemeinen Impflicht gegen das Corona-Virus soll eine Gewissensfrage zur Abstimmung im Deutschen Bundestag werden.

Laut der European Medicines Agency (EMA) sind bislang alle auf dem europäischen Markt verfügbaren Impfstoffe nur bedingt zugelassen (https://www.ema.europa.eu/en/human-regulatory/overview/public-health-threats/coronavirus-disease-covid-19/treatments-vaccines/vaccines-covid-19/covid-19-vaccines-authorised#authorised-covid-19-vaccines-section).

Kann man auf der Basis ruhigen Gewissens einer allgemeine Impflicht gegen Covid-19 zustimmen?

Mit freundlichen Grüßen

N. R.
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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr R.,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Engagement zum Thema Impfpflicht. 

Ich kann nachvollziehen, dass Sie sich gegen die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht einsetzen. Für uns Freie Demokraten haben Freiheit und Selbstbestimmung einen herausragenden Stellenwert. Gleichzeitig ist es unser Anliegen, das Leben und die körperliche Unversehrtheit von Menschen zu schützen, die besonders gefährdet sind sich zu infizieren, und denjenigen, die krank sind und auf Leistungen des Gesundheitswesens verzichten müssen, zum Beispiel, weil wegen voller Intensivstationen wichtige Krebs- oder Herzoperationen verschoben werden müssen. 

Wir achten auch das Recht von Kindern auf Bildung, die Anliegen von Kulturschaffenden, von Einzelhandel und Gastronomie, die Anliegen von Azubis und Studierenden. Wir haben mit unserer Änderung des Infektionsschutzgesetz dafür gesorgt, dass pauschale Ausgangsbeschränkungen, Lockdowns und Schulschließungen nicht mehr erlassen werden können. Und gleichzeitig sehen wir, dass die Verbreitung neuer Virus-Mutationen und hohe Krankheitszahlen für viele Menschen erneut mit massiven Einschränkungen verbunden sind.

Für uns als Fraktion der Freien Demokraten ist klar: Impfen ist der einzige Weg aus dieser Pandemie. Wir setzen uns daher konsequent dafür ein, dass niedrigschwellige Impfangebote ausgeweitet werden, besonders nach Feierabend und am Wochenende. Wir müssen die bürokratischen Hürden in der Praxis abbauen, um gegenzusteuern und die Impfquote deutlich zu steigern. Wir rufen jede und jeden Einzelnen auf, verantwortungsvoll zu handeln und sich impfen zu lassen.

Ihre angesprochenen Bedenken teile ich nicht, denn alle Impfstoffe haben umfassende und anforderungsreiche Prüfungen durchlaufen und sind durch die EMA (European Medicines Agency) freigegeben. Es handelt sich um sichere medizinische Produkte, die inzwischen milliardenfach genutzt und beobachtet wurden und damit besser erforscht sind als viele vergleichbare Stoffe.

Das Risiko einer Ansteckung mit dem Virus und die hierdurch möglichen Langzeitfolgen („Long Covid“) oder gar Todesfolgen ist um ein vielfaches höher, als eine äußerst seltene Nebenwirkung einer Impfung. Wer sich gegen die Impfung entscheidet, entscheidet sich für eine Ansteckung. Wer geimpft ist, erhöht die Wahrscheinlichkeit sich nicht anzustecken oder einen nur leichten Verlauf der Krankheit zu erfahren.

In der Bundestagsfraktion führen wir derzeit eine intensive Diskussion zu einer Impfpflicht und haben uns dazu bereits mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis ausgetauscht.

Weil wir uns in der gesamten Pandemie dafür eingesetzt haben, Menschen mit einem hohen Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf nach einer Corona-Infektion besonders gut zu schützen, werden wir jetzt gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern eine einrichtungsbezogene Impfpflicht für den medizinischen und pflegerischen Bereich einführen.

Gleichwohl wissen wir, dass bei dem derzeitigen dynamischen Verlauf der Pandemie mit einer sehr hohen Belastung des Gesundheitswesens und der Gefahr der Ausbreitung einer neuen, gefährlichen Virusvariante, auch über eine allgemeine Impfpflicht diskutiert werden muss.

Bei solchen medizinethischen Themen hat es sich in der Vergangenheit bewährt, sie nicht innerhalb strenger Fraktionsgrenzen zu diskutieren, sondern anhand von Gruppenanträgen. Wir finden, dass es angemessen ist, auch bei der Frage nach der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht so zu verfahren.

Dabei stellen sich mir noch viele Fragen, wir werden z. B. klären müssen, ob die Pflicht lediglich für bestimmte besonders gefährdete Altersgruppen infrage kommt, ob eine Opt-out-Lösung durchführbar und sinnvoll sein könnte, ob vorher allen Menschen ein Impfangebot gemacht werden kann, welche Ausnahmen es geben müsste und wie eine Pflicht durchgesetzt werden könnte. Ich respektiere, dass Sie bereits eine feststehende Meinung zur Impfpflicht haben, bitte Sie aber um Verständnis dafür, dass die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen und eine sorgfältige Abwägung meiner endgültigen Entscheidung vorausgehen wird.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort helfen und wünschen Ihnen alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

Ria Schröder

 

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