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Reinhold Reck
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Frage von Florian P. •

Frage an Reinhold Reck von Florian P. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Dr. Reck,

bei der S-Bahn-München wird seit über zehn Jahren angekündigt, dass die Fahrgastinformation im Verspätungsfall verbessert wird. Tatsächlich gibt es zwar mehr Anzeigetafel, die pünktliche und geringfügig verspätete Züge korrekt ankündigen, aber bei wesentlichen Betriebsstörungen sind die Anzeigen ebenso wie Durchsagen unsinnige, nichtssagend oder falsch.
Sehen Sie Zusammenhänge zu dem Mainzer Problem und wie sollte Ihrer Ansicht nach der Bund als Eigentümer mit dem Problem umgehen?

Mit freundlichen Grüßen
Florian Pflügler

Foto Dr. Reinhold Reck
Antwort von
ÖDP

Sehr geehrter Herr Pflügler,

ich geb es gleich zu: ich bin kein Verkehrsexperte. Bei diesem Thema sind bei uns in der ÖDP andere fit. Aber natürlich bekomme auch ich immer wieder die Probleme beim S-Bahn-Betrieb im Ballungsraum München mit. Diese Probleme haben ja vielfältige Ursachen, v.a. die zunehmende Überlastung der gesamten Verkehrsinfrastruktur im Großraum München. Und die hat ihren Grund wiederum in einer verfehlten Strukturpolitik. Über Jahrzehnte wurden vor allem die Ballungszentren gefördert, so dass sich ein sich selbst verstärkender Sog in die Großräume entwickelt hat: sowohl was die Gewerbeansiedlungen als auch was die Wohnbevölkerung betrifft. Mittel- und langfristig wird also bei der Strukturpolitik anzusetzen sein. Aber das hilft Ihnen und den vielen Berufspendlern im Moment natürlich nicht.

Warum die Information der Bahn im Normalbetrieb gut funktioniert, im Störungsfall aber versagt, kann ich Ihnen nicht sagen. Dazu müsste ich die internen Betriebsabläufe der Bahn kennen. Da aber häufige Störungen inzwischen zum Alltag des Bahnbetriebs gehören, sollte man annehmen, dass die Bahnbediensteten bei Störfällen auf standardisierte Verfahren zugreifen können, die sie kennen und eingeübt haben.

Wenn es dennoch nicht klappt mit der Informationspolitik, mag das ein ähnlicher Zusammenhang sein, wie er jetzt im Desaster um den Mainzer Hauptbahnhof sichtbar wird: wenn die Personaldecke schon für den Normalbetrieb "auf Kante genäht" ist, also keinerlei Reserve mehr drin ist, dann ist das System bei Störungen verständlicherweise ganz schnell überfordert - und im Extremfall bricht der Betrieb zusammen, wie jetzt in Mainz geschehen.

Sie fragen, wie der Bund als Eigentümer mit dem Probem umgehen sollte. Zunächst sollte er sich die Frage stellen, wozu er einen Bahnbetrieb unterhält. Weil er regelmäßig Dividente kassieren will? Oder weil es halt leider mit dem Börsengang noch nicht geklappt hat? Oder weil ein flächendeckendes Streckennetz der Bahn seit fast 200 Jahren zentrales Element staatlicher Daseinsvorsorge darstellt - und zudem auch einen nicht zu vernachlässigenden Standortfaktor?
Dann sollte er fragen, was ein Verkehrssystem attraktiv macht: Gesamtreisezeiten, Reisekomfort und Zuverlässigkeit oder einzelne Hochgeschwindigkeitsstrecken und Prestigeobjekte wie Stuttgart 21?

Wir in der ÖDP sind überzeugt, dass das Schienennetz eine Infrastrukturaufgabe der öffentlichen Hand ist, dass es zur Verkürzung von Gesamtreisezeiten andere Maßnahmen braucht als prestigeträchtige Hochgeschwindigkeitsstrecken (Bescheunigung bestehender Trassen, verbesserte Taktung, zuverlässig eingehaltene Fahrpläne). Ein wichtiger Schritt ist die Trennung von Schienennetz und Fahrbetrieb. Die ÖDP plädiert dafür, dass das Schienennetz in staatlicher Hand bleibt, wie es ja auch bei den Bundesstraßen und Autobahnen der Fall ist. Auf diesem Schienennetz können dann unterschiedliche Bahngesellschaften zu gleichen Bedingungen konkurrieren.

Mit freundlichen Grüßen
Reinhold Reck