Warum schlägt eine Partei einen Richter für das Bundesverfassungsgericht vor ?
Guten Tag Herr Stegner,sollte es nicht so sein, dass ein Bundesrichter unabhängig sein muss ? Ist es nicht die Grundlage für faire und unparteiische Rechtsprechung ?Ein Richter muss unabhängig sein, da sie ihre Entscheidungen ausschließlich auf Grundlage des Gesetzes und der Fakten treffen, ohne von politischen, wirtschaftlichen oder persönlichen Einflüssen beeinflusst zu werden.Das schützt die Rechte aller Bürger und sorgt dafür, dass das Recht gleichmäßig und gerecht angewendet wird. Unabhängigkeit stärkt somit das Vertrauen in die Justiz und sichert die Rechtsstaatlichkeit.Mit freundlichen GrüßenJulia R.

Sehr geehrter Frau R.,
vielen Dank für Ihre Frage. Sie haben völlig recht: Die Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter ist die Grundlage für eine faire und unparteiische Rechtsprechung. Artikel 97 unseres Grundgesetzes schreibt ausdrücklich vor, dass Richter ausschließlich dem Gesetz verpflichtet sind. Das schützt die Rechte aller Bürgerinnen und Bürger und stärkt zudem das Vertrauen in die Justiz.
Warum also schlägt eine Partei überhaupt Richter vor? – Weil das Vorschlagsrecht Teil des demokratischen Auswahlverfahrens ist. Die 16 Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts werden je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt. Im Bundestag erarbeitet ein Wahlausschuss, der nach Fraktionsstärke besetzt ist, die Vorschläge. Jede Fraktion kann Kandidaten benennen. Im Plenum braucht es dann eine Zweidrittelmehrheit. Auch im Bundesrat gilt dieses hohe Mehrheitserfordernis. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass nicht eine Partei alleine entscheidet, sondern ein breiter Konsens notwendig ist. Nach der Wahl sind die Richter unabhängig: Sie werden für zwölf Jahre gewählt, eine Wiederwahl ist ausgeschlossen. Damit besteht kein Anreiz, parteipolitischen Erwartungen zu folgen. Die Richterinnen und Richter sind in ihrer Amtsausübung ausschließlich dem Gesetz und den Fakten verpflichtet.
Kurz gesagt: Parteien schlagen Richter vor, um das Gericht demokratisch zu legitimieren und eine pluralistische Besetzung sicherzustellen. Die richterliche Unabhängigkeit ist durch Verfassung, Wahlmodus und Amtsdauer abgesichert. So werden demokratische Beteiligung und Unparteilichkeit miteinander in Einklang gebracht.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Stegner