Porträt Rainer Schneewolf
Rainer Schneewolf
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Jessica C. •

Frage an Rainer Schneewolf von Jessica C. bezüglich Umwelt

Hallo Herr Schneewolf,
danke erstmal für die wiederholt gute Arbeit der Grünen!
Auf die Frage nach Wolfabschüssen, haben sie mit ja, bei Problemwölfen geantwortet, was kennzeichnet für sie denn einen solchen? Immerhin gab es bis dato noch keine registrierte Gefährdung von Menschen und ungeschützte Weidetierhaltung ist nun mal ein einladendes Buffett für einen Wolf. Sind sie diesbezüglich für strengere Richtlinien einen Wolf zu einem Problemwolf zu erklären und ihn damit für trophäengeile Jäger zum Abschuss frei zu geben? Oder reicht ihnen die aktuelle Kategorisierungen?
Ich verstehe natürlich durchaus, wie belastend der Verlust der eigenen Weidetiere, noch dazu gerissen, für einen Schäfer/ Bauern ist! Hier muss der Staat mehr zur Unterstützung bzgl Herdenschutz tun.
Vielen Dank für ihre Antwort!

Porträt Rainer Schneewolf
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Hallo Frau Cziomer,

Ihre Frage beantworte ich gerne, zumal ich mich damit schon einmal ziemlich intensiv befasst habe. Anlass war ein Antrag in der Gemeindevertretung Plattenburg, die Gemeinde solle wolfsfreie Zone werden, und eine Podiumsdiskussion zum Thema, an der ich teilgenommen habe. Dazu habe ich die Papiere zu einer Anhörung im Ausschuss für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des brandenburgischen Landtags gelesen, die auf dessen 32. Sitzung im Herbst 2017 stattfand. Dann alle einschlägigen Gesetze und Vorschriften auf EU-, Bundes- und Landesebene. Ebenso die Anträge, die hierzu im brandenburgischen Landtag gestellt wurden. Auch habe ich mich um Zahlen zu den Wolfsrissen in Brandenburg seit Beginn der Ansiedlung von Wölfen in Brandenburg bemüht, und das durch eine Frage an den Prignitzer Wolfsbeauftragten auch speziell für die Prignitz. Ich habe mir die Positionen von Jagd- wie Umweltverbänden durchgelesen und Informationen von brandenburgischen Behörden eingeholt. Ich habe Zahlen zum in Brandenburg geschossenen Wild seit Beginn der Besiedlung durch den Wolf recherchiert. Dabei kam heraus, dass die Zahlen des ge-schossenen Rot-, Reh- und Schwarzwilds in der Zeit tendenziell zunahmen, die des Damwilds gleich blieben und nur die des Muffelwilds (das hier eigentlich fremd ist) abgenommen haben. Die Wölfe nehmen den Jägern also nichts weg. Schließlich habe ich mit großem Interesse das Buch von Eckhard Fuhr „Rückkehr der Wölfe“ gelesen.
Außerdem gab es Filme zum Thema im Fernsehen. Besonders aufschlussreich ein Dokumentarfilm über das erste Brandenburger Rudel und das Schicksal eines Wolfs, der von dort nach Niedersachsen auswanderte, dort ein Rudel gründete, und von dem zwei Nachkommen auf dem Truppen-übungsplatz ‚Munsterlager‘ (glaube ich) mangels Menschenscheu zu Problemwölfen wurden. Der eine wurde überfahren, und auch der andere, „Kurti“ genannt, ließ sich nicht vergrämen. Er soll auch einen Hund gebissen haben und wurde schließlich im April 2016 im Auftrag der niedersächsischen Landesregierung erschossen. Man geht davon aus, dass die beiden als Welpen von Soldaten angefüttert wurden und Menschen als Futterspender, nicht als zu meidendes Tier betrachteten.
Zur damaligen Zeit gab es in Polen eine Attacke eines Wolfs auf eine Erwachsene und ein Kind, die meines Wissens gering verletzt wurden. Der Wolf wurde kurz darauf geschossen. Er war ca. ein Jahr alt, physiologisch gesund, hatte aber ein auffallend ruiniertes Gebiss und in einem Maße abgewetzte Klauen, dass das nicht von gewachsenem Boden herrühren konnte. Wildtierbiologen, so wurde mir gesagt, gingen davon aus, dass der Wolf als Welpe gefangen und in einem Zwinger auf Betonboden gehalten wurde. Daher seine Klauen. Und das ruinierte Gebiss führte man auf Versuche zurück, sich zu befreien. Die Attacke auf die beiden Personen wurden als aggressives Futterbetteln gesehen.
In Rathenow gab es Mitte Dezember 2016 einen jungen Wolf, der durch die Stadt trabte, und der sogar von einer automatischen Kamera beim Durchqueren einer Autowaschanlage gefilmt wurde (lässt sich heute noch unter ‚wolf rathenow youtube‘ googeln). Der Stadtförster, den ich später anrief, um zu erfahren, was aus dem Wolf geworden war, berichtete, dass Versuche, ihn zu vergrämen, nicht gefruchtet hätten. Aber nach zwei, drei Tagen sei er nicht wiedergekommen. Irgendwelche Aggressionen seitens des Tieres gab es nicht, aber natürlich Ängste unter den Rathenowern. Auslöser dieses Besuchs sollen, so hörte ich aus einer Behörde, militärische Bewegungen in einem Wolfsrevier gewesen sein.
Hätte in Deutschland irgendwo ein Wolf ernsthaft einen Menschen angegriffen und verletzt, kann man sicher sein, dass das durch alle Medien einschließlich Tagesschau gegangen wäre. Da das nicht geschah, hat es auch keinen Angriff gegeben.
Vor einigen Tagen berichtete mir eine Frau aus einem der Dörfer im Umkreis von Bad Wilsnack, sie habe, als sie im Dunkeln über eine Landstraße nach Hause radelte, abseits der Straße einen Wolf gesehen, der sich aber für sie nicht interessierte. In der Prignitz gibt es nach der Wolfskarte des Landes ein Rudel in Karthan, also ganz in der Nähe. Ganz in der Nähe war es auch, dass im letzten Jahr ein oder mehrere Wölfe zweimal im Abstand von etwa zehn Tagen in ein Damwildgehege eingedrungen sind und die etwa 12 Tiere gerissen haben. Das Gehege war gegen Ausbruch durch einen 2 m hohen festen Zaun geschützt. Hatte aber keinen Untergrabungsschutz, und unter dem Eingangstor waren bis zum Boden schätzungsweise 15-20 cm frei. Das oder die Tiere sollen aber über den Zaun gesprungen oder geklettert sein. Die Auswertung durch einen Rissgutachter war mir nicht zugänglich. Leider kenne ich keine Untersuchung, in der aufgearbeitet wurde, welche Art von Einfriedungen bereits und wie häufig von Wölfen über- (oder unter-)wunden wurden, welchen Schutz Elektrolitzen bieten, wie häufig Wolfsrisse mit und ohne Schutzhunde sind, und was ein wirksamer Schutz kostet. Meines Erachtens müssten solche Dinge der Öffentlichkeit leicht zugänglich sein und v.a. auch über die Medien mitgeteilt werden. Und die Öffentlichkeit muss auch wissen, welche Schutzmaßnahmen vom Land getragen werden und welche Schadensersatzzahlungen unter welchen Bedingungen geleistet werden. Und welche Höhe diese Zahlungen haben, etwa auch im Vergleich zu den Verbissschäden durch Rot- und Rehwild.
Das Thema muss unbedingt so weit wie möglich rational behandelt werden. Dass es unter den Bewohnern von Gebieten mit einem Wolfsrudel Ängste gibt, ist so, auch wenn man darauf hinweisen kann, dass seit der Besiedlung durch den Wolf in Deutschland noch keiner Person durch ihn etwas passiert ist. Aber selbst ich, als ich mir das Damwildgehege nach dem ersten Wolfsriss ansah, hatte beim Aussteigen aus dem Auto etwas weiche Knie – trotz all der Literatur, die ich vorher gelesen hatte, und obwohl ich wusste, wie unsinnig die waren.
Ich denke, dass, je rationaler wir mit dem Thema im Kopf umgehen, und je sachlicher die Medien über Risse berichten (und je seltener diese werden), Ängste oder Beklemmungen geringer werden. Und dass eine Gesellschaft, die die auch von uns Grünen gewollte Weidetierhaltung will, die ökonomischen Bedingungen schaffen muss, die die Koexistenz von Weidetieren und Wölfen möglichst konfliktarm möglich machen. Aber die Koexistenz von Mensch, seinen Weidetieren und Wolf muss von der Gesellschaft auch breit gewollt werden, und es muss auch gesichert sein und von der Bevölkerung und den Weidetierhalterns als gesichert gesehen werden, dass der Staat das Notwendige tut.
Dass das durch eine durch Abschüsse gewährleistete Wolfsobergrenze geht, wie vielfach gefordert, glaube ich nicht. Nach der Literatur, die ich kenne, sorgen die Wölfe für ihre eigene biologische Obergrenze. Der Nachwuchs eines Rudels wird, wenn er „auf eigenen Beinen stehen“ kann, rausgeschmissen, so dass die Zahl der Wölfe in einem Revier (mit einer durchschnittlichen Größe von etwa 250 km², also 16 x 16 km) relativ konstant bleibt (durchschnittliche Rudelgröße etwa acht Tiere) und sich danach richtet, was das Revier an Beutetieren und Rückzugsfläche hergibt. Offenbar ist auch die Sterblichkeit junger Wölfe relativ hoch. Durchwandernde Wölfe werden toleriert, Tiere, die sich zusätzlich ansiedeln wollen, werden verbissen. Die ausgewanderten Tiere suchen sich ein neues Revier, so dass sich die Zahl der Wölfe durch Ausbreitung erhöht, nicht vor Ort.
Ich habe in der kommunalpolitischen Debatte folgendes ernsthaft vorgebrachte Argument gehört: Heute sind es in der Prignitz vielleicht 20 Wölfe, pro Jahr kommen, wie man weiß, 30 % hinzu, dann kann sich jeder ausrechnen, dass die Wölfe sehr bald darauf angewiesen sein werden, in hohem Maße Nutztiere zu fressen. Nimmt man diese Rechnung ernst, dann wären es nach 10 Jahren 276 Wölfe und nach 20 Jahren 3.801. Man hätte also nur einen Taschenrechner dabei haben müssen, um die Unsinnigkeit des Arguments zu erkennen.
Der Wolf könnte (mit entsprechenden gesetzlichen Änderungen auf nationaler und EU-Ebene) ins Jagdrecht aufgenommen werden, wenn aufgrund der Zahl der Wölfe der mitteleuropäischen Tieflandpopulation (d.h. in Deutschland und Westpolen) ein günstiger Erhaltungszustand der Art gewährleistet ist. Die Frage ist jedoch, was es bringt, hoch entwickelte Tiere zu töten, um ihre Zahl auf einem bestimmten theoretisch berechneten Arterhaltungs-Niveau zu „deckeln“.
Hierzu wird immer wieder das Beispiel Schweden angeführt. Nationales Ziel dort in Bezug auf die großen Beutegreifer (Braunbär, Luchs, Vielfraß, Steinadler, Wolf – in der Reihenfolge ihrer Anzahl) ist, in Übereinstimmung mit der EU-Gesetzgebung, ein günstiger Erhaltungszustand. Doch gibt es weitere politisch festgesetzte Ziele:
- Es soll in der Bevölkerung eine Akzeptanz für die großen Beutegreifer geben,
- das Vertrauen in die Politik und das Management der Arten soll groß sein,
- die Haltung von Vieh und anderen Haustieren soll durch Beutegreifer nicht bedeutend er-schwert werden,
- beim Management soll sozioökonomische Rücksicht genommen werden.
(Söderman / Schneider: Schriftliche Stellungnahme aus Schweden zum Fragenkatalog des Aus-schusses für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landtages Brandenburg, 13.9.2017, S. 3; auch im Folgenden beziehe ich mich auf diese Stellungnahme).
Inwiefern ist in Schweden eine Jagd auf Wölfe möglich? Entweder durch „Schutzjagd“ oder „Lizenz-jagd“. Die Schutzjagd ist in der schwedischen Jagdverordnung geregelt und ein Mittel, mit dem kleinräumige, konkrete und akute Probleme mit einem oder ein paar wenigen Wölfen gelöst werden können, indem man die Tiere schießt. Eine Schutzjagd wird von der Provinzialregierung auf Antrag eines von Schäden Betroffenen oder auf eigene Initiative beschlossen. Das ist in Einzelfällen sogar vorbeugend möglich. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller nachweist, dass es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt und die Jagd nicht den günstigen Erhaltungszustand gefährdet. Dieser gilt als gewährleistet, wenn die Populationsgröße in Schweden mindestens 300 Wölfe beträgt und es einen regelmäßigen Austausch zwischen Teilpopulationen und eine regelmäßige Einwanderung von Tieren nach Schweden gibt.
Zu den zulässigen Gründen gehört die Verhütung ernster Schäden in der Tierhaltung. Der Ablauf einer Schutzjagd wird von der Provinzialregierung dokumentiert. Hierzu gehört auch, dass ein Wolf auf eigene Initiative getötet werden darf, wenn er ein Haustier angreift, verletzt oder tötet oder wenn offensichtlich ist, dass ein solcher Angriff unmittelbar bevorsteht, vorausgesetzt, der Wolf kann nicht auf andere Art abgewehrt werden. Das gilt selbstverständlich auch für die Notwehr eines Menschen.
Ich nehme an, dass die, die sich auf ein schwedisches Vorbild beziehen, die „Lizenzjagd“ meinen, die ebenfalls in der Jagdverordnung geregelt ist. „Sie ist ein Instrument, mit dem großräumige und eher langwierige Problembilder angegangen werden können, und sie kann für eine Bestandsregulierung eingesetzt werden. Die Provinzialregierung kann die Jagd in der gesamten Provinz oder in abgegrenzten Gebieten erlauben, und jeder, der dort jagen darf, darf sich daran beteiligen, bis die festgelegte Jagdquote erreicht ist. Voraussetzung ist zwar, dass die Schäden oder Probleme umfangreich sein müssen, dass es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt und der günstige Erhaltungszustand nicht gefährdet wird. Aber die zulässigen Gründe sind „nicht so deutlich definiert wie im Fall der Schutzjagd“ (S. 7 der Stellungnahme). Der Wolf ist in Schweden von den großen Beutegreifern das am wenigsten vorkommende Tier (es gibt dort ca. 2.800 Braunbären und ca. 350 Wölfe), aber zugleich das, das mit großem Abstand den meisten Platz der einzelnen Arten in den Debatten einnimmt. Und ich nehme an, dass die Lizenzjagd zu einem beträchtlichen Teil dazu dient, für eine hinreichende Akzeptanz der Art zu sorgen.
Die EU-Kommission hat 2011 wegen der jährlichen Lizenzjagd, die den Erhaltungszustand des Wolfs negativ beeinflusse, gegen Schweden eine Vertragsverletzungsklage eingeleitet. Das ist offenbar bis heute noch nicht ausgefochten. Es ist aber festzuhalten, dass 2010 die Populationsgröße in Schweden 217 Wölfe betrug, während es sieben Jahre später 355 waren.
Der Anteil der geschossenen Wölfe an der Gesamtpopulation schwankte bei den Schutzjagden von 2008 bis 2016 zwischen zwischen 2 und 7 Prozent, bei den Lizenzjagden zwischen 0 und 14 Prozent. Addiert man beide Jagden, kommt man auf 7 bis 19 Prozent. In dieser Zeit ist die Populationsgröße tendenziell gewachsen. In den Jahren 2013 bis 2016 schwankte sie zwischen 315 und 415 Tieren.
Die Probleme durch Wölfe in Schweden betreffen nahezu ausnahmslos Schafe. Deren Verlustrate pro Jahr beträgt im Schnitt 0,05 Prozent. Das ist jedes zweitausendste Schaf (S. 8).
In der Stellungnahme wird auch der Begriff „Problemwolf“ diskutiert und als nicht besonders brauchbar betrachtet. Es wird darauf hingewiesen, dass auch ein normaler Wolf neugierig ist und keine genetische Scheu vor Menschen und Gebäuden hat. Stattdessen werden problematische Situationen gegenüber dem Menschen aufgeführt, für die eine „Arbeitsordnung“ vorgeschlagen wird, wie die Provinzialregierungen mit Wölfen in der Nähe von Wohngebäuden oder Menschen umgehen sollen. Darin heißt es:
Fall a.: „Ein Wolf befindet sich mehrmals und über längere Zeit innerhalb von 30 m von einem Menschen. Empfohlene Maßnahmen: 1. Dokumentieren. 2. Evtl. informieren. 3. Suchen nach dem, was den Wolf anlockt und wenn möglich eliminieren.
Fall b.: Ein Wolf befindet sich oft innerhalb von 30 m von einem Menschen. Empfohlene Maßnahmen: 1. Dokumentieren. 2. Evtl. informieren. 3. Suchen nach dem, was den Wolf anlockt und wenn möglich eliminieren. 4. Eventuell Vergrämung. 5. Eventuell Schutzjagd.“ (S. 12)
Bevor ich mich hier total verliere (aber ich wollte mich nochmal ‚schlau‘ machen und habe Sie einfachheitshalber daran teilhaben lassen), möchte ich wieder an den Anfang, d.h. zu Ihrer Frage kommen: Was kennzeichnet für mich einen „Problemwolf“, und reichen mir die aktuellen Kategori-sierungen?
Als aktuelle Kategorisierung betrachte ich die in der Entwurfsfassung des Wolfmanagementplans Brandenburg von 2018. Diese führt in der Anlage 6 (Brandenburgische Wolfsverordnung) die Bedingungen auf, unter denen auffällige Wölfe wegen ihres Verhaltens gegenüber Menschen (§ 3) und Nutztieren (§ 4) mit einer geeigneten Waffe tierschutzgerecht getötet werden dürfen.
Zum § 3:
Getötet werden darf ein Wolf, für den a. das Landesamt für Umwelt (LfU) bestätigt hat, dass ein auffälliges Verhalten vorliegt, weil er sich tagsüber wiederholt in geschlossenen Ortslagen von Dörfern oder Städten aufhält und bei dem b. nach Einschätzung des LfU eine Vergrämung nicht möglich ist oder erfolglos bleibt.
Das entspricht etwa dem schwedischen Wolf, der sich oft innerhalb von 30 m von einem Menschen befindet und zu dem es dort heißt: „5. Eventuell Schutzjagd.“
Im Wahlprogramm des grünen Landesverbands Brandenburg heißt es hierzu: „In letzter Konsequenz müssen Wölfe, die Menschen gefährlich geworden sind oder trotz Herdenschutzmaßnahmen wiederholt Weidetiere gerissen haben, entnommen werden.“
Die Frage ist: Wie müssen sich Wölfe verhalten, um Menschen gefährlich zu werden, und reicht hierzu, sich wiederholt in geschlossenen Ortslagen aufzuhalten und sich nicht vergrämen zu lassen?
Aggressives Verhalten reicht sicherlich. Aber was ist mit einem jungen Wolf, der neugierig durch Rathenow und dort durch eine Autowaschanlage trabt, ohne sich für Passanten und Kinder auf dem Weg zur nahen Grundschule zu interessieren? Und am nächsten Tag wiederkommt? Reicht es, den Menschen zu sagen: da braucht ihr keine Angst zu haben? Und wenn sie sie doch haben? Und wenn, wie in Schweden, zu den Zielen des Wolfsmanagements gehört, dass das Vertrauen in die Politik und das Management der Arten groß sein soll? Die Behörden hier also zeigen sollten, dass sie, wenn sie schon nicht Herr der Lage sind, sich wenigstens plausibel verhalten? Vergrämungsversuche in Rathenow waren nicht erfolgreich (vielleicht hat man seitdem hinzugelernt).
Wäre der Wolf nach § 3 der Wolfsverordnung zu erschießen gewesen? Würde ein solcher Wolf erschossen (was, siehe Wildschweine in Kleinmachnow, gar nicht so einfach ist in bewohntem Gebiet), würde es massive Proteste geben (wie beim Braunbär Bruno in Bayern). Mein Vorschlag wäre, in das Vergrämungsrepertoire die Betäubung und das Aussetzen in der Nähe des vermuteten dazugehörigen Rudels aufzunehmen und darauf zu setzen, dass der Wolf lernfähig ist und die Stadt künftig meidet.
Es sollte auf jeden Fall dringendst darauf hingewiesen werden, dass Wölfe nicht gefüttert werden dürfen. Das Füttern sollte strikt und hochbußgeldbewehrt verboten sein.
Zum § 4:
Getötet werden dürfen Wölfe zur Abwendung drohender erheblicher landwirtschaftlicher Schä-den, wenn ein oder mehrere Wölfe mehrfach in Weidetierbestände eingedrungen sind, die nach den in der Anlage aufgeführten zumutbaren Maßnahmen geschützt waren und dort Nutztiere gerissen oder verletzt haben. Als mehrfaches Eindringen gilt das mindestens zweimalige Eindringen in denselben Weidetierbestand oder das mindestens zweimalige Eindringen in verschiedene Weidetierbestände durch mutmaßlich denselben Wolf oder dieselben Wölfe.
Hier finde ich keinen Hinweis auf die Fachbehörde, aber deren Anordnung ist sicher erforderlich. Diesem Paragraphen würde ich zustimmen. Es sollte aber unbedingt gesehen werden, ob die Anforderungen an Schutzmaßnahmen (und deren Finanzierung) nach solchen Fällen nicht generell erhöht werden sollten.
Der Wolfsmanagementplan sieht keine Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht vor. Dem stimme ich zu.

Mit freundlichen Grüßen,
Rainer Schneewolf