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Petra Sitte
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Frage von Henning T. •

Warum werden die Corona-Maßnahmen nicht an der Zahl der tatsächlich Erkrankten festgemacht?

Sehr geehrte Frau Dr. Sitte!

Seit 18 Monaten werden alle Corona-Maßnahmen an Parametern ausgerichtet, die auf PCR-Tests basieren ("Inzidenz", "Reproduktionszahl", "Corona-Tote"). Diese sind daher auf die Güte und Aussagekraft der PCR-Tests angewiesen. Warum nimmt man nicht die Zahl der tatsächlich Erkrankten, wie sie die AG Influenza des RKI in ihren Wochenberichten herausgibt (d.h. derzeit monatlich, weil laut der Arbeitsgruppe keine Atemwegsvirensaison ist)?
Ich meine, man würde ja auch nicht positive Schwangerschafttests zählen, wenn man an der Geburtenrate interessiert ist.

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Sehr geehrter Herr T.,

 

vielen Dank für Ihre Frage. Die gebräuchlichen RT-PCR-Tests sind sehr verlässlich und ergeben genau den wichtigen Befund, ob sich Viren-RNA in der Probe befindet. Dies leisten die Tests hervorragend.  Falsche Ergebnisse können eigentlich nur durch menschliche Fehler, wie Verunreinigungen oder Verwechslungen, entstehen und sind sehr selten. Dieser Parameter – Viren-RNA in der Probe – ist maßgeblich für die Weiterverbreitung des Virus, da auch gesunde Infizierte das Virus weitergeben können.

Die Zahl der tatsächlich Erkrankten steht in direktem Verhältnis zu der der positiv Getesteten und lässt sich auf Grundlage der PCR-Testergebnisse gut prognostizieren. (Weitere Faktoren, die zusätzlich ins Spiel kommen, sind die Anzahl der Tests, die vorherrschende Virusvariante sowie die Impfquote.)

Seit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes nutzen die Bundesländer die Inzidenz, also den Anteil der in einem bestimmten Zeitraum positiv getesteten Menschen, nicht mehr als vorrangigen Indikator, um über die zu ergreifenden Gegenmaßnahmen zu entscheiden. Stattdessen soll hauptsächlich auf die in den Krankenhäusern liegenden COVID-Patient*innen abgestellt werden. Der Nachteil daran ist – neben der Tatsache, dass es hier praktische Schwierigkeiten bei der Erfassung gab –, dass diese Zahl keine Vorhersagen über die Zukunft erlaubt, sondern nur den Ist-Zustand wiedergibt. Wenn man allerdings die aktuelle Inzidenz kennt, dann kann man relativ genau vorhersagen, wie viele Menschen in zwei Wochen stationär behandelt werden müssen. Das wiederum ist eine Parallele zu Ihrem Vergleich mit den Schwangerschaftstests: Wenn man diese Zahl kennt, dann kann man auch ziemlich genau vorhersagen, wie viele Geburten sieben oder acht Monate später zu erwarten sind.

Die Zahl der aktuell Hospitalisierten alleine ist daher keine ausreichende Kennzahl, um einschätzen zu können, wie sich die Pandemie weiter ausbreitet und wie viele ernsthafte Erkrankungen in Zukunft zu erwarten sind.

 

Mit freundlichen Grüßen, Dr. Petra Sitte MdB

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