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Petra Sitte
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Frage von Christos V. •

Frage an Petra Sitte von Christos V. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

"Es sei auch denkbar, das Kind werde dumm oder krank. Und sei für die Welt und die Eltern nicht recht zu verwenden" (Erich Kästner,"der synthetische Mensch (1932))

Sehr geehrte Frau Sitte,
nachdem Sie die ersten Zeilen gelesen haben, werden Sie wahrscheinlich wissen, worum es in meinem Schreiben an Sie geht. Vor ein paar Tagen fand ich eine Pressemitteilung von Ihnen und wagte nicht meinen Augen zu trauen: http://www.linksfraktion.de/pressemitteilung.php?artikel=1285313710
Sie begrüßten die Forderung der Union nach Studien zur Umwandlungsfähigkeit von adulten Stammzellen in andere Zelltypen.. Dies sei "eine wichtige Etappe auf dem Weg zur wünschenswerten Entwicklung von THERAPEUTISCHEN VERFAHREN"!
Weiterhin appelierten Sie für eine Änderung des Stichtages (Embryonen die vor den STICHTAG 1.1.02 hergestellt wurden dürfen zur Forschung in Deutschland importiert werden) sowie sogar für eine Änderung des Gesetzes selber.

Sie befürworten damit die "rote Gentechnik" und Tierversuche wie diesen hier: http://www2.onnachrichten.t-online.de/dyn/c/12/01/18/92/12011892.html

Sehen Sie denn nur den Nutzen und nicht die Gefahren?
Anfangs werden kranke Menschen gesund "modifiziert" werden.Später werden Eltern schon zur Vorbeuge wollen, dass ihr Baby dieses Gen bekommt um ressistent gegen z.B. Aids zu sein. Sie werden fragen warum kann nicht mein Kind ein Gen bekommen, dass andere Kinder von Natur aus besitzen? Damit wird die "Verbeserung" der genetischen Ausstattung des Menschen beginnen. Sie werden Gene wollen, die gegen Herzerkrankungen schützen, gegen Krebs, gegen Senilität...

Frau Dr. Sitte, Sie befürworten also die"genetische Verbesserung" des Menschen?Sie befürworten, also den Weg zur "Menschenzüchtung", den Weg den Menschen nach der Vorstellung des Menschen zur formen?

Ich dachte die LINKE wäre für Umweltschutz (Frau Kipping sagte in einem Interview,dass schon die damalige PDS mehr Anträge zum Umweltschutz einbrachte als die Grünen) Ist der Mensch nicht Teil der Umwelt?

Hochachtungsvoll

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Sehr geehrter Herr Velissaridis,

für Umweltschutz einzutreten, meint nicht, diagnostische und therapeutische Verfahren der roten Gentechnik abzulehnen. Dazu gehören bspw. adulte Stammzelltherapien zur Bekämpfung von Leukämien. Auch „Menschenzüchtung“ ist nicht möglich, da Keimbahnveränderungen (genetische Veränderungen, die sich in die nächste Generation übertragen) nach dem Embryonenschutzgesetz (ESchG) verboten sind. Soweit Sie mit „Verbesserung“ eines Menschen meinen, dass bestimmte Krankheiten ausgeschlossen werden, weise ich darauf hin, dass die meisten Krankheiten multifaktoriell sind. So kann jemand für eine Allergie veranlagt sein, aber erst Umwelteinflüsse sind ursächlich dafür, dass sie ausbricht. Insoweit sind Ihre Vermutungen, Erkrankungen wie HIV/AIDS oder Krebs ließen sich „wegretuschieren“, falsch.

Die Überprüfung auf bestimmte Krankheiten ist nur bei monogenetisch bedingten Erkrankungen möglich, bspw. bei Mukoviszidose. Es lässt sich durch Präimplantationsdiagnostik (PID) feststellen, ob die befruchtete Eizelle genetische Abänderungen aufweist. In Dtl.ist die PID verboten. Ob man dies ändern sollte, darüber gibt es in der Linken Meinungsunterschiede. Ich gebe Ihnen aber Recht, dass die Gefahren der „Modifizierung“ bestehen. Um dem zu begegnen, brauchen wir eine öffentliche Debatte.

Zudem unterstützt DIE LINKE die Forschung an adulten Stammzellen. Sie ist im Vgl. zur humanen embryonalen Stammzellforschung (hES) ethisch unumstritten. Schon heute gibt es Therapien, bspw. zur Regeneration geschädigten Herzgewebes.

Meinungsunterschiede gibt es, ob die hES-Forschung gefördert und das Stammzellengesetz verändert werden soll. Ich plädiere für eine Änderung. Mit den in Dtl. verfügbaren Linien können keine international vglb. Forschungsergebnisse erzielt werden. Um aber zu verstehen, wie man aus einer adulten Stammzelle, die sich in nur wenige Zelltypen entwickelt, eine wandlungsfähigere Zelle macht, braucht man hES-Forschung.

Mit freundlichen Grüßen
Petra Sitte

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