Peter Stein
CDU
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Frage von Torsten L. •

Frage an Peter Stein von Torsten L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Stein,

die zur Zeit weitestgehend hinter verschlossenen Türen und deswegen bislang von der Öffentlichkeit praktisch nicht wahrgenommenen Verhandlungen zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA bedrohen meiner Ansicht nach (und die wird offensichtlich inzwischen von vielen kritischen Beobachtern geteilt) unsere Demokratie. Besonders schockierend ist der Umstand, dass von führenden EU-Politikern offensichtlich bewußt Nebelkerzen gezündet werden und unsere Vertreter im Bundestag und im EU-Parlament hierzu, zumindest öffentlich nicht wahrnehmbar, keine Front gegen das Abkommen aufmachen.

Ich füge Ihnen mal zwei Links zu einem und dem selben Monitor-Beitrag vom 30.1.2014 (Freihandelsabkommen-Das Märchen vom Jobwunder)bei.Hier wird der Nachweis erbracht, wie die Öffentlichkeit offensichtlich bewußt im Interesse einer starken Wirtschaftslobby getäuscht wird.

Monitor Nr. 657 v. 30.1.2014 “Freihandelsabkommen- Das Märchen vom Jobmotor”

http://www.youtube.com/watch?v=2M2a_O-cdjk
http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2014/0130/freihandelsabkommen.php5

Man muss sich über die Abwendung von den etablierten Parteien und über die sinkende Wahlbeteiligung nicht wundern, wenn in so dreister und scheinheiliger Weise letztlich Umverteilung organisiert und Demokratie ausgehebelt wird.

Ich würde gern wissen, was im deutschen Bundestag unter den Abgeordneten zu den Verhandlungen bekannt ist, was für Meinungen dazu existieren und wie sich die Parteien positionieren.Insbesondere würde mich auch Ihre Meinung und Ihre Aktivitäten diesbezüglich interessieren. Sollten Sie nicht auch öffentlich wirksam tätig werden?

MfG

Torsten Lindow

Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Lindow,

vielen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie Ihre Bedenken hinsichtlich der geplanten Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika zum Ausdruck bringen und kritische Fragen stellen. Sie können versichert sein, dass ich mir sehr sorgfältig das Für und Wieder des Abkommens ansehen werde.

Im Juni 2013 haben die Handelsminister der EU ein Mandat beschlossen, mit dem die EU-Kommission ermächtigt wird, Verhandlungen mit den USA aufzunehmen. Für die transatlantischen Beziehungen ist dies eine historische Chance. Die TTIP soll ein neues Zeitalter der wirtschaftlichen Verflechtung über dem Atlantik einläuten. Die positiven Effekte auf Beschäftigung, Wirtschaftswachstum und das reale Einkommen der Bürgerinnen und Bürger wurden in einer Vielzahl von Studien analysiert. Ein solches Abkommen kann ein wichtiger Beitrag sein, um Wohlstand sowie sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt in Europa und den USA nachhaltig zu sichern. Mit rund 800 Millionen Menschen würde die größte gemeinsame Freihandelszone der Welt entstehen. Erwartet wird die Schaffung von bis zu 400.000 neuen Arbeitsplätzen in Europa. Nicht nur die transatlantischen Handelsbeziehungen würden damit einen wichtigen Schub erfahren, sondern insbesondere auch der derzeit teilweise gebeutelte Arbeitsmarkt in Europa. Obendrein würde auch die Grundlage für weitere gemeinsame Projekte geschaffen, z.B. im Bereich des Klimaschutzes oder für eine nachhaltige Energieversorgung.

TTIP bietet den transatlantischen Partnern EU und USA die – möglicherweise letzte – Chance, auch im 21. Jahrhundert diese globalen Standards in vielen Bereichen zu setzen. Angesichts aufstrebender Mächte wie China, Indien, Russland oder die ASEAN-Staaten wird dies für die westlichen Demokratien zusehends schwieriger. Mit TTIP können die EU (und vor allem auch Deutschland) und die USA ihre – im weltweiten Vergleich weiterhin sehr hohen – Standards z.B. beim Umwelt-, Verbraucher- oder Arbeitnehmerschutz zum Maßstab für spätere internationale Abkommen oder für ein globales Freihandelsregime machen. Ziel ist es ein Abkommen zu erzielen, das Europa und den USA beiderseitigen Nutzen bringt.

Im Ergebnis kann die angestrebte stärkere Integration der beiden Wirtschaftsräume erreicht werden, wenn nicht nur die Zölle dies- und jenseits des Atlantiks, sondern auch andere Handelsbarrieren wie beispielsweise unterschiedliche technische Vorschriften für bestimmte Produkte abgebaut werden. Gemeinsame Standards, größere Produktvielfalt und geringere Preise sind im Interesse von Unternehmen und Verbrauchern. Gerade der Mittelstand profitiert in besonderem Maße von einem verbesserten Marktzugang und dem Abbau bürokratischer Hemmnisse. Deshalb setzt sich die CDU/CSU-Fraktion für ein ambitioniertes Abkommen ein.

Ziel Deutschlands und der EU-Kommission ist es, das hohe Niveau von Produktsicherheit, Arbeits- und Verbraucherschutz sowie die Arbeitnehmerrechte in der EU zu erhalten und auszubauen. Ein Absenken dieser Standards, insbesondere im Lebensmittelbereich, steht nicht zur Debatte. Mit der Vereinbarung von Transparenz- und Konsultationspflichten zwischen der EU und den USA soll mittel- bis langfristig ein verbessertes und vertieftes Verständnis des jeweiligen Verbraucherschutzes erreicht werden.

Deutschland setzt sich dafür ein, dass die ambitionierten Ziele des Freihandelsabkommens nicht auf Kosten der Souveränität der Staaten gehen. Das Recht, auch in Zukunft im Sinne des Allgemeinwohls zu regulieren, darf nicht angetastet werden. Der jeweilige Gesetzgeber soll das Schutzniveau (etwa im Bereich des Umwelt- oder Verbraucherschutzes) selber festlegen. TTIP dient dazu, gemeinsame Prinzipien zu vereinbaren, damit die konkrete Ausgestaltung von Schutzstandards möglichst geringe handelsbeschränkende Auswirkungen hat. Es wird angestrebt, dass das Abkommen ein Referenzpunkt für eine auf Regeln basierende internationale Wirtschaftsordnung wird.

Zum Thema Investitionsschutz ist darauf hinzuweisen, dass die USA als OECD-Staat europäischen Investoren hinreichend Rechtsschutz vor ihren nationalen Gerichten bieten. Genauso steht US-amerikanischen Investoren ausreichender Rechtsschutz in Deutschland zu. Unter diesen Umständen besteht kein Grund, Investoren aus der EU oder den USA im Unterschied zu heimischen Investoren einen zusätzlichen Rechtsweg einzuräumen. Deutschland setzt sich daher dafür ein, dass Investor-Staat-Schiedsverfahren im Rahmen von TTIP ausgeschlossen werden.

Für die Erleichterung des transatlantischen Handels sind auch Fragen der Datenübermittlung wichtige Themen, so z.B. bei E-Commerce oder im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie. Deutschland setzt sich in diesem Zusammenhang für einen umfassenden Schutz aller Daten und ein hohes Datenschutzniveau ein, das den bestehenden datenschutzrechtlichen Rahmen in Deutschland und der EU sichert.

Bei keinem der genannten Themen steht das bestehende hohe europäische Schutzniveau zur Disposition. Die EU wird keines ihrer grundlegenden Gesetze zum Schutz von Menschen, Tieren oder der Umwelt aufheben. Dafür setzt sich auch die Bundesregierung ein. Die Gesundheit der EU-Bevölkerung und der notwendige Umweltschutz sind nicht verhandelbar.

Zum jetzigen Zeitpunkt sind allerdings noch viele Punkte offen und damit selbstverständlich auch der Abschluss des Abkommens. Es gilt sorgsam die Chancen und Risiken abzuwägen.

Eine hohe Transparenz des Verhandlungsprozesses ist für die CDU/CSU-Fraktion ein zentrales Anliegen. Die EU-Kommission informiert regelmäßig das Europäische Parlament sowie die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten (d.h. auch die Bundesregierung) über den Verhandlungsprozess. Die Bundesregierung gibt wiederum regelmäßige Informationen an den Deutschen Bundestag. Damit ist gewährleistet, dass alle demokratisch legitimierten Institutionen über aktuelle Entwicklungen bei den Verhandlungen informiert sind. Von „Nebelkerzen“, wie Sie geschrieben haben, kann nicht die Rede sein. Ich persönlich habe bereits an vier Veranstaltungen zu diesem Thema teilnehmen dürfen.

Zudem tritt das Abkommen nach Abschluss der Verhandlungen nur in Kraft, nachdem das Europäische Parlament, die nationalen Parlamente sowie die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten zugestimmt haben. Auch dadurch ist eine umfassende parlamentarische Kontrolle sichergestellt.

Überdies ist zu begrüßen, dass die EU-Kommission und die Bundesregierung zusätzlich einen breit angelegten Dialog mit der Wirtschaft, den Parlamenten, Gewerkschaften, Forschungseinrichtungen und Nicht-Regierungsorganisationen aus Umwelt- und Verbraucherschutz eingeleitet haben. So führt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie regelmäßig Veranstaltungen für Verbände und Nicht-Regierungsorganisationen durch, um sie über den Fortgang der Verhandlungen zu informieren und ihre Standpunkte in die Verhandlungen der EU-Kommission mit den USA mit einfließen zu lassen (aktuell am 10.02.2014).

Mit freundlichen Grüßen
Peter Stein