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Otto Fricke
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Frage von frieder r. •

Frage an Otto Fricke von frieder r. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Fricke,

Sicherlich ist Ihnen das Konzept zur „Eindämmung der Euro Krise“ von ehemaligen Staatsekretär Walther Otremba (ein ausgewiesen Fachmann und Politikprofi) bekannt und es wurde sicherlich im Haushaltsausschuss und in Ihrer Fraktion ausführlichste diskutiert- trotzdem möchte kurz, für den interessierten Lesere, die Vorteil des Otremba Konzepts aufzeigen ( http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-80818250.html ):

1. Der Ausfall der (versicherten) Staatsanleihen ist zu 100 % durch eine Ausfallversicherung abgesichert –es kann also wieder Vertrauen im Anleihenmarkt entstehen.

2. Es besteht ein hoher Anreiz den eigenen Staatshaushalt zu sanieren, ohne Eingriff in die Staatsaushalte von außen, weil die hohen Zinsen (im Vergleich zu den Bundesanleihen) bestehen bleiben.

3. Für Investoren sind die (versicherten) Anleihen der „Schuldenländer“ attraktive, weil sie eine absolut sichere Anleihe in Verbindung mit einer höre Rendite verspricht (als beispielsweise die Rendite eine Bundesanleihe).

4. Die „Schuldenländer“ finanzieren durch die Zinsaufschläge die Ausfallversicherung (mit) und leisten damit einen nicht unerheblichen finanziellen Beitrag zur Absicherung der Staatsanleihen im Euroraum.

6. Ein Teil der anfallenden Einnahmen der Finanzmärkte aus den Zinsaufschlägen (in den letzten drei Jahren 100 Milliarden Euro) würde zu Absicherung der Währungsunion abgezweigt oder könnte für einen Art Marshallplan verwendet werden

7. Die „Geberländer“ könnten eine „Rendite“ aus der Versicherungsprämie für Ihre Bürgschaft bekommen bzw. die Versicherungseinnahmen reduzieren die Bürgschaft des deutschen Steuerzahlers und würden diese vielleicht sogar irgendwann komplett ersetzten.

Warum wurde das Otremba Konzept nicht realisiert bzw. wo liegen aus Ihrer Sicht die Schwachpunkte die einer Realsierung des Otremba Konzeptes unmöglich machen?

Diese Frage geht auch an Ihren Kollegen, Frau Merkel, Herr Frankenhauser, Herr Barthel, Herr Bartsch und Frau Dörner.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Rinwald,

ich danke Ihnen für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch und Ihren Vorschlag das Konzept von Herrn Dr. Otremba in die politischen Prozess mit einzubeziehen. Ich schätze Herrn Dr. Otremba als Finanzmarktexperten und weiß um seine Leistungen gerade im Zuge der 2008 einsetzenden Finanzmarktkrise.
Auch wenn die Verhandlungsführung selbstverständlich bei der Bundesregierung respektive dem Finanzministerium liegt, erkenne ich aus den Ergebnissen der vergangenen EU-Gipfeln verschiedene Punkte des Otremba-Konzeptes wieder.
So hat sich die Idee der Versicherungslösung auf Druck der Bundesregierung mehr und mehr durchgesetzt. Nach dem derzeit diskutierten Modell würde die EFSF (European Financial Stability Facility) den privaten Investoren zusichern, das Verlustrisiko von 20 bis 30 Prozent der neu begebenen Anleihen zu übernehmen. Der Fonds könnte mit einem Einsatz von beispielsweise 100 Milliarden Euro eine Finanzierung von 300 bis 500 Milliarden Euro etwa für Spanien oder Italien sicherstellen.
Lösungskonzepte im Rahmen der aktuellen Situation sind immer Kompromisse der verschiedenen Regierungen, die jeweils wieder mit ihren Koalitionsfraktionen und in Kooperation mit Fachleuten und den Oppositionsparteien zu Ergebnissen gelangen. Dies ist einer der Gründe, warum es eine 1:1 Umsetzung des EINEN Vorschlags nicht gibt.
Geeinigt haben sich die europäische Regierungen jedoch nun auf zwei Säulen zur langfristigen Bewältigung der derzeitigen Krise: dem Fiskal-Vertrag und dem Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM). Sie bilden zwei Seiten einer Medaille ab. Beide Verträge zusammen sollen sowohl kurzfristig, als auch langfristig zu finanzpolitischer Stabilität in der Eurozone führen. Der ESM dient dabei zur kurzfristigen Stabilisierung von in Not geratenen Staaten zur Bewahrung der Stabilität in der Eurozone insgesamt und der Fiskal-Vertrag soll gewährleisten, dass es in Zukunft nur noch tragfähige Staatshaushalte in der Eurozone und damit letztlich keine Notfälle für den ESM mehr geben wird.
Den Abschluss des Fiskal-Vertrages wertet die FDP-Bundestagsfraktion als Meilenstein auf dem Weg zur Stabilitätsunion. Die Übernahme der Schuldenbremse nach deutschem Vorbild durch die anderen Euro-Staaten ist entscheidend für die Stabilisierung unserer Gemeinschaftswährung. Die FDP war 1997 die erste Partei, die sich für die Einführung einer Schuldenbremse in Deutschland eingesetzt hat. Heute gilt die Schuldenbremse in ganz Europa als unverzichtbar.
Zukünftig dürfen die Euro-Staaten neue Schulden maximal in Höhe von 0,5 Prozent ihrer Wirtschaftskraft aufnehmen. Verstöße dagegen sollen fortan automatisch sanktioniert werden. Die Einführung strenger und effektiver Defizitvorgaben in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Eurozone sowie acht weiterer EU-Staaten wird durch ein Klagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof gewährleistet. Auch dem Schuldenstandskriterium von 60 Prozent wird wieder zur Geltung verholfen, indem ein konkreter Fahrplan zu dessen Einhaltung vereinbart wurde.
Insgesamt hat die christlich-liberale Koalition mit ihrer Initiative zu diesem Vertragswerk die Schwächen des Vertrages von Maastricht behoben! Nachdem der alte Stabilitäts- und Wachstumspakt durch die rot-grüne Bundesregierung 2004 aufgrund eigener Disziplinlosigkeit seiner Wirkung vollkommen beraubt wurde, stehen wir nun vor einer völlig neuen Stabilitätsarchitektur in Europa.
Für die FDP-Bundestagsfraktion ist das ein wichtiges Signal auf dem Weg hin zu einer soliden Haushaltsführung in den EU-Mitgliedsstaaten. Nur so können die tatsächlichen Ursachen der Staatsschuldenkrise wirksam bekämpft werden. Mit der flächendeckenden Einrichtung nationaler Schuldenbremsen in allen Mitgliedstaaten der Eurozone wird das Problem an der Wurzel gelöst und die Weiche zu dauerhaft tragfähigen Staatshaushalten gestellt.
Die Geschwindigkeit mit der sich die Bedingungen zur Lösung der Herausforderungen im Zuge der Finanz- und Staatsschuldenkrise ändern, ist enorm. Ich bitte deshalb um Entschuldigung, wenn ich nur partiell auf das Konzept von Herrn Dr. Otremba eingegangen bin. Grundsätzlich gehe ich aber davon aus, dass Thema in Gänze interessiert und hoffe Ihnen mit meinen Ausführungen einen Einblick in die derzeitige Situation gegeben hat.

Mit freundlichen Grüßen
Otto Fricke

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