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Otto Fricke
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Frage von Angelika H. •

Frage an Otto Fricke von Angelika H. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Fricke,
vor einem Jahr im Mai 2010 lehnten Sie in einer Rede im Bundestag im Rahmen des nichtverfassungsgemäßen Milliardentransfers nach dem insolventgefährdeten Griechenland die Forderung der SPD und der Linken nach einer Transaktionsaktionssteuer bzw. einer Gläubigerbeteiligung ab mit der Begründung:"Da würden nicht nur die Spekulanten, sondern auch jeder Riesterrentner zusätzlich besteuert. Das wollen wir nicht!“ (siehe Protokoll Bundestag 7. Mai 2010)

Nach einem Jahr steht wieder ein Milliardentransfer nach Griechenland an. Halten Sie immer noch an der Nichtbeteiligung der Gläubiger fest oder wäre nicht eine einfache Gesetzesgebung wie der Ausklammerung kleiner Guthaben/Rentenansparungen z.B. unter 20 T€ eine Möglichkeit, Spekulationen großer Banken einen Strich durch die Rechnung zu machen und damit Milliarden an Steuergelderopferung und Staatsverschuldung zu umgehen?

Angelika Hörner

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Hörner,

vielen Dank für Ihre Mail und hoffentlich Nachsicht für die verspätete Antwort. Das Thema "Griechenland", dass Sie ansprechen, ist nach wie vor brandaktuell und nicht einfach zu diskutieren.
Meine Aussage zur Belastung von "Riester-Rentnern" bezog sich ausschließlich auf eine Finanzmarkttransaktionssteuer, wie sie von der Opposition gefordert wird. Die FDP beurteilt die Finanztransaktionssteuer kritisch. Sie ist von allen Parteien zu entrichten, die an Finanzplätzen Transaktionen veranlassen: private Altersvorsorger die in Wertpapiere investieren, mittelständische Exporteure die ausländische Umsätze in Euro tauschen, große Industrieunternehmen, die Rohstoffe für die Produktion beschaffen. Belastet wären zunächst die Bankkunden, weniger die Banken. Die Finanztransaktionssteuer adressiert nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds nicht die Krisenursachen: Größe der Finanzinstitute, Verbundenheit zwischen den Finanzinstituten, Auslagerung in Zweckgesellschaften. Die Steuer dient ausschließlich fiskalischen Zwecken. Eine nicht global einheitliche Finanztransaktionssteuer würde zudem Abwanderungen in unregulierte Offshore-Finanzplätze auslösen. Dies steht dem Ziel einer umfassenden Finanzmarktregulierung entgegen. Als Liberale haben wir das Ziel Bürger und Wirtschaft von überbordender Bürokratie und zu hohen Steuern zu entlasten, weniger um neue Steuern einzuführen. Daher steht für uns die Einführung einer risikogewichteten Bankenabgabe auf der politischen Agenda. Dadurch soll der Finanzsektor selbst ein langfristig tragfähiges Sicherungssystem finanzieren. Wir brauchen Strukturen, die zukünftig die Sozialisierung von Spekulationsverlusten vermeiden.
Die Beteiligung privater Gläubiger ist ein komplexes Thema und einfache Antworten sind nicht zu geben. Gegen die Beteiligung habe ich mich jedoch nie ausgesprochen. Trotz der Sensibilität der Finanzmärkte müssen Risiko und Lasten gerecht verteilt werden. Im Falle einer Staatsinsolvenz setzt sich die FDP für eine angemessene Beteiligung privater Gläubiger ein. Hierfür gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, von denen es gilt, die für den Steuerzahler Bestmögliche bzw. kostengünstigste zu ermitteln und einzusetzen. Einen wirklichen Einstieg in eine freiwillige und gleichwohl substanzielle Beteiligung privater Gläubiger hat der Gipfel des Europäischen Rats vom 21. Juli hervorgebracht. Zu dieser Gläubigerbeteiligung ist es vor allen Dingen auf Drängen der FDP gekommen. Diese ist jedoch freiwillig, weil die meisten der griechischen Anleiheverträge nicht über vertragsrechtliche Vorkehrungen verfügen, die ein einheitliches und einverständliches Vorgehen der Gläubiger zur Änderung der Anleihekonditionen ermöglichen würden. Durch eine freiwillige Ausgestaltung der Privatsektorbeteiligung wird dieses Ziel jedoch auch ohne diese Vorkehrungen erreicht.
Um noch einmal auf Ihre 20.000 Euro-Regelung zu sprechen zu kommen: Das Problem ist, dass die Riesterrente in einem Fond entsteht und hier nicht differenziert werden kann.
Die FDP wird auch weiterhin alles in ihrer Macht stehende unternehmen, damit es auch weiterhin nicht zu einer Vergemeinschaftung von Schulden kommt. Im Gegensatz zur Opposition lehnt die FDP daher Eurobonds mit gesamtschuldnerischer Haftung oder gemeinsam finanzierte oder garantierte Schuldenrückkaufprogramme als untaugliches und gefährliches Mittel zur "Bewältigung" der Schuldenkrise ab. Es ist keineswegs derjenige der bessere Europäer, der möglichst früh und möglichst viel Geld für gemeinschaftliche Fonds zahlt und eine Vollkaskoversicherung für alle Euro-Staaten fordert. Sondern derjenige, der dafür sorgt, dass die Mitglieder der Währungsunion zu Ihrer Verantwortung auch beim Schuldenmachen stehen. Aus diesen Gründen wird die FDP die Entwicklungen in Brüssel auch weiterhin wachsam begleiten und großen Wert darauf legen, das alle haushaltswirksamen Entscheidungen nur mit Beteiligung des Bundestages getroffen werden können.

Mit freundlichen Grüßen
Otto Fricke

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