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Oliver Krauß
CDU
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Frage von Alexander S. •

Wie setzen Sie sich persönlich für den Schutz und die Rechte der afghanischen Frauen und jungen Mädchen ein, die in dieser Sekunde von Vergewaltigung und Mord bedroht sind?

Sehr geehrter Herr Krauß,
mein Name ist Alexander Sehan. Ich bin stolzer und gebürtiger Rheinländer. Dieser Stolz begründet sich insbesondere auf die rheinländische Tradition GEMEINSAM eine lebensbejahende und weltoffene Kultur zu leben. Mein Opa war Gastarbeiter der ersten Stunde, wenn ich durch die Straßen Kölns laufe sehe ich Brüder und Schwestern jeder Kultur und Religion. Deutschland und alle Beteiligten NATO-Mitglieder haben eine historische Verantwortung in Afghanistan. Diese Verantwortung nicht wahrzunehmen, einen dilettantischen Abzug durchzuziehen und sich nicht mit den Menschen in Afghanistan zu solidarisieren, die gerade getötet und vergewaltigt werden, ist unerträglich. Dieser Zustand passt nicht zu meiner heimischen Kultur in der ich hier ins unserem schönen Rheinland groß geworden bin. Was tun SIE explizit gegen diesen Horror?

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Sehr geehrter Herr Sehan,

über das Internetportal abgeordnetenwatch.de hat mich Ihre an mich persönlich gerichtete Anfrage erreicht: „Was tun Sie explizit gegen diesen Horror“ in Afghanistan? Diese Frage richten Sie an mich als Mitglied des Landtages von Nordrhein-Westfalen. In der föderalen Ordnung der Bundesrepublik ist grundsätzlich der Bund für die Aufgaben der Außenpolitik und der Verteidigung zuständig. Artikel 32 unseres Grundgesetzes regelt das eindeutig.

Die Entwicklungen, vor allem aber die Brutalität in Afghanistan bestürzen unsere menschliche Gemeinschaft. Fehleinschätzungen, politisches und menschliches Versagen zeigen den Westen in einer tiefsten Glaubwürdigkeitskrise. Die Frage geht alle an: Was tun wir, und gemeint ist jede und jeder Einzelne nach ihrer und seiner Befähigung, gegen diesen Horror?

Mit größter Kraft und größtem persönlichen Risiko kämpfen Einsatzkräfte in diesen Minuten, in denen ich Ihnen antworte, darum zu retten, wo noch zu retten ist. Nicht nur in der Hochrisikosituation um Kabul setzen Menschen alles daran, um zur Hilfe zu kommen. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat den Druck auf das Auswärtige Amt erhöht. Bundesländer – und Nordrhein-Westfalen – haben unbürokratisches und schnelles Handeln verabredet, um Schutzbedürftige aufzunehmen: die Ortskräfte, Familienangehörige, diejenigen, die den Gewaltexzessen und der Entmenschlichung ausgeliefert sind. Der Königsteiner Schlüssel ist mit maßgeblich für die Beurteilung, welchen Anteil jedes Bundesland übernimmt. Das, was vertan wurde, lässt sich nicht gutmachen. Die Fehler behalten furchtbare Konsequenz. Über diese Tragödie, über die Verantwortung für sie, wird Rechenschaft abzulegen sein.

Unsere Gemeinschaft in Land und Bund, die Europäische Union als Wertegemeinschaft, die Vereinigten Staaten als unsere Partner: Sie müssen die „lebensbejahende“ – ich finde, dass Sie diesen Ausdruck sehr treffend gewählt haben – und „weltoffene Kultur“ in Anerkennung der Würde jedes einzelnen Mitmenschen schützen. Allerdings ist aktuell deutlich geworden, dass wir auf die USA bei den Hilfseinsätzen in Kabul zwingend angewiesen sind. In den Katastrophen überall auf der Erde ruft uns unser Verständnis vom Menschen, als einzigartige, unwiederholbare Person, zu unbedingter Hilfe auf. Die Corona-Pandemie, die die Einwohnerinnen und Einwohner zahlreicher Regionen noch weitaus schutzloser trifft als unsere Gesellschaften im Westen, das Erdbeben in Haiti, die Tragödien in Syrien, die Infernos von Bränden und von Überschwemmungen, wie wir sie selbst in der Heimat vernichtend erlebt haben, die Gefahr, sogar das 2-Grad-Ziel zu verfehlen: Diese Wirklichkeiten nehmen in einer freiheitlichen Ordnung, die auf konstruktives Handeln angewiesen ist, alle in die Pflicht. Viele weitere Krisen sind zu nennen, die Ihre Frage doppelt unterstreichen: Was tun wir gegen diesen Horror?

Um einander beizustehen, verabreden wir in der Verantwortungsgemeinschaft des Staates finanzielle Hilfen. In diesen Tagen werden 30 Milliarden Euro mobilisiert, um in den Trümmern zu unterstützen, die die Unwetterereignisse am 14./15. Juli 2021 zurückgelassen haben. In dem von mir vertretenen Landtagswahlkreis sind Ortschaften Rheinbachs und Swisttals furchtbar betroffen, aber ebenso gibt es in der Nachbarschaft größten Schaden. Freunde und Familienangehörige haben ihr Leben verloren, über Nacht ist Ruin entstanden. Die Solidargemeinschaft steht in der Verantwortung, Mittel aufzubringen und Beistand zu leisten – in dem Wissen auch darum, dass dadurch Schulden gemacht werden, die eine Reichweite in kommende Generationen haben, dass mit der Streichung an anderer Stelle und mit dem Einsatz von erarbeitetem Geld zu erstatten ist, was wir aufwenden.

Wer die Auseinandersetzung über die „historische Verantwortung in Afghanistan“ mit Recht anmahnt, setzt auch 59 Bundeswehrsoldaten in den Blick, die bei Einsätzen in Afghanistan ihr Leben gelassen haben, ungezählte Verletzungen, Traumatisierung. Es ist nicht anonym der Bund und es ist nicht anonym die internationale Gemeinschaft, die zumindest in Regionen Afghanistans in den letzten Jahren Gewährleistung dafür geschaffen haben, dass Mitmenschen geschützt waren, dass ein Zusammenleben zumindest einigermaßen normal möglich wurde.

Was tun wir gegen diesen Horror? Moralische Entrüstung und Schuldzuweisungen, so unerlässlich die Frage nach der Verantwortung ist, entpflichten niemanden von dem eigenen Engagement. Die „lebensbejahende und weltoffene Kultur“ in gegenseitigem Respekt gründen darin. GEMEINSAM in großen Buchstaben: wie Sie es schreiben. Die konkrete Unterstützung in den Hilfswerken, das Ermöglichen von Integration im persönlichen Kontakt, die Nachbarschaftshilfe in Schicksalsschlägen – das eine und das andere ist Lebenselixier für unser gutes Zusammenleben.

In diesem Bewusstsein engagiere ich mich privat und politisch: in der Stiftung Entwicklung und Frieden, in unserem Bundesland Nordrhein-Westfalen, im Rhein-Sieg-Kreis und in den Ortschaften meiner Heimat. Zu dem Ziel, dieses Miteinander lebendig zu machen, über Grenzen hinweg, möchte ich meinen Beitrag weiterhin mit ganzer Kraft leisten. Das heißt auch, dass ich nach dieser Überzeugung und nach bestem Ermessen handele, wo immer die Landesgesetzgebung, an der ich als Landtagsabgeordneter mitwirke, gefordert ist.

Wenden Sie sich gerne an mich, wenn Sie im Verlauf weitere Fragen haben sollten, unkompliziert per E-Mail: oliver.krauss@landtag.nrw.de

Mit freundlichem Gruß

Oliver Krauß

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