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Oliver Kaczmarek
SPD
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Frage von Thomas M. •

Frage an Oliver Kaczmarek von Thomas M. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Kaczmarek,
berufliche Bildung ist meines Erachtens ein wichtiger Stützpfeiler der deutschen Wirtschaft. Vielleicht können Sie dem zustimmen.
Berufliche Bildung gerät aus meiner Sicht immer mehr aus dem Fokus. Es gibt 325 anerkannte Ausbildungsberufe in Deutschland, mehr als 20.000 anerkannte Studiengänge. Die Zahl der Auszubildenden geht seit Jahren zurück. Die Hochschulen melden immer neue Rekorde bei Einschreibungen und Abschlüssen. Die Abbrecher-Quoten in der beruflichen, wie in der akademischen Ausbildung steigt und befindet sich seit Jahren auf hohem Niveau. Volkswirtschaftlich und gesellschaftlich m.E. ein riesen Problem.
Die Maßnahmen zur Berufsorientierung sind seit mehr als 30 Jahren sehr ähnlich und passen sich in Variationen lediglich dem Mediennutzungsverhalten der Zielgruppe an.
• Welche Positionen beziehen Sie zur beruflichen Bildung v.s. akademischer Bildung?
• Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden, um dem Nachwuchsmangel zu begegnen?
• Haben Sie eine akademische oder/und eine berufliche Ausbildung absolviert?
• Ist eine Berufsorientierung ab der neunten Klasse sinnvoll?
• Sollte eine Berufsorientierung schon früher beginnen?
• Wie betrachten Sie die Möglichkeiten, die das außerschulische Lernen bieten?
• Wie bewerten Sie außerschulische Erfahrungen mit curricularem und beruflichem Bezug für Kinder und Jugendliche.
• Könnten Sie sich vorstellen, dass das außerschulische Lernen verbindlich in den Schulalltag integriert wird – und Teil der Stundentafel wird?
• Heißt für Sie Chancengleichheit im Bildungskontext, dass alle Schülerinnen und Schüler zum Abitur befähigt werden müssen/sollen?
• Heißt für Sie Chancengleichheit im Bildungskontext, dass alle Menschen studieren können sollten?
• Welchen Wert hat die berufliche Bildung, wenn es um Chanchengleichheit geht?
Ich freue mich auf Ihre Antworten!
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Mosebach

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mosebach,
vielen Dank für Ihre Fragen zur beruflichen Bildung, auf die ich gerne eingehe.
• Welche Positionen beziehen Sie zur beruflichen Bildung v.s. akademischer Bildung?
Die SPD setzt sich ein für Gleichwertigkeit und Durchlässigkeit der beruflichen und der akademischen Bildung. Wir wollen, dass jeder Mensch das Recht auf eine Ausbildung bekommt, egal ob im Betrieb oder an einer Hochschule. Nur so werden wir im Übrigen den Fachkräftebedarf der Zukunft decken können.

Im Lebenslauf kommt es darauf an, in verschiedenen Phasen neue Chancen zu schaffen für Weiterqualifizierung, Höherqualifizierung, Spezialisierung und Neuqualifizierung. Entscheidend ist, dass wir die Übergänge im Bildungssystem und zwischen Phasen beruflicher und akademischer Bildung stärker unterstützen.

• Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden, um dem Nachwuchsmangel zu begegnen?
Die SPD setzt sich für eine Ausbildungsgarantie ein. Junge Berufsanfängerinnen und -anfänger brauchen eine Chance, in das Berufsleben einzusteigen. Die Vermittlung junger Menschen in eine betriebliche Ausbildung bleibt oberstes Ziel. Denn die duale Ausbildung ist ein Erfolgsmodell. Alle Unternehmen, vor allem größere, müssen jedoch mehr Verantwortung für die Schaffung von ausreichend Ausbildungsplätzen übernehmen. Die SPD unterstützt Umlagefinanzierungen bzw. Fonds, beispielsweise branchenbezogen, dort wo unterhalb des Bedarfs ausgebildet wird und um zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze zu schaffen.

In Regionen, in denen es dennoch zu wenige betriebliche Ausbildungsplätze gibt, wollen wir auch außerbetriebliche Ausbildungsmöglichkeiten schaffen, die im ersten Ausbildungsjahr in eine betriebliche Ausbildung münden sollen.

Den Lernort Berufsschule will die SPD stärken, vor allem im ländlichen Raum und in strukturschwachen Regionen. Dafür wollen wir einen Pakt für berufsbildende Schulen von Bund, Ländern und Schulträgern zusammen mit den Sozialpartnern schließen. Im Vordergrund stehen dabei die Modernisierung der technischen Ausstattung und eine verbesserte Sicherung des Lehrkräfte-Nachwuchses. Um berufliche und akademische Bildung besser zu verzahnen, will die SPD das duale Studium besser fördern.

• Haben Sie eine akademische oder/und eine berufliche Ausbildung absolviert?
Ich selbst habe nach Abitur und Zivildienst ein Studium absolviert und abgeschlossen.

• Ist eine Berufsorientierung ab der neunten Klasse sinnvoll?
• Sollte eine Berufsorientierung schon früher beginnen?
Voraussetzung für eine eigenständige Gestaltung des Bildungsweges ist unter anderem eine Verstärkung der Berufsorientierung an allen Schulformen. Die SPD hat deshalb schon in der vergangenen Wahlperiode durchgesetzt, dass die Mittel für die Berufsorientierung deutlich erhöht werden. Die Ausgestaltung ist Aufgabe der Länder. Ich halte eine frühe Berufsorientierung für sinnvoll.

Grundsätzlich setzt sich die SPD für starke Jugendberufsagenturen ein, die jungen Menschen aus einer Hand nicht nur die Berufsorientierung bieten, sondern auch dabei helfen, Ausbildungssuchende und Ausbildungsangebote zusammenzubringen.

• Wie betrachten Sie die Möglichkeiten, die das außerschulische Lernen bieten?
• Wie bewerten Sie außerschulische Erfahrungen mit curricularem und beruflichem Bezug für Kinder und Jugendliche.
• Könnten Sie sich vorstellen, dass das außerschulische Lernen verbindlich in den Schulalltag integriert wird – und Teil der Stundentafel wird?
Außerschulisches Lernen ergänzt nicht nur schulisches Lernen, es ist für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sowie für ihre Chancen unverzichtbar. Besondere Potenziale sehe ich (auch nach einschlägigen Studien) dabei in den Feldern „Ernstcharakter der Handlungssituationen“, also Handeln nicht im Klassenzimmer, sondern in echten Lebenssituationen, und Lernen durch das Übernehmen von Verantwortung. Außerschulisches Lernen fördert soziales Lernen und deshalb haben wir es beispielsweise zu einem ausgewiesenen Schwerpunkt des Corona-Aufholpaketes für Kinder und Jugendliche gemacht. Hier stellen wir insgesamt zwei Milliarden Euro zur Verfügung, um Förderangebote in der Schule und im außerschulischen Lernen (z.B. in den Ferien) und der sozialen Arbeit machen zu können.

Auch die Ganztagsschulen bieten hier gute Möglichkeiten. Durch den Einbezug außerschulischer Partner in Ganztagsschulen können die Felder Schule und Jugendarbeit verknüpft werden. Deshalb freut es mich, dass die SPD-Bundestagsfraktion endlich den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für die Grundschule durchsetzen konnte.

• Heißt für Sie Chancengleichheit im Bildungskontext, dass alle Schülerinnen und Schüler zum Abitur befähigt werden müssen/sollen?
• Heißt für Sie Chancengleichheit im Bildungskontext, dass alle Menschen studieren können sollten?
• Welchen Wert hat die berufliche Bildung, wenn es um Chancengleichheit geht?
Chancengleichheit im Bildungskontext bedeutet, dass wir allen Kindern die gleichen Bildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten geben, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft. Das bedeutet nicht, dass alle Abitur machen oder studieren müssen. Aber alle sollen die Möglichkeit haben, sich ihren Neigungen entsprechend zu verwirklichen. Letztendlich geht es um Respekt und Anerkennung der persönlichen Leistung. Jede und jeder soll das Recht auf selbstbestimmte Berufswahl haben.

Mit freundlichen Grüßen
Oliver Kaczmarek

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