Norbert Spinrath 2021
Norbert Spinrath
SPD
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Frage von Detlef F. •

Frage an Norbert Spinrath von Detlef F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Wann kommt endlich die seit 35 Jahren versprochene und nie erledigte Steuerreform (Steuererklärung auf dem Bierdeckel), wann kommt die seit 35 Jahren versprochene und nie durchgeführte Rentenreform, die die Rente für alle Zukunftsfähig macht, wann kommt die seit 35 versprochene und nie richtig in Angriff genommene Gesundheitsreform, die verhindert das der Bürger von Lobbyisten (Pharmakonzerne, Ärzte etc...) die sich bei ihnen im Bundestag die Klinke in die Hand geben, nicht weiter ausgenommen wird, wann kommt endlich die seit 35 Jahren notwendige Arbeitsmarktreform, die den Lobbyisten und den Ausbeutern in Form von Leiharbeit, Zeitarbeit, Minijobs und Lohndumping den Kampf ansagt, wann kommt endlich die seit 35 Jahren überfällige Reform des Bundestages, die verhindert das mehr als 1000 Lobbyisten bei den Abgeordneten ein und aus gehen um ihnen ihre Gesetze zu diktieren, die sie gerne hätten? Und da wir gerade bei dem Thema sind, ich möchte auch gerne einen Hausausweis für den Bundestag, unter anderen bin ich nämlich ihr Arbeitgeber nicht die Lobbyisten.

Norbert Spinrath 2021
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr F.,

vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse zu vielen komplexen Themen. Gerne möchte ich Ihnen meine Stand-punkte und die der SPD-Bundestagsfraktion in einzelnen Themenblöcken näher erklären.

1. Steuerreform
Als wohlhabendes Land mit hohen Steuereinnahmen geht es Deutschland im direkten Vergleich zu anderen europäischen Staaten gut. Aber: Der Wohlstand ist sehr ungleich verteilt. Deutschland kann mehr. Es ist, wie Martin Schulz sagt, Zeit für mehr Gerechtigkeit. Als SPD-Bundestagsfraktion wollen wir besonders Familien und Al-leinerziehende und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit mittleren und kleineren Einkommen entlasten. Unsere Bilanz zeigt, dass durch einen höheren Grundfreibetrag Steuerzahlende entlastet wurden. Kinderzuschläge für Familien mit geringem Einkommen haben wir erhöht und den Unterhaltsvorschuss für alleinstehende Elternteile ausgeweitet.
Sie haben Recht, dass wir weitere Steuerreformen brauchen. Aus diesem Grund wollen wir auf zwei Wege, mehr steuerliche Entlastung und Gerechtigkeit schaffen.
Abschaffung des Solidaritätszuschlags für untere und mittlere Einkommen. Ab 2020 sollen die Freigrenzen erhöht werden. Dadurch werden besonders kleine Einkommen, die von dem Solidaritätszuschlag stark belastet werden, massiv entlastet. Darüber hinaus sollen eine gerechtere Einkommensbesteuerung und veränderte Steuersätze einen positiven finanziellen Effekt auf mittlere und kleine Einkommen haben. So soll die momentane Grenze von 54.000 € zu versteuerndem Einkommen bei einem Steuersatz von 42% auf 60.000€ zu versteuerndes Einkommen erhöht werden. Spitzenverdiener (ab 76.200€) sollen nach unserem Steuerkonzept bei einem linear-progressiven Spitzensteuersatz von 45% dies ausgleichen. Sehr vermögende Menschen sollen noch weitere 3% mehr an Steuern abführen – die sogenannte Reichensteuer würde somit 48% betragen und Einkommen über 250.000€ belasten. Starke Schultern müssen mehr tragen, als schwächere Schultern. Nur so gelingt uns ein gerechtes Mit- und Füreinander.

2. Rentenreform
Wer sein Leben lang gearbeitet hat, muss davon im Alter auch gut leben können: Auf dieses Kernversprechen des Sozialstaates müssen sich alle verlassen können – egal ob jung oder alt. Doch bei vielen wächst die Unsicherheit, ob die eigene Rente einmal für einen angemessenen Lebens-standard reichen wird. Es bedarf also einer Anpassung und Änderungen an aktuelle Gegebenheiten und zukünftige Entwicklungen.
Aktuelle Berechnungen zeigen auf, dass ohne gesetzliche Veränderungen das Rentenniveau nach dem Jahr 2030 auf etwa 43% fallen wird und nach 2045 sogar auf unter 42%. Ferner würde der Beitragssatz von heute 18,7% auf 23% steigen. Dies würde einen erheblichen Einfluss auf die Lebenswelt der Rentnerinnen und Rentner haben und auf die Beitragszahlenden. Auf diese Entwicklungen hat die Union keinerlei Konzept vorgestellt und tut so, als würde es diese Herausforderung überhaupt nicht geben.
Nur unter Druck der SPD wurde in der großen Koalition viel für mehr Rentengerechtigkeit erreicht: Die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren nutzt vor allem denjenigen, die lange ihren Beitrag zur Rentenversicherung geleistet haben, denen es aber schwer fällt, bis 67 zu arbeiten. Mit der Flexirente und Maßnahmen zur Prävention und Rehabilitation unterstützen wir Beschäftigte dabei, das Rentenalter gesund und fit zu erreichen. Die Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente helfen denen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weiter arbeiten können.
Diesen Weg wollen wir weiter gehen und mit weiteren Verbesserungen unser Rentensystems gerecht und zukunftsfest gestalten. Wir wollen das Rentenniveau stabilisieren und die Leistungen der gesetzlichen Rente sichern. Dazu setzen wir eine gesetzlich festgelegte doppelte Haltelinie: Renten-niveau von mindestens 48 Prozent und Beitragssatz von nicht über 22 Prozent. Die Union nimmt hingegen ein weiteres Absinken des Rentenniveaus auf 43 Prozent in Kauf. Außerdem steht für die SPD fest, dass es eine Rente erst ab 70 mit uns nicht geben wird.
Klar ist: Die Folgen einer immer älter werdenden Gesellschaft zu schultern ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler nicht alleine stemmen können. Deshalb wollen wir das Renten-system ab 2027 mit zusätzlichen Bundesmitteln stabilisieren.

3. Gesundheitsreform
Im Koalitionsvertrag hat die SPD mit der Union vereinbart, dass der Krankenkassenbeitrag von 14,6% paritätisch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geteilt wird. Den Zusatzbeitrag, abhängig vom Einkommen der Versicherungs-nehmenden, wird jedoch vom Arbeitnehmer übernommen. Man kann an dieser Stelle daher nicht mehr von paritätischer Beitragszahlung sprechen. In unserem Regierungs-programm fordern wir daher die Wiedereinführung der paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Dadurch werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entlastet. Die herrschende Zweiklassen-Krankenversicherung vertieft die Schere zwischen Arm und Reich. Gesundheit und medizinische Versorgung darf nicht vom Geldbeutel abhängig sein. Daher wollen wir alle Bürgerinnen und Bürger auf die gleiche Weise versichern. Alle bislang gesetzlich Krankenversicherte werden automatisch in die Bürgerversicherung aufgenommen. Auch Beamtinnen und Beamte, für die ein beihilfefähiger Tarif geschaffen wird, werden in die Bürgerversicherung aufgenommen. Ferner sollen die Bemessung der Beiträge für Selbstständige einkommensabhängig berechnet werden, sodass geringe Einkommen auch weniger belastet werden.
Die SPD hat sich dafür stark gemacht, dass die einkommensunabhängige Kopfpauschale abgeschafft wurde. Seit-her können Krankenkassen nur einkommensabhängige Zusatzbeiträge erheben. Das ist gerechter und verringert die Belastung kleinerer Einkommen.

4. Arbeitsmarktreform
Als wohlhabendes Industrieland muss sich Deutschland verpflichten, menschenwürdige und sozialgerechte Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Bürgerinnen und Bürgern Perspektiven zu geben, sich zu entfalten und frei zu leben. Prekäre Arbeitsverhältnisse, sachgrundlose befristete Arbeitsverträge, Zeit- und Leiharbeit und der Miss-brauch von Werkverträgen und Minijobs führen zum einen dazu, dass junge Menschen einen erschwerten Start ins Berufsleben erfahren und langjährig Berufstätige in Unsicherheit leben müssen.
Der gesetzliche Mindestlohn, der nur wegen des starken Einsatzes der SPD Bundestagsfraktion zustande gekommen ist, stellt eine Haltelinie dar, sodass kein extensives Lohn-dumping betrieben werden kann. Der Mindestlohn und die verpflichtende Arbeitszeitdokumentation, die auch nur auf-grund der SPD eingeführt wurde schützen vor Ausbeutung. Der Schlüssel zur Armutsbekämpfung ist jedoch geregelte Arbeit und ein auskömmliches Einkommen. Aus diesem Grund stehe ich ganz eindeutig hinter dem Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Es gelang uns nur mit massivem Druck gegen die Union, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz durchzusetzen, welches die Überlassungshöchstdauer auf 18 Monate begrenzt. Nach diesem Zeitraum müssen Leiharbeitende in die Belegschaft übernommen werden. Wir fordern darüber hinaus, dass vom ersten Tag an, Leiharbeiter den gleichen Lohn bekommen, wie die Stammbelegschaft. Auch sollen Betriebsräte gestärkt wer-den, um die Rechte aller Beschäftigten zu schützen. Nur so können Leiharbeitende mit Zuversicht in die Zukunft blicken.

Die SPD befürwortet die Veröffentlichung von Terminen mit Lobbygruppen. Dieser Befürwortung schließe ich mich an. In meiner Funktion als europapolitischer Sprecher treffe ich jedoch meist Botschafter*innen, Regierungsmitglieder oder Parlamentarier.

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle gerne anbieten, zu einer meiner Bürgersprechstunden zu kommen. Bitte setzen Sie sich dafür mit meinem Wahlkreisbüro in Verbindung.

Mit freundlichen Grüßen

Norbert Spinrath, MdB