Nils Schmid MdB SPD
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Frage von Dr. Lienhard W. •

Wie können wir DIE RUSSISCHE BEVÖLKERUNG WAHRHEITSGEMÄSS INFORMIEREN über Putins Angriffskrieg und die Kriegsverbrechen in der Ukraine?

Guten Tag, Herr Schmid

Putin führt seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine auch, indem er die russische Bevölkerung von authentischen Informationen abschneidet, freie Presse verbietet und Oppositionelle als "Volksverräter" brandmarkt – wie sein Vorgänger Stalin.

Die Folge:

Die Mehrheit der Russen glaubt den gleichgeschalteten russischen Staatsmedien. Viele Russen halten Putins Überfall auf die Ukraine für eine Art Nothilfe gegen einen angeblichen "Völkermord" und verhalten sich daher zustimmend zu seinem Krieg oder abwartend.

Je wirksamer wir Putins Lügenschleier mit authentischen Informationen durchbrechen, desto eher wird der Krieg und auch Putins Herrschaft enden.

Daher meine Frage:
Wie können wir die russische Bevölkerung wahrheitsgemäß informieren über Putins Angriffskrieg und seine Kriegsverbrechen in der Ukraine?

Nils Schmid MdB SPD
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dr. W.,

danke für Ihre Nachricht, auf die ich Ihnen im Folgenden gerne antworte. Im Zuge des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat die staatliche Repression in Russland noch einmal stark zugenommen. Trotzdem sahen wir, dass eine Vielzahl russischer Bürgerinnen und Bürger auf die Straße gingen, um gegen den brutalen Überfall auf die Ukraine zu protestierten. Tausende von ihnen wurden daraufhin inhaftiert. Meine allergrößte Hochachtung gilt diesen mutigen Menschen, die trotz größter Gefahren lautstark ihre Kritik äußern.

Dass die russische Regierung gegen die Zivilgesellschaft, die Opposition und unabhängige Medien vorgeht, ist keine neue Entwicklung, aber sie wurde in den letzten Tagen, Wochen und Monaten noch einmal massiv verstärkt. Der wichtigste Oppositionelle Alexej Nawalny wurde Opfer eines grausamen Giftanschlags. Nach seiner Genesung in Deutschland wurde er direkt bei seiner Rückkehr nach Russland hinter Gittern gesteckt. Es folgte ein politischer Schauprozess, der mit der Verhängung einer langen Haftstrafe endete. Auch die weltweit angesehene Menschenrechtsorganisation Memorial, die unter anderem einen unersetzbaren Beitrag zur Aufarbeitung der russischen Geschichte leistete, wurde zur Zielscheibe staatlicher Repression. Das Verbot von Memorial International ist mittlerweile vom Obersten Gericht Russlands bestätigt. Im Bereich Medien mussten wir mitansehen, wie sich der Hörfunksender Echo Mowsky auflöste, der TV-Sender Doschd verboten wurde und die Zeitung Novaya Gazeta ihren Betrieb einstellte. Zudem gibt es Berichte, dass seit Beginn des Ukrainekrieges viele Journalistinnen und Journalisten Russland verlassen haben. Auch ausländische Medien sind betroffen, wie etwa die Sperrung der BBC zeigt. Auch die Website der Deutschen Welle wurde blockiert. Insgesamt ist mit Blick auf das Internet zu beklagen, dass die Abschottung Russlands vom Westen stetig voranschreitet. Die Staatsführung versucht, einen digitalen Eisernen Vorhang um das Land zu errichten. Diese Entwicklungen sind äußerst besorgniserregend, da durch den Wegfall von unabhängiger Medienberichterstattung der Einfluss der Staatspropaganda weiter zunimmt und damit auch die Lügen der russischen Regierung, wie aktuell über den Ukrainekrieg, eine noch weitere Verbreitung finden werden.

Ich verurteile die massive Unterdrückung der Opposition, der Zivilgesellschaft und der unabhängigen Medien in Russland auf das Schärfste. Weiterhin bedeutsam bleiben unabhängige russischsprachige Medien außerhalb Russlands, auch wenn es für die Menschen in Russland immer schwieriger wird, auf diese Angebote zuzugreifen. Ich finde es deshalb wichtig, dass die Deutsche Welle an ihrer russischsprachigen Berichterstattung festhält.

Ein wichtiger Aspekt dieses Themas ist auch die Gefahr, die von russischen Desinformationskampagnen für die Demokratie bei uns ausgeht, da sie zu einer weiteren Polarisierung in Teilen der Gesellschaft betragen und das Vertrauen in demokratische Institutionen beschädigen können. Darauf müssen wir in Deutschland, in der EU und gemeinsam mit anderen demokratischen Staaten konsequent und geschlossen reagieren – und das tun wir bereits. So gibt es aktuell viele Vorhaben gegen Desinformation in den verschiedenen internationalen Organisation und Foren –  von EU über G7 bis NATO. Wichtig ist dabei, dass wir auch bereits vorhandene und bewährte Strukturen zur Erkennung und Bekämpfung von Desinformation weiter ausbauen und stärken, wie etwa die Einheit für strategische Kommunikation des Europäischen Auswärtigen Dienstes.

Mit freundlichen Grüßen

Nils Schmid, MdB

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