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Mechthild Rawert
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Frage von Udo S. •

Frage an Mechthild Rawert von Udo S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Rawert,

seit Jahren beschäftigen mich Fragen, die unser aller Zukunft (wirtschaftlich wie sozial) betreffen. Vielleicht können Sie mir bei der Beantwortung einiger dieser Fragen behilflich sein.

Wir befinden uns derzeit in einer wirtschaftlichen Aufschwungphase, die aber nicht alle Bevölkerungsschichten erreicht, was haben diese dann bei der nächsten Rezession zu erwarten?

Seit Jahrzehnten haben wir eine stetig steigende Sockelarbeitslosigkeit. Muss nicht einmal grundsätzlich anerkannt werden, dass Vollbeschäftigung nicht mehr möglich ist, gerade, weil der technische Fortschritt und die Produktivität immer schneller wachsen und somit immer mehr Arbeitskräfte freigesetzt werden können?

Seit Jahren gibt es Initiativen, die ein bedingungsloses Grundeinkommen vorschlagen,
um die derzeitigen und zukünftigen gesellschaftlichen Probleme zu lösen.
In wieweit halten Sie die dort gemachten Vorschläge zur Finanzierung und Einführung
für nachdenkenswert bzw. durchführbar?

Vielen Dank für Ihre Antwort

MfG
Udo Schlinske

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schlinske,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Thema Arbeit und bedingungsloses Grundeinkommen.
Zuerst einmal ist festzustellen, dass die Sockelarbeitslosigkeit in den letzten Jahren enorm abgenommen hat. Hier ist die Handschrift der SPD-Politik klar zu erkennen.
Wir sind noch nicht am Ziel der Vollbeschäftigung angelangt und noch immer gibt es viel zu viele Arbeitsplätze im Niedriglohnsektor.
Aber wir haben die gute wirtschaftliche und konjunkturelle Situation zum Abbau der Arbeitslosigkeit und zum Aufbau neuer Arbeitsplätze genutzt. Niemals gab es in Deutschland so viele Beschäftigte wie heute:
Über 40 Millionen Erwerbstätige und 28 Millionen sozialversicherungspflichtige Beschäftigtungsverhältnisse zeigen, dass sich die Reformen der letzten Jahre auszahlen. Nur gute Arbeit schafft sozialen Zusammenhalt. Ich will, dass Menschen von einer Vollzeitstelle selbstständig leben können. Deshalb unterstütze ich auch den weiteren Ausbau eines gesetzlichen Mindestlohns mit aller Kraft.

Trotz und gerade aufgrund der ständig steigenden Produktivität und der Beschleunigung des technischen Fortschritts gebe ich das Ziel der Vollbeschäftigung auch nicht auf. Wir müssen hier neue und innovative Arbeitsplätze schaffen.
Dafür sprechen auch die mittel- und langfristigen Auswirkungen des demografischen Wandels auf dem deutschen und europäischen Arbeitsmarkt. Viele technologieorientierte Unternehmen sehen sich bereits heute einem gravierenden Fachkräftemangel gegenüber, finden oft nur schwer adäquat ausgebildete Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Diese Entwicklung droht meines Erachtens auch in vielen anderen Bereichen, z.B. bei sozialen Dienstleistungen.
Um unsere Wirtschaft zukunftsfähig zu halten und unseren Wohlstand zu sichern, hat die SPD-Bundestagsfraktion ein 60-Punkte-Konzept zur „Sicherung der Fachkräftebasis in Deutschland“ erarbeitet.
Auch mit dem Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz haben wir einen wichtigen Punkt zur Stärkung der Fachkräftebasis gesetzt.
Wer sich die Fachkräfte von morgen sichern will, muss heute die Teilhabechancen der Menschen verbessern, für mehr Chancengleichheit im Bildungssystem sorgen und mehr Aufstiegsmöglichkeiten durch Bildung eröffnen.

Sie sprechen weiter Überlegungen zu einem bedingungslosen Grundeinkommen an. Hierzu liegen mittlerweile vielfältige und verschiedenartige Modelle vor. Viele werden von oft realitätsfremden Finanzierungsvorschlägen begleitet. Oft werden solche Modelle in öffentlichen Debatten schön gerechnet, halten aber einer objektiven Überprüfung nicht stand. Statt eines staatlich garantierten Grundeinkommens für jede/n müssen wir viel mehr für die Stärkung und Ausweitung unserer bestehenden Sozialsysteme sorgen, also Arbeitsplätze schaffen, endlich einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einführen und insbesondere die Bildungschancen für Kinder und Jugendliche aus ärmeren Bevölkerungsschichten verbessern.

Weiterhin gibt es Modelle einer neuen Arbeitsversicherung. Um die Risiken einer heutigen Erwerbsbiographie besser abzusichern und die Beschäftigungsfähigkeit aller ArbeitnehmerInnen zu erhalten, wollen wir SozialdemokratInnen die Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung weiterentwickeln. Sie soll nicht erst dann Leistungen erbringen, wenn der Risikofall eingetreten ist. Die Förderung der Weiterbildung und des lebenslangen Lernens spielen dabei eine Schlüsselrolle.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen

Ihre Mechthild Rawert