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Mechthild Rawert
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Frage von Holger S. •

Frage an Mechthild Rawert von Holger S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Fr. Rawert,

es sind die ersten, Gerichtsurteile zur Mietpreisbremse ergangen. Im 2ten Urteil
http://www.rechtsindex.de/mietrecht/5722-amtsgericht-neukoelln-ein-weiteres-urteil-zur-mietpreisbremse
stellt das AG Neukölln (Abschnitt "Treu und Glauben") fest, dass es egal ist, dass der Mieter 2 der 3 Zimmer der Wohnung für 20 bzw. 25 (!) € pro Qm zeitweise, es darf vermutet werden an Touristen, untervermietet hat.
Halten Sie das für gerecht? Ist es OK, daß Mieter Wohnungen, die sie in dieser Größe gar nicht benötigen mietpreisgebremst anmieten um mit der Untervermietung eines Teils der Wohnung, mutmaßlich an Touristen, einen ordentlichen Reibach zu machen?

Wo liegt der Unterschied im Verhalten des Untervermieters zu einem Gewinn maximierenden Vermieter?
Wenn Sie diese Gewinnmaximierung durch Mieter, die Vermietern verboten ist für ungerecht halten, was gedenken Sie dagegen zu unternehmen?

Und nur für den Fall,dass Sie mir was von "....das ist doch nur ein Einzelfall antworten möchten"
Ich hatte öfters bei Ihnen angefragt was Sie denn gegen das Phänomen zu tun gedenken, daß niedrige Preise die Nachfrage anheizen, dh daß sich wohlhabende Leute grössere weil mietpreisgebremste Wohnungen leisten und damit die Wohnungsnot erst recht befeuern. Nun bin ich sicher nicht der einzige, der die wohltönenden Worte im Ohr hat "Wir sorgen für bezahlbaren Wohnraum für alle" um danach zu erfahren, dass die ersten, die von Ihren Maßnahmen profitieren windige Geschäftemacher sind. Und ich bin auch nicht der einzige der weiß, dass all Ihre Bemühungen in Sachen bezahlbarer Wohnraum für alle nix gebracht haben, wie man in dieser Leerstandstatistik,

http://www.spiegel.de/wirtschaft/wohnungsnot-in-muenchen-ist-fast-kein-zimmer-mehr-frei-a-1124014.html

nachlesen kann
Können Sie sich vorstellen, dass Leute die sich an Ihre Wahlkampfrhetorik erinnern und jetzt die verlinkten Artikel lesen, nachhaltig enttäuscht sind bzw sich vielleicht sogar veralbert fühlen?

mfG
H Schindler

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schindler,

vielen Dank für Ihre Frage zum Mieter*innenschutz und zur Mietpreisbremse auf dem Berliner Wohnungsmarkt. Auch aufgrund der Situation in meinem Wahlkreis im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg liegt mir das Thema bezahlbarer Wohnraum sehr am Herzen.
Sie haben recht: Guter Wohnraum darf kein Luxusgut sein. Deshalb haben sich die SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke im neuen Berliner Koalitionsvertrag für 2016-2021 ( https://www.spd.berlin/w/files/wahl2016/161116-koalitionsvertrag-final.pdf ) auf eine Verschärfung des Gesetzes zum Verbot der Zweckentfremdung geeinigt. Ziel ist ein umfassender Wohnraumschutz. Tausende Ferienwohnungen oder gewerblich genutzte Wohnungen werden so wieder dem Mietwohnungsmarkt zugeführt, die Gewerbenutzung wird erschwert. Zur wirksamen Verfolgung der Zweckentfremdung werden wir weiterhin mehr Personal zur Verfügung stellen. In Bezug auf Abriss und angemessenen Ersatzwohnraum, Leerstand, Trägerwohnungen, Zweitwohnungen, Urlaubsvermietung, Sanktionen und Monitoring soll das seit dem 1. Mai 2016 geltende Zweckentfremdungsverbot überarbeitet werden. Bereits jetzt kann ein Bußgeld von 100.000 Euro verhängt werden, wenn Wohnungen zu nichtgenehmigten Ferienwohnungen umfunktioniert werden. Außerdem wird auch die Wohnungsaufsicht in den Bezirken weiter gestärkt und im Falle von notwendigen Ersatzvornahmen handlungsfähig gemacht. Spekulativer Leerstand von Wohnraum soll effektiver bekämpft werden.

Die von der SPD auf Bundesebene durchgesetzte Mietpreisbremse hat Berlin als erstes Bundesland umgesetzt. Wir setzen uns auf Bundes-, Landes- und Bezirksebene dafür ein, dass die Mietpreisbremse in ihrer Wirksamkeit verschärft und die Einhaltung durch geeignete Maßnahmen in allen Stadtteilen gesichert wird. Des Weiteren muss die Mietpreisbremse muss mieter*innenfreundlich ausgestaltet und entfristet werden. Bei einer Neuvermietung darf die Miete höchstens noch zehn Prozent über der ortsüblichen Miete liegen. Aber wegen der CDU-Ausnahmen wirkt die Mietpreisbremse nicht wie erhofft. Der Schutz der Mieter*innen vor überhöhten Mietforderungen im Wirtschaftsstrafrecht soll verbessert werden. Im Mietspiegel sollen Mietverträge der letzten zehn Jahre berücksichtigt werden.

Auch auf der Bundesratsebene war der Berliner Senat aktiv: Im Juni 2016 wurde beschlossen, mit einer Initiative ( https://www.mietrecht-reform.de/mietrechtsreform-2016/reform-mietpreisbremse-referentenentwurf-bundesrat-mietrag/ ) im Bundesrat Rechte der Mieter*innen weiter stärken. Dazu wurde ein Gesetzentwurf zur Dämpfung der Mietentwicklung und wirksamen Verfolgung von Mietpreisüberhöhungen im Bundesrat eingebracht. Mit der Berliner Gesetzesinitiative soll die Mietpreisbremse wirksamer ausgestaltet und der Mietanstieg bei bestehenden Mietverhältnissen wirkungsvoll begrenzt werden. Vermieter sollen immer die Miete der Vormieter*in nennen müssen - hat eine Vermieter*in die Mietpreisbremse nicht eingehalten, soll er vom ersten Tag des Mietverhältnisses die zu viel bezahlte Miete erstatten müssen.

Noch ein wichtiger Hinweis: Sie können zweckentfremdete Wohnungen auf der Seite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen melden!:
https://ssl.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/zweckentfremdung_wohnraum/formular/adresswahl.shtml

Als SPD-Bundestagsfraktion wollen wir die bestehende Mietpreisbremse weiter verschärfen, wollen das Mietrecht noch sozialer gestalten und selbstverständlich mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen.

Die bereits beschlossene Erhöhung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau auf mehr als 1,5 Milliarden Euro von 2017 an ermöglicht den Ländern, konsequent in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Aber: Der Bedarf nach neuen Wohnungen bleibt absehbar hoch und erfordert auch in Zukunft ein gemeinsames Handeln von Bund, Ländern und Kommunen. Damit die Förderung des sozialen Wohnungsbaus aber nicht nur von der Finanzkraft der Länder und Kommunen abhängig ist, will die SPD-Bundestagsfraktion durch eine Änderung des Grundgesetzes erreichen, dass der Bund die Kompetenz erhält, auch nach 2019 die soziale Wohnungspolitik mitzugestalten.

Wir haben als SPD-Bundestagsfraktion bereits wichtige wohnungspolitische Vorhaben durchgesetzt – leider scheitert ein sogenanntes „Mietpaket 2“ am Koalitionspartner CDU/CSU. Bereits seit Anfang April 2016 wartet Bundesjustizminister Heiko Maas auf eine Antwort aus dem Kanzleramt. Dort liegt ein Referentenentwurf zur zweiten Mietrechtsnovelle vor - wird aber blockiert.

Wohnen muss bezahlbar bleiben – das ist wichtig für alle Menschen. Unsere gewollten umfangreichen Maßnahmen beziehen Kriterien wie Bezahlbarkeit aber auch die Nachhaltigkeit, die Barrierefreiheit und nicht zuletzt die Sicherheit mit ein. Unsere miet- und wohnungspolitischen Ziele: soziale Städte und lebenswerte Quartiere mit bezahlbaren Wohnungen haben wir mit einem ganzen Maßnahmenpaket unterlegt und im Beschluss "Bezahlbare Wohnungen schaffen und Mietrecht sozial gestalten" ( http://www.spdfraktion.de/system/files/documents/bezahlbare-wohnungen-schaffen-mietrecht-sozial-gestalten_spd-fraktion.pdf ) der SPD-Bundestagsfraktion vom 01.09.2016 festgehalten.
Leider macht die CDU/CSU-Fraktion hier nicht mit, unter anderem auch aufgrund des Widerstandes meines Tempelhof-Schöneberger CDU-Kollegen Dr. Jan-Marco Luczak. Als nach eigenen Aussagen Mietrechtsexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion setzt er sich sehr für die Wahrung der Interessen von Immobilienbesitzer*innen ein.

Mit freundlichen Grüßen
Mechthild Rawert