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Mechthild Rawert
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Frage von Klaus B. •

Frage an Mechthild Rawert von Klaus B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Rawert,

ich habe eine kaufmännische Ausbildung und ein Studium absolviert und bin momentan auf Stellensuche. Wie kann es sein, wenn ich die Stellenangebote des Arbeitsamtes anschaue, dass fast ausschließlich Leiharbeitsverhältnisse angeboten werden? Wie Sie wissen dienen Leiharbeitsverhältnisse vorrangig dazu, dass Gehälter und Löhne enorm gedrückt werden. Ich selbst habe festgestellt, dass ich heutzutage in meinem Job nicht einmal mehr das verdiene, was ich vor 15 Jahren locker bekommen habe. Das ist eine soziale Rückwärtsentwicklung und leider von CDU/CSU/FDP/Grüne und SPD gewollt.
Wie stehen Sie zur Leiharbeit und ist seitens der SPD in Aussicht gestellt, dass Leiharbeit und ähnliche prekäre Arbeitsverhältnisse verboten werden?

Freundliche Grüße

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Böttcher,

ich kann Ihre Verärgerung über den aktuellen Stellenmarkt angesichts Ihrer persönlichen Arbeitsplatzsuche gut verstehen. Leider haben Sie ihre konkrete Branche nicht benannt, ansonsten könnte ich Ihnen aufgrund des Tarifspiegels eine wirklich konkrete Antwort auf die Entwicklung geben. Auch kenne ich Ihren Wohnort nicht, da in vielen Branchen die Höhe der Gehälter regional sehr verschieden ist. Aber auch ich sehe, dass die Löhne langfristig nur relativ moderat gestiegen sind und dass die zumeist schlechter bezahlte Leiharbeit stark zugenommen hat.

Sie sprechen eine Politik über die vergangenen 15 Jahre an. Ich verstehe, dass Sie die CDU/CSU und FDP in einem Atemzug benennen. Schließlich war die rot-grüne Regierung von 1998 bis 2005 erfolgreich im Amt. Ich halte Ihre Zuschreibung hinsichtlich des politischen Wollens für falsch. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben eine Lohnabwärtsentwicklung zu keinem Zeitpunkt gewollt - ganz im Gegenteil. Es ist nach wie vor Ziel der SPD, die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen, sie nicht weiter auseinander gehen zu lassen.

Es war die SPD mit Bundesarbeitsminister Scholz, die im Januar 2008 Mindestlöhne in einigen Branchen eingeführt hat und das Gesetz schrittweise auf weitere Branchen ausgedehnt hat. Sehr wichtig war uns, Mindestlöhne auch in der Zeitarbeitsbranche einzuführen. Es ist uns sogar gelungen, die Union im Kabinett in dieser Sache zum Einlenken zu bewegen - leider nicht mehr rechtzeitig, um das Gesetz noch vor der Bundestagswahl am 27. September einzubringen. Nach der Wahl wollen wir dies umso zügiger umsetzen. Ihnen ist unser Kampf um den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn bekannt. Bitte unterstützen Sie auch die Absicht des Landes Berlin, neue Regularien für die Leiharbeit einzuführen

Die wenig dynamische Lohnentwicklung, die Sie ansprechen, ist meiner Meinung nach viel eher auf die Globalisierung der Weltwirtschaft zurückzuführen. Dieser Entwicklung können wir uns nicht entziehen, wir können aber Antworten darauf geben: Deutschland ist ein eindeutiger Gewinner der Globalisierung. Das Ziel der SPD ist es, den Arbeitsmarkt so zu gestalten, dass alle von dieser Entwicklung profitieren und es nicht nur einige wenige Gewinner gibt.

Wie will die SPD dies erreichen?

Dazu haben wir in unserem Regierungsprogramm für die Zeit nach 2009 konkrete Maßnahmen festgelegt: Wir wollen kein Verbot der Leiharbeit, wir werden aber sicherstellen, dass diese Arbeitsverhältnisse fairer gestaltet werden und nicht einseitig zulasten der ArbeitnehmerInnen gehen.

Wir wollen Leiharbeitsverhältnisse rechtlich besser absichern. Neben einer Lohnuntergrenze gehört dazu auch die Stärkung des Prinzips „Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit“. Nach einer angemessenen Einarbeitungszeit im gleichen Unternehmen soll der Grundsatz „equal pay“ uneingeschränkt gelten. Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Zeitpunkt nach einem halben Jahr erreicht ist. Die konzerninterne Verleihung wollen wir begrenzen.

Über die Leiharbeit hinaus wollen wir faire Arbeitsbedingungen in allen Bereichen. Prekäre Arbeitsverhältnisse müssen aufhören! Praktikantinnen und Praktikanten dürfen nicht länger als billige oder kostenlose Arbeitskräfte ausgenutzt werden! Deshalb wollen wir Praktika rechtlich besser absichern. Ich empfinde es darüber hinaus als Skandal, dass es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt, die Vollzeit arbeiten und dennoch nicht von ihrem Lohn ohne staatliche Zuschüsse leben können. Das wollen wir ändern! Deshalb will die SPD eine ausreichende und faire Bezahlung aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicherstellen.

Mit freundlichem Gruß

Mechthild Rawert