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Frage von Wiebke H. •

Frage an Matthias Bartke von Wiebke H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Bartke,

um am 22/September die für mich richtige Entscheidung treffen zu können, würde ich gern von Ihnen wissen, wie Sie zu dem unseligen deutschen Kammerwesen stehen.

Jeder, der in Deutschland ein Gewerbe anmeldet, wird automatisch und ohne gefragt zu werden, Mitglied – besser gesagt Zwangsmitglied - einer Kammer. Die allermeisten dieser Zwangsmitglieder haben nicht den geringsten Nutzen von dieser Mitgliedschaft. Im Gegenteil, sie werden dazu verdonnert, teils horrende Beiträge zu zahlen, für die sie keinerlei Gegenwert erhalten. Und wenn sie dann tatsächlich einmal den Versuch unternehmen, Unterstützung von der jeweiligen Kammer zu erhalten, hält diese als erstes wieder die Hand auf und gewährt Hilfe ggf. nur gegen Bares. Das ist unverschämt! Außerdem erdreisten sich die Mitarbeiter – insbesondere die sog. höheren Chargen – permanent sich zu allen möglichen Themen, die sie in der Regel gar nichts angehen, in der Öffentlichkeit zu äußern und behaupten dann auch noch, "die Wirtschaft/das Handwerk usw." des jeweiligen Bundeslandes zu vertreten, was ganz sicher nicht zutrifft! Das drücken allein die Beteiligungszahlen bei den sog. Kammerwahlen aus.

Die Betreuung von Auszubildenden gehört, genau wie die allgemeine Schulbildung, in die Hand des Staates. Dafür bräuchte man also schon mal keine Kammern. Im- und Exportfirmen z.B., die Hilfe bei irgendwelchen Formalien brauchen, können sich diese auch woanders als bei den Handelskammern holen. (Dort müssen sie dafür auch extra zahlen.) Also braucht es auch dafür keine Anstalt öffentlichen Rechts mit Zwangsmitgliedern. Und wer meint, dass er unbedingt so etwas wie einen Berufsverband braucht, kann sich ja gern mit Gleichgesinnten zusammenschließen und einen entsprechenden Verein gründen, dem dann jeder der mag, freiwillig beitreten kann. Die Kammern jedenfalls halte ich für so unnötig wie einen Kropf!

Sind Sie bereit, sich in der nächsten Legislaturperiode dafür einzusetzen, dass das Kammerwesen abgeschafft wird?

Mit freundlichem Gruß

Wiebke Hildener

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Hildener,

die Diskussion um die Pflichtmitgliedschaft bei den Industrie- und Handelskammern ist und bleibt ein politischer Dauerbrenner. Die Zwangsmitgliedschaft von Gewerbetreibenden in der Handels- oder Handwerkskammer klingt auf dem ersten Eindruck anachronistisch.

Allerdings übernimmt die dadurch organisierte Selbstverwaltung der Wirtschaft derzeit vielfältige Aufgaben, welche sie vom Gesetzgeber zugewiesen bekommen hat: Die Betreuung von hunderttausenden von Auszubildenden, die Abnahme von jährlich hunderttausenden von Zwischen- und Abschlussprüfungen, die öffentliche Bestellung und Betreuung von Sachverständigen und die Beantwortung von Anfragen von Gerichten, Unternehmen und Privatpersonen nach geeigneten Sachverständigen, die Ausstellung von Exportdokumenten, die Durchführung von Existenzgründungsberatungen etc. Auch gutachterliche Stellungnahmen zu Förderanträgen, zur Eintragungsfähigkeit im Handelsregister oder zur Bauleitplanung müssten bei einem Wegfall des Kammerwesens von der öffentlichen Verwaltung organisiert werden.
 
Die Kammern in Deutschland sind vom Gesetzgeber als Selbstverwaltungseinrichtungen der Wirtschaft organisiert. Die rechtliche Grundlage wurde in der Vergangenheit mehrfach überprüft und auch durch das Bundesverfassungsgericht explizit bestätigt.
 
Insofern hält die SPD – unabhängig von der Notwendigkeit, die Kammertätigkeiten auch kritisch zu begleiten – die Pflichtmitgliedschaft für nach wie vor erforderlich und sachgerecht.

Das bedeutet nicht, dass an den bisherigen Strukturen nicht Verbesserungen erreicht werden können bzw. die jetzige Organisation und Finanzierung so bleiben muss. Ich werde Ihre Anregung gerne dahingehend aufnehmen, um hier die immer wieder kritische Bestandsaufnahme und kritische Weiterentwicklung des Kammerwesens aufmerksam zu machen und diese nach der Bundestagswahl auch innerhalb meiner Fraktion einzufordern.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Bartke