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Frage von Sami A. •

Frage an Martin Burkert von Sami A. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Burkert,

da Sie Abgeordneter eines bayerischen Wahlkreises sind und ich leidliche Erfahrungen an bayerischen Gerichten (FG Amberg und OLG Nürnberg - in Amberg war die Richterin eine ihrer Genossinnen) hinsichtlich der familienrechtlichen Situation sammeln konnte, interessiert mich Ihre Haltung zu Gutachten in familienrechtlichen Angelegenheiten besonders.

Gutachter werden in familienrechtlichen Fällen von Richtern direkt beauftragt. Daß es das Wort “Gefälligkeitsgutachten” gibt, ist dabei sicherlich kein Zufall. Man könnte zu der Auffassung kommen, daß es sich in vielen Fällen gar um ein symbiotisches Verhältnis zwischen Richtern und Gutachtern handelt. Daß Richter immer wieder die selben Gutachter beauftragen, sollte hierfür als ein Indiz gelten.

Neben der Beauftragung von Gutachtern ist die Qualität der meisten Gutachten ebenfalls höchst fragwürdig. So hat eine Studie von Prof. Dr. Werner Leitner ergeben, daß die überwiegende Mehrheit der Gutachten nicht die Mindestvoraussetzungen erfüllen. In meinem Fall wollten die Richter am OLG Nürnberg kein Gegengutachten zulassen, weil man die Gutachterin kenne und sie laut dem vorsitzenden Richter gute Arbeit leiste. Im Nachgang an das Verfahren habe ich das Gutachten an den o.g. Prof. Dr. Leitner geschickt, der das Gutachten als höchst mangelhaft eingestuft hat.
Bereits im Koalitionsvertrag der 18. Legislaturperiode war das Thema Gutachten in familiengerichtlichen Verfahren ein Thema, so hieß es:
“[...] die Qualität von Gutachten insbesondere im familiengerichtlichen Bereich verbessern” (S.154).

Warum gibt es keine zentrale Stelle die sich um die Vergabe von Aufträgen für Gutachten kümmert und die Gutachten regelmäßig Qualitätskontrollen unterzieht? Würden Sie sich dafür einsetzen, daß so eine Stelle geschaffen wird? Damit würde man ausschließen, daß Richter nur ihnen gefällige Gutachter beauftragen und gleichzeitig würde man die Qualität sichern.

Mit freundlichen Grüßen,

S. A.

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Sehr geehrter Herr A.,
aufgrund einer technischen Störung hat mich Ihre Anfrage vom 13. Juni erst jetzt erreicht. Dennoch möchte ich Ihnen gerne auf Ihre Anfrage antworten. Dafür würde ich Sie bitten mir Ihre Kontaktdaten für eine ausführliche Beantwortung unter folgender Emailadresse zu hinterlegen: martin.burkert@bundestag.de.
Ich bitte Sie die verspätet Reaktion zu entschuldigen. Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Mit freundlichen Grüßen,
Martin Burkert

Anmerkung der Redaktion
Dieser Text ist ein Standard-Textbaustein, der die Frage nicht beantwortet. Wir zählen sie daher nicht in der Statistik.
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Sehr geehrter Herr A.,

aufgrund technischer Probleme komme ich erst jetzt dazu Ihnen zu antworten. Ich bitte Sie diese verspätete Rückmeldung zu entschuldigen. Dennoch möchte ich Ihnen gerne ausführlich auf Ihre Frage antworten.

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestags hat sich in den letzten Monaten intensiv mit Vorschlägen zur Verbesserung der Qualität familiengerichtlicher Verfahren befasst. Neben der Fortbildung von Richterinnen und Richtern war auch die Aus- und Fortbildung von Gutachtern und die Qualitätssicherung von Gutachten Thema der Anhörungen. Die Kinderkommission ist noch in der Schlussabstimmung ihrer Stellungnahme. Sie soll bis zum Ende des Jahres vorliegen.

Generell wurde in den Anhörungen der Kinderkommission Handlungsbedarf deutlich: Es gibt zu wenige qualifizierte Gutachterinnen und Gutachter. In der universitären Forschung ist Rechtspsychologie kaum vertreten. Der Richter oder die Richterin bestellt den Sachverständigen nach eigenem Ermessen. Seit der Reform des Sachverständigenrechts müssen Beteiligte dazu angehört werden. Eine Beschwerde gegen einen Gutachter oder eine Gutachterin ist aber erst nach Abschluss des Verfahrens möglich. Einige Experten nannten außerdem Mängel in der Abfassung von Gutachten, so werde beispielsweise nicht immer die Tatsachenbeschreibung von ihrer Interpretation getrennt.

Ob eine zentrale Stelle, wie von Ihnen angeregt, diese Mängel abstellen kann, kann ich nicht beurteilen. Da die Justizverwaltung zunächst einmal Ländersache ist, wäre eine solche Lösung auch verfassungsrechtlich schwierig umzusetzen. Sicherlich sinnvoll ist es, den Prozess zur Qualifizierung von psychologischen Sachverständigen weiterzuentwickeln. Dazu gehören die verpflichtende Fort- und Weiterbildung von Sachverständigen und der Ausbau der dazugehörigen Strukturen. Wichtig ist darüber hinaus, die Rechtspsychologie an den Universitäten zu stärken, um die Qualitätssicherung über Forschung in dem Bereich voranzutreiben. Die Kinderkommission hält es zudem für sinnvoll, systematisch Best-Practice-Beispiele zu entwickeln, z.B. über Peer-Review der Gutachter. Das hätte einen ähnlichen Effekt wie die von Ihnen vorgeschlagene zentrale Stelle, nur eben dezentral, ohne Konflikte zwischen Bund und Ländern und ohne einen großen Verwaltungsaufwand.

Richterinnen und Richter in Familiengerichtsverfahren sollten sich überdies ebenfalls verpflichtend fortbilden (analog zu Insolvenzrichtern), um die Qualität von Gutachten auch aufgrund eigener Fachlichkeit besser einschätzen zu können. Die Kinderkommission wird den Bundestag, die Bundesregierung und die Länder auffordern, in ihren Zuständigkeitsbereichen entsprechend tätig zu werden.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Burkert