Herr Ferber, sind Sie wirklich für die völlige Ablehnung das Lieferkettengesetzes im Europäischen Parlament? Wie verträgt sich das mit christlichem Glauben? Misereor ist z.B. für die Annahme.
Das habe ich heute in der Schwäbischen Zeitung gelesen.
Sehr geehrte Frau B.,
haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben zum europäischen Lieferkettengesetz.
In der vergangenen Legislaturperiode hat der europäische Gesetzgeber ein Lieferkettengesetz verabschiedet, das sich in der Umsetzungsphase als hochproblematisch herausgestellt hat.
Wenngleich das Lieferkettengesetz löbliche Ziele verfolgen mag, sind viele der Bestimmungen unverhältnismäßig und haben Unternehmen vor große Herausforderungen in der Umsetzung gestellt. Wenn sich im europäischen Lieferkettengesetz vor allem gut gemeinte, aber schlecht gemachte Bestimmungen wiederfinden, drohen unbeabsichtigte Nebeneffekte, die gerade auch für die Menschen in Drittstaaten problematisch sein können. Am Ende des Tages muss das Lieferkettengesetz ein hohes Schutzniveau für Menschen und Umwelt in Drittstaaten bieten, aber vor allem auch für europäische Unternehmen umsetzbar sein. Sonst droht Schaden sowohl für unsere Lieferketten, unsere Unternehmen, unseren Wohlstand und die Menschen, die das Lieferkettengesetz eigentlich schützen sollte.
Wenn die Umsetzbarkeit nicht gegeben ist oder durch ein Zivilklage-Regime, das selbst Aspekte umfasst, über die ein Unternehmen keine direkte Kontrolle hat, unkalkulierbare Rechtsrisiken entstehen, kann es schnell passieren, dass sich europäische Unternehmen gänzlich aus Drittstaaten zurückziehen. Wenn europäische Unternehmen aber in Entwicklungsländern beispielsweise von chinesischen Konkurrenten abgelöst werden, die sich im Zweifel deutlich weniger um Menschenrechte, Arbeits- und Umweltschutz scheren als europäische Unternehmen, ist für die Menschen vor Ort nichts gewonnen. Es gilt also auch die mittelbaren Folgen in einer sich dynamisch verändernden Welt mitzubedenken. Das ist in der Vergangenheit zu kurz gekommen und wir haben bei der Umsetzung gesehen, dass viele Unternehmen - gerade mittelständische Unternehmen - als Konsequenz aus dem Lieferkettengesetz beschlossen haben, Vertragsbeziehungen zu beenden. Das war nicht im Sinne des Erfinders.
Wenn sich ein Gesetz in der Umsetzung also so problematisch herausstellt, muss man überlegen, wie man dem Problem beikommen kann. In den Beratungen hat sich jetzt der Weg herauskristallisiert, dass man das Gesetz vereinfacht und vor allem Großunternehmen in die Pflicht nimmt, die einerseits die Kapazitäten haben, um die Bestimmungen tatsächlich umzusetzen und bei denen es andererseits auch wirklich einen Unterschied macht. Damit bleibt der Kern des Lieferkettengesetzes erhalten und es wird eine effektive Umsetzung ermöglicht. Diesen Weg werde ich unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Ferber, MdEP

