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Manuela Rottmann
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Frage von Rudolf G. •

Frage an Manuela Rottmann von Rudolf G. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Rottmann,

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagt, momentan könne niemand sagen, wann der Sprungpunkt zu einer exponentiellen (https://de.wikipedia.org/wiki/Exponentieller_Prozess) Entwicklung der Coronainfektionen entstehe!
https://www.welt.de/politik/deutschland/article214255322/Corona-Zweite-Welle-ist-da-Markus-Soeder-warnt-vor-Sprungpunkt.html

Das Infektionsgeschehen entwickelt sich über einen längeren Zeitraum bereits dynamisch, ohne dass wirksame Massnahmen, so wie sie nach dem Verlangen von Wissenschaftlern/Experten durchgeführt werden müssten, veranlasst würden, bzw. wieder abgeschaft werden sollen (wurden) wie z.b. der Testzwang für Urlaubsrückkehrer. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html

In Österreich beginnt bereits eine Klagewelle gegen potentiell Verantwortliche der Infektionswelle z.B. gegen den Ort Ischgl. https://www.n-tv.de/panorama/06-40-Ischgl-Infizierte-verklagen-Touristenort-auf-Schadenersatz--article21626512.html

Sehen Sie als Verantwortliche im Rechtsausschuss eine Klagewelle auf das Gesundheitsministerium zu kommen bzw. direkt gegen dessen Chef Jens Spahn persönlich??
Wie würde sich eine Klagewelle auf das Ansehen der Merkelregierung bzw. der Regierungsparteien bei den Wählern auswirken?
Wie hoch schätzen Sie mögliche Schadenersatzforderungen zum jetzigen Zeitpunkt?
Sehen Sie auch den Gesundheitsausschuss gesamtschuldnerisch mithaftbar für nicht durchgeführte Massnahmen und deren Konsequenz der Masseninfektion von Mitbürgern, die er eigenständig (ohne Gesundheitsminister(ium)) hätte veranlassen (erzwingen) können?

Sehen Sie im Rechtsausschuss (auch Sie persönlich) generell dringenden Handlungsbedarf in dieser ungebremsten Gesundheitsapokalypse, falls ja mit welcher Zielsetzung?

Vielen Dank.
Rudi

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Gröger,

vielen Dank für Ihre Zuschrift!
Über eine beabsichtige Klagewelle gegen das Gesundheitsministerium oder Jens Spahn ist mir nichts bekannt. Eine Schätzung zur Höhe möglicherweise geltend gemachter Ansprüche kann ich deshalb auch nicht abgeben, ebenso wenig wie ich einschätzen kann, wie sich solche Klagen auf Ansehen von Regierung und Politik auswirken würden.
Dies dürfte aber nicht unerheblich davon abhängen, inwieweit sie juristisch zulässig und begründet sind und welche Erfolgsaussichten sie damit haben. Eine Haftung des Gesundheitsausschusses scheitert schon daran, dass er nur die Beschlüsse des Bundestages vorbereitet. Eine Haftung des Deutschen Bundestags als gesetzgeberische Körperschaft, wegen legislativen Unterlassens im Rahmen des Staatshaftungsrechts ist wiederum nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichthofes allerdings eher abwegig.
Eine Haftung des Gesundheitsministeriums für Versäumnisse seiner Beamt*innen gem. §839 BGB i.V.m. Art. 34 GG könnte zwar angedacht werden. Jedoch ist fraglich, ob hier wenigstens Fahrlässigkeit festgestellt werden kann. Spätestens die Bestimmung der Kausalität, also ob das Unterlassen von Maßnahmen ursächlich für die eingetretenen Schäden ist, dürfte äußerst problematisch werden.

Eine „ungebremste Gesundheitsapokalypse“ durch das Coronavirus vermag ich in Deutschland nicht zu erkennen, insbesondere im internationalen Vergleich stehen wir sehr gut da. Auch wenn die ergriffenen Maßnahmen bzw. manche Versäumnisse zu Beginn des Jahres zum Teil kritikwürdig sind, hat das Krisenmanagement von Bund und Ländern doch dazu geführt, die Pandemie hierzulande deutlich abzuschwächen. Die zuletzt wieder gestiegenen und nun auf recht hohem Niveau konstant bleibenden Infektionszahlen, zeigen wie wichtig eine ständige Überprüfung der Lage und der geltenden Maßnahmen durch Regierung und Gesetzgeber ist. Der Balanceakt zwischen der Achtung der Grundrechte einerseits und dem Schutz der Gesundheit andererseits, muss dabei täglich von neuem gewagt werden. Seine Beurteilung erfolgt dabei immer anhand der Maßstäbe der Verhältnismäßigkeit.

Ich versichere Ihnen, dass auch wir Grünen als Oppositionskraft weiterhin die Gefahr durch das Coronavirus sehr ernst nehmen und das Handeln der Regierung zu seiner Eindämmung genau überprüfen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Manuela Rottmann

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