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Manuela Ripa
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Frage von Felix S. •

Werden Sie eine Verfassungsklage einreichen um die Sperrklausel zu ändern, damit Gruppen unter 5% mit beratender Stimme in Parlamente einziehen können und so den Wählerwillen besser umsetzen?

Sperrklauseln sind grundsätzlich zulässig hat das Verfassungsgericht festgestellt. Diese dürfen aber nicht strenger sein, als es nötig ist um das Ziel der Regierungsfähigkeit zu fördern. Dafür ist einzig die Einschränkung des Stimmrechtes nötig und nicht der Ausschluss vom Wähler gewollter Politiker aus dem Parlament. Berlin hatte bis 1990 beratende Abgeordnete im Bundestag. Beratende MdB & MdL können Reden halten, Anträge unterstützen, Fragen stellen, in Ausschüssen mitarbeiten und Netzwerkarbeit leisten... Einzig bei der Kanzlerwahl und bei einfachen Gesetzen wäre ein Entzug des Stimmrechtes denkbar. Beim Grundgesetz sollen alle abstimmen dürfen, damit die Hürde für eine 2/3 Mehrheit hoch ist. Bei großen Koalitionen kann das die Handlungsfähigkeit der Opposition steigern, da Untersuchungsausschüsse leichter eingesetzt werden können. Opposition hat selten etwas vom Stimmrecht, da Koalitionen meist die Mehrheit haben. Das Argumetieren und Netzwerken vor Abstimmungen ist wichtiger.

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Antwort von
ÖDP

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Für den Einzug ins Europäische Parlament gibt es ja in Deutschland zum Glück keine Sperrklausel. Sowohl die Fünf-Prozent-Hürde als auch die Drei-Prozent-Hürde wurden 2011 bzw. 2014 vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt, so dass die Europawahl 2014 die erste ohne Sperrklausel war. Damals hat die ÖDP das erste Mal ein Mandat im EU-Parlament errungen.

Allerdings plant die neue Ampel-Regierung, über den Umweg des Europäischen Wahlrechts, wieder eine Sperrklausel einzuführen. Ein Passus im vor wenigen Tagen veröffentlichten Koalitionsvertrag lässt auf jeden Fall derartiges befürchten. Dagegen werden wir uns natürlich – gemeinsam mit anderen kleinen Parteien im EU-Parlament – massiv zur Wehr setzen. Wenn es sein muss, werden wir auch wieder den juristischen Weg beschreiten.

Was die Bundestagswahl anbelangt, so sehe ich die Einführung von Abgeordneten mit rein beratender Funktion kritisch, weil diese im Parlamentsbetrieb mittels Geschäftsordnungstricks leicht ausgebremst werden könnten und letztlich immer nur Abgeordnete zweiter Klasse bleiben würden. Die Gleichheit der Wahl und die Chancengleichheit der Parteien könnten mit dieser Maßnahme eben gerade nicht in größerem Umfang wiederhergestellt werden, so dass dies kein milderes Mittel wäre und wir deshalb davon ausgehen, dass auch ein Verfassungsgericht keine Verpflichtung des Gesetzgebers zu einer solchen Wahlrechtsänderung erkennen würde.

Besser geeignet wäre hingegen ein Wahlsystem mit Ersatzstimme bzw. Dualwahl, weil es die Gleichheit der Wahl zu fast 100 Prozent wiederherstellen kann, ohne die Handlungsfähigkeit des Parlaments zu gefährden. Letzteres tut Ihr Modell zwar auch, aber nicht Ersteres. Die ÖDP fordert schon seit 2005 in ihrem Bundespolitischen Programm, dass überall dort, wo noch Sperrklauseln im Einsatz sind, eine Ersatzstimme eingeführt werden muss.

Mit freundlichen Grüßen

Manuela Ripa

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