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Lisa Badum
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Cornelia W. •

Werden Sie sich für Studien über Bäume im Einflussbereich von Mobilfunksendeanlagen einsetzen?

Sehr geehrte Frau Badum,
die Studie „Radiofrequency radiation injures trees around mobile phone base stations“ über einseitig beginnende Kronenschäden in Bamberg und Hallstadt weist auf einen Zusammenhang zwischen Mobilfunkstrahlung und Baumschäden hin.
https://www.researchgate.net/publication/306435017_Radiofrequency_radiation_injures_trees_around_mobile_phone_base_stations
Am 07.11.19 wurde die Studie auf dem Internationalen Workshop "Environmental effects of electric, magnetic and electromagnetic fields: Flora and fauna" vorgestellt.
https://kompetenzinitiative.com/wissenschaft/international-workshop-radiofrequency-radiation-injures-trees/
Dokumentationen in über 100 Kommunen untermauern den Verdacht, dass Mobilfunksender Bäume schädigen. Beispiele hier: https://kompetenzinitiative.com/?s=Baumsch%C3%A4den
Cornelia Waldmann-Selsam

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Cornelia W.,

vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner politischen Arbeit.

Dieses Thema bedarf auch aus meiner Sicht einer genauen Beachtung, weil hier zwei Aspekte eine wichtige Rolle spielen: Der Ausbau von Infrastruktur für Zukunftstechnologien auf der einen Seite und der Schutz der Gesundheit und der Umwelt auf der anderen Seite. Die Grüne Bundestagsfraktion sieht sich in der Verantwortung, die Potentiale neuer Technologien genauso in den Blick zu nehmen wie mögliche Gesundheitsgefahren.

Eine gesundheitliche Unbedenklichkeit vorausgesetzt, können digitale Technologien unsere Lebensqualität beispielsweise durch Verkehrsvermeidung und ressourcenschonende Geschäftsprozesse steigern. In der digitalen Welt von heute entscheidet der Zugang zum Breitbandinternet über die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben.

Der Fokus der Grünen Breitband-Strategie liegt auf dem Ausbau eines intelligent ausgebauten Glasfasernetzes. Eine gut ausgebaute terrestrische Glasfaserinfrastruktur kann den Bau vieler Mobilfunkmasten vermeiden und so die Strahlungsbelastung insgesamt reduzieren. So können etwa Mobilfunkmasten mit Glasfaser versorgt werden, statt zwischen den Masten Richtfunkstrecken im Mikrowellenbereich aufzubauen. In Bezug auf den Breitband-Ausbau im Mobilfunk-Bereich sind wir der Ansicht, dass zunächst für einen flächendeckenden Ausbau des LTE-Netzes gesorgt werden muss, bevor einem 5G-Ausbau Priorität eingeräumt wird. Ein flächendeckender Ausbau der LTE-Technologie hilft dabei, die lokale Strahlenbelastung durch eigene Mobiltelefone zu senken. Denn schwach ausgebaute Gebiete treiben durch die dauernde Netzsuche von Mobiltelefonen deren notwendige Sendeleistung in die Höhe.

Beim Ausbau des 5G-Netzes muss im Sinne des Vorsorgeprinzips ein hohes Schutzniveau für Umwelt und Gesundheit bei elektromagnetischen Feldern gewährleistet sein. Alle wissenschaftlichen Quellen, die hohen wissenschaftlichen Standards entsprechen, sollen zur Grundlage weiterer Entscheidungen bezüglich des 5G-Ausbaus gemacht werden. Dies schließt gegebenenfalls eine vorsorgeorientierte Anpassung der Grenzwerte und der Ausbauplanung ein. In der Kleinen Anfrage "Auswirkungen von hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung auf die menschliche Gesundheit und Umwelt" (Bundestags-Drucksache 19/18445, https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/184/1918445.pdf) haben wir die Bundesregierung im März 2020 zu den Auswirkungen von hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung auf die menschliche Gesundheit und Umwelt befragt. Die Antwort der Bundesregierung zeigt, dass zu vielen postulierten Wirkmechanismen eine umfangreiche Studienlage vorhanden ist. Mögliche Wirkungen wie DNA-Schäden, Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit oder Störung des Immunsystems konnten in bisher durchgeführten Studien nicht nachgewiesen werden.

Allerdings zeigt die Bundesregierung in ihrer Antwort auch, dass es Bereiche gibt, in denen die Studienlage lückenhaft ist und Fragen aufwirft. Für einige Bereiche, in denen ein Wirkmechanismus von elektromagnetischer Strahlung auf die Gesundheit oder Umwelt postuliert wurde, ist die Studienlage nach wie vor dünn. Dies betrifft etwa die Bereiche oxidativer Stress, Hirnströme oder Auswirkungen auf Insekten. Es ist gut, dass die Bundesregierung in vielen dieser Bereiche bereits Forschungsaufträge vergeben hat oder dies plant. Allerdings sollten über Literaturstudien hinaus auch methodisch einwandfreie naturwissenschaftliche Wirkstudien in Auftrag geben werden, sofern solche bisher nicht existieren und von keiner anderen Institution beauftragt wurden.

Grenzwerte zum Schutz vor elektromagnetischer Strahlung sind laut Bundesregierung so festzulegen, dass sie vor „allen wissenschaftlich nachgewiesenen gesundheitlichen Wirklungen“ schützen. Hier legt die Bundesregierung ein sehr enges Verständnis von Vorsorge an den Tag. Wir sprechen uns dafür aus, über nachgewiesene gesundheitliche Wirkungen hinaus, auch fundierte Hinweise aus methodisch einwandfreien Studien in den Prozess zur Festlegung von Grenzwerten einbezogen werden. Generell plädieren wir dafür, Grenzwerte für nicht ionisierende Strahlung auf das niedrigste technisch machbare Niveau abzusenken und insbesondere einen Ausbau des Mobilfunknetzes so zu gestalten, dass Schäden an Umwelt und Gesundheit nach dem vorliegenden Wissensstand ausgeschlossen werden können. Gerade sensible Personengruppen wie Schwangere und Kinder müssen bei den Folgen des Mobilfunkausbaus besonders berücksichtigt werden.

Im Rahmen dieser Kleinen Anfrage hat die Bundesregierung der Grünen Bundestagsfraktion berichtet, dass im November 2019 ein Internationaler Workshop zum Einfluss elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder auf die belebte Umwelt (inklusive 5G) stattgefunden hat.  Der Workshop hat festgestellt, dass der Wissensstand dringend aktualisiert werden muss. Auf dem internationalen interdisziplinären Workshop wurden unter Beteiligung von Experten aus dem Strahlenschutz, dem Umweltschutz sowie Zoologie, Botanik und Ökologie mögliche Umweltauswirkungen anthropogener elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder aller Frequenzen (Stromleitungen, Elektromobilität und induktives Laden, drahtlose Kommunikation inklusive 5G) auf Tiere, Pflanzen und Ökosysteme zusammengetragen und diskutiert. Ein vollständiger Bericht zum Workshop und dessen Ergebnissen können Sie auf den Internetseiten des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) unter

https://www.bfs.de/DE/themen/emf/kompetenzzentrum/forschung/mobilfunk/workshop-umwelt.html eingesehen.

Ich stimme Ihnen daher zu, dass es auf diesem Gebiet sicherlich noch einiges an Forschungsbedarf gibt. Aus meiner Sicht ist allerdings der dramatische Klimawandel und die damit zusammenhängende Dürre aktuell das größte Problem für den deutschen Wald. Durch die Klimakrise ist unser Wald in seiner Existenz bedroht. Stürme, Hitzewellen und lange Dürreperioden schädigen den Wald schon seit Jahren massiv. Wie wir den Wald in Zukunft besser schützen können und damit klimaresilienter für die Zukunft machen, habe ich zusammen mit Robert Habeck und einigen meiner Fraktionskolleg*innen hier aufgeschrieben: https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/biologische_vielfalt/PDF/2108_AP-Zukunft-Wald.pdf

Weitere Informationen über die Grüne Position zum Waldschutz finden Sie hier: www.gruene-bundestag.de/themen/biologische-vielfalt-naturschutz/klimaschutz-ist-waldschutz-ist-klimaschutz

Mit freundlichen Grüßen

Lisa Badum

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