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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Melanie B. •

Frage an Konstantin von Notz von Melanie B. bezüglich Energie

Wie werden Sie am 3.7. im Bundestag stimmen, wenn das neue Kohleausstiegsgesetz verabschiedet werden soll? Die Mitglieder der Kohlekommission kritisieren, dass es hinter dem ausgehandelten Mindestkompromiss zurückbleibt. Die nun vorgesehenen Fördermengen liegen deutlich höher als im Entwurf vereinbart.
Zudem zementiert es Kohleverstromung für 18 weitere Jahre, obgleich sie schon jetzt nur durch Subventionen von Steuerzahlenden wirtschaftlich ist. Durch öffentlich-rechtliche Verträge mit RWE und LEAG würde ein früherer Ausstieg (und er wird kommen) die Steuerzahlenden > 4 Milliarden Eur kosten, Geld welches wir dringend für den sozialverträglichen ökologischen Wandel brauchen werden, insbesondere weil wir schon jetzt die Mittel künftiger Generationen für Konjunkturhilfen ausgeben.
Bitte denken Sie an unsere Kinder/Enkel und die Bundesländer an den Küsten, welche lt. wissenschaftlicher Studien stark vom Meeresspiegelanstieg betroffen ist, wenn wir nicht berherzt umsteuern. Oder an die Dürre in vielen Bundesländern.
Wenn Sie für diese Vorlage stimmen, wird Sie das die Wählerstimmen einer ganzen Generation kosten und an Ihnen haften wie Hartz-IV an der SPD. Es gibt inzwischen Alternativen (Klimaliste, Radikal Klima) und immer noch die Linke.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Dr. Bergmann,

haben Sie besten Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit als grüner Bundestagsabgeordneter. Über beides habe ich mich sehr gefreut.

Mit ihrem nun vorgelegten Gesetzentwurf zum Kohleausstieg schafft es die Bundesregierung nicht, den Kohlekompromiss umzusetzen. Im Gegenteil: Die Abschaltungen kommen bei weitem zu spät und zu langsam. Und mit Datteln 4 ist jetzt sogar noch ein neues Kohlekraftwerk ans Netz gegangen. Das ist klimapolitisch unverantwortlich. Echter Klimaschutz braucht einen Kohleausstieg, der schnell mit großen CO2-Einsparungen beginnt und der vor 2038 beendet ist. Für den Kohleausstieg benötigen wir einen ambitionierten Ökostromausbau. Den aber verzögert und verhindert die Bundesregierung.

Über ein Jahr nach Abschluss der Kohlekommission wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Kohleausstieg nun endlich in den Bundestag eingebracht. Leider ist der Entwurf, da gebe ich Ihnen Recht, weit entfernt von den Empfehlungen der Kohle-Kommission.

Damit verpasst die Regierung die Chance, einen gesellschaftlichen Großkonflikt zu beenden. Für den Klimaschutzeffekt, aber auch für die Planungssicherheit in den Regionen, ist es wichtig, dass der Kohleausstieg schnell beginnt und der Ausstoß von CO2 stetig verringert wird. Am Ende sollten nur noch wenige Kraftwerkkapazitäten abgeschaltet werden müssen.

Die Kohlekommission hatte in ihrem Ergebnis explizit festgehalten, dass stetige Abschaltungen vorgenommen werden müssen. Statt das umzusetzen, werden die Braunkohlekraftwerke jetzt hauptsächlich Ende 2028/29 und sogar erst Ende 2038 abgeschaltet. Zwar sind zwei Revisionsmöglichkeiten in 2026 und 2029 vorgesehen, nicht aber in 2023, so wie es die Kohlekommission vorgeschlagen hatte. Das wäre aber für ein schnelles Reagieren zentral.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Kohleausstieg ist nicht die Umsetzung der Ergebnisse der Kohlekommission und damit nicht Paris-konform. Deutschland verfehlt sein 2030-Klimaziel. Mit Datteln 4 wurde inzwischen sogar entgegen der ausdrücklichen und einvernehmlichen Empfehlung der Kohlekommission ein neues Steinkohlekraftwerk ans Netz genommen - ein fatales Signal. Denn jede Tonne CO2, die nicht mehr freigesetzt wird, ist gut für den Klimaschutz.

Zusätzlich lässt die Bundesregierung den Ökostromausbau bewusst zusammenbrechen. Statt den Ausbau von Erneuerbaren Energien voranzutreiben, streitet sie über mögliche Instrumente. Bis heute hat die Bundesregierung nicht aufgezeigt, wie sie ihr eigenes Ziel von 65 Prozent Anteil der erneuerbaren Energien bis 2030 eigentlich erreichen möchte. Ohne einen weiteren ambitionierten Ökostromausbau kann der Klimaschutz aber nicht gelingen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Deutschland schafft mit dem Kohleausstiegsgesetz den Einstieg in den Kohleausstieg. Das ist dem jahrelangen Druck von Umweltverbänden und Grünen zu verdanken. Dass sich die Kohlekommission mit den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen auf einen Kompromiss geeinigt hat, war ein großer Erfolg. Umso fataler ist es, dass die Bundesregierung jetzt ohne jede Not und zu Lasten des Klimaschutzes von den Empfehlungen der Kohlekommission abweicht. Sie verlässt damit einen gesellschaftlich breit getragenen Kompromiss und gefährdet nicht nur den Klimaschutz, sondern auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Es bleibt dabei: Wir brauchen einen Kohleausstieg, der schnell beginnt, einen gleichmäßigen und stetigen Abschaltplan und einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien. Das ist die Voraussetzung für das dringend benötigte Erreichen der Klimaziele und ein tatsächlich ökologisches Wirtschaften von morgen.

Mit besten Grüßen nach Bremen!
Konstantin v. Notz

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