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Klaus-Peter Willsch
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Frage von Peter F. •

Frage an Klaus-Peter Willsch von Peter F. bezüglich Finanzen

Guten Tag Herr Willsch,

zu Beginn diesen Jahres ist eine Änderung des EStG in Kraft getreten, dem Vernehmen nach ein Kompromiss in langen Verhandlungen mit der SPD. Es sollte wohl ursprünglich darum gehen, daß Totalverluste aus Aktiengeschäften u.a., warum auch immer, nicht mehr mit Gewinnen aus selbigen verrechnet werden sollten.

Der daraus resultierende Kompromiss mit den entsprechenden Ergänzungen im EStG hat nun zur Folge, daß ALLE Verluste aus Termingeschäften, wie z.B. Futures, Optionen, CFD´s nur noch bis zu einer Höhe von 10k€ je Jahr gegen Gewinne verrechnet werden können. Nach Antworten von Frau Tillmann sei dies von der CDU reinverhandelt worden und soll den "Kleinanleger" ... ich mag es kaum schreiben "schützen".

Dies führt nun zu der Situation, daß ich Einkommensteuer auf etwas abführen müsste, was ich garnicht habe.

Ein Beispiel:
Durch das Handeln mit oben genannten Termingeschäften und auch dazu gehörigen Derivaten sieht meine Jahresendbilanz so aus:

Gewinne: 60.000€
Verluste: 50.000€

Nach jetziger Rechtslage würden 10.000€ mit der Abgeltungssteuer (25%) zu versteuern sein, also 2.500€. Nach neuer Rechtslage dürfte ich nur, weil ich bin dann wohl anscheinend ein böser "Großanleger" der nicht schützenswert ist, sondern bestraft gehört, 10.000€ als Verlust geltend machen. Bedeutet, statt der 10.000€ Übersuss müsste ich nun 50.000€ (60.000€ - 10.000€) versteuern, also 12.500€. Auf meinen Überschuss von 10.000€ zahle ich demnach 12.500€ Steuern. Stellen Sie sich vor, ihre Firma hätte einen Steuersatz von 125%!

Herr Willsch, ich bitte hier um ihre Stellungnahme ob es auch in ihrem Sinne ist, Bürger die aktiv etwas für ihr Auskommen und ihren Lebensabend tun, zu bestrafen? Verbunden mit der Aufforderung diesen Unsinn wieder rückgängig zu machen! Vielen Dank!

Die ARD Boerse hat auch bereits berichtet: https://boerse.ard.de/anlagestrategie/steuern/verlustverrechnung-fuer-termingeschaefte-wird-erschwert100.html

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Fischer,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Die Berücksichtigung von Totalverlusten aus bestimmten privaten Kapitalanlagen wurde im Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen vom 21. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2875) neu geregelt.

Die neue Regelung des § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG sieht vor, dass Verluste aus Termingeschäften, insbesondere aus dem Verfall von Optionen, nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Erträgen aus Stillhaltegeschäften ausgeglichen werden können. Dabei ist die Verlustverrechnung auf jährlich 10.000 Euro beschränkt. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften oder mit Stillhalteprämien verrechnet werden. Die Verluste können nicht mit anderen Kapitalerträgen verrechnet werden. Die Regelung findet für Verluste aus Termingeschäften, die nach dem 31. Dezember 2020 eintreten, Anwendung.

Der besagte § 20 Abs. 6 EStG sollte bereits im Elektromobilitätsgesetz (JStG 2019) ergänzt werden, wurde aber dort nach wochenlangen zähen Verhandlungen mit unserem Koalitionspartner SPD herausgenommen. Die SPD wollte im Rahmen des JStG 2019 sogar eine komplette Nichtberücksichtigung dieser Verluste: Bei den Termingeschäften sollte durch eine komplette gesetzliche Nichtberücksichtigung eines Optionsverfalls die bis 2016 geltende Finanzverwaltungspraxis gesetzlich manifestiert werden und die BFH-Rechtsprechung vom 12. Januar 2016 (BStBl. I 2017 II, S. 264) überschrieben werden. Danach wären Verluste dann in Gänze nicht anzuerkennen gewesen, wenn der Steuerpflichtige eine Option bei Fälligkeit verfallen lassen würde. Das konnten wir verhindern. Die jetzige Lösung ist ein Kompromiss: die Verluste werden anerkannt, aber nur bis zu einer Höhe von 10.000 Euro. Damit wollten wir zumindest die Kleinanleger davor schützen, einen Totalverlust durch beispielsweise einen Forderungsausfall komplett nicht geltend machen zu können.

Die Unionsfraktion spricht sich grundsätzlich gegen die Nichtberücksichtigung von Verlusten im Rahmen des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 EStG aus und hat in den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner auch entsprechend argumentiert: Wie wir auch schon nach dem Beschluss im Finanzausschuss öffentlich formuliert haben, halten wir eine vollständige Gleichbehandlung von Gewinnen und Verlusten - unabhängig davon, ob Totalverlust oder einfacher Verlust - weiterhin für sachgerecht. Wir mussten aber mit dem Koalitionspartner einen Kompromiss finden, dem wochenlange Verhandlungen vorausgegangen waren. Ansonsten hätte dieser möglicherweise alle weiteren, wichtigen Steuergesetze blockiert. Unser Koalitionspartner wollte Totalverluste steuerlich überhaupt nicht anerkennen und bestand zunächst rigoros auf einem Nichtanwendungsgesetz zur neuen BFH-Rechtsprechung.

Die Regelung ist dank der Hartnäckigkeit der Unionsfraktion aber zumindest besser als die bis 2016 bestehende Verwaltungsauffassung und auch besser als das Vorhaben des Bundesfinanzministers, die steuerliche Anerkennung von Totalverlusten vollständig auszuhebeln.

Wir werden die von Ihnen angeführten Argumente und Beispiele jedoch gerne aufnehmen und nochmal auf unseren Koalitionspartner zugehen. Wie zuvor bereits beschrieben, gilt die Beschränkung bei Termingeschäften und Optionsgeschäften erst nach dem 31.12.2020. Damit haben wir noch etwas Zeit für neue Verhandlungen. Wir hoffen, dass wir auch mit Ihren Argumenten den Koalitionspartner nochmal umstimmen können.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Peter Willsch MdB

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