Klaus Lederer
Klaus Lederer
DIE LINKE
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Frage von Peter B. •

Frage an Klaus Lederer von Peter B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Als neue Partei im Abgeordnetenhaus war es vor 5 Jahren relativ einfach, Akzente zu setzen, sich ein wenig von den etablierten Parteien zu unterscheiden, mit Elan und einer gewissen Unbedarftheit an die Aufgabenbewältigung heranzugehen.
Wie wollen sie mit dafür sorgen, dass die Unterscheidbarkeit der Linkspartei erhalten und der "rote Faden" einer sozialistischen Partei sichbar bleibt,. sich keine Abnutzungserscheinungen einschleichen, Verlässlichkeit praktiziert wird und der Wiedererkennungswert nicht verloren geht?

Klaus Lederer
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Balsam,

es war schon vor fünf Jahren nicht ganz so einfach, sich in der Pleitestadt Berlin von den anderen Parteien abzusetzen. Denn zumindest die Grundsituation unserer Stadt war für alle gleich: Pleiten, Pannen und Vetternwirtschaft durchzogen den Sektor unserer städtischen Unternehmen. Die Haushaltspolitik war eine solche mit der Abrissbirne: planlos mit der FOrmel Pi mal Daumen, ohne Wirkungen, weil die üblichen Klientel nach wie vor bedient wurden, verheerend für die soziale Infrastruktur. Es ging also erst einmal darum, aufzuräumen. Diese Aufgabe hätten alle politischen Kräfte leisten müssen. Wir haben sie geleistet: mit sozialem Augenmaß, verbunden mit mehr Demokratie für die Berlinerinnen und Berliner. In den öffentlichen Unternehmen wurde Demokratie überhaupt erst wieder eingeführt. Dieser Prozess muss weitergeführt werden. Und bitte helfen Sie uns bei unserem Weg, indem Sie am 17. September 2006 auch an der Volksabstimmung teilnehmen, um die Hürden für Volksentscheide abzusenken und den Verbotskatalog auszumisten!

Für die kommenden fünf Jahre treten wir mit einem Aufbauprogramm an. Es sollen die öffentlichen Unternehmen weiter auf eine belastbare ökonomische Grundlage gestellt werden, um ihre Leistungen für die Stadt zu sichern. Es geht also nicht einfach um den Ruf "Keine Privatisierung". Wer Privatisierungen wirklich verhindern will, braucht Konzepte und Ideen, um sie wieder durch die Berliner Politik steuern zu können. Sie dürfen nicht immer knapp vor der Insolvenz stehen, wie es zum Teil jetzt der Fall ist.

Wir wollen das Bildungssystem nach dem Prinzip Chancengleichheit und Teilhabe neu organisieren. Nachdem mit Schulgesetz und Kitareform erste Schritte gegangen sind, wollen wir jetzt versuchen, modellhaft gemeinsames Lernen zu ermöglichen. Das Ziel muss sein, eine Schule zu schaffen, die Spaß am Lernen erzeugt, die ein Lebensort für die Schülerinnen und Schüler ist und Perspektiven eröffnet. Niemand darf - wie jetzt - schon in der 4. Klasse wissen und vermittelt bekommen, dass er oder sie niemals die Chance auf einen Ausbildungsplatz haben wird.
Schließlich muss es darum gehen, die unwürdigen Hartz-IV-Jobs in reguläre Beschäftigung umzuwandeln. Öffentlich geförderte Arbeit zu schaffen ist fruchtbringender als Arbeitslosigkeit und Chancenverluste für viele Menschen zu verwalten. So haben auch die Menschen in der Stadt mehr davon, wenn soziokulturelle Hilfen und andere Arbeiten, die es zu wenig gibt, von sozial sicher beschäftigten, motivierten Menschen geleistet werden. Auch sonst müssen die vorhandenen Spielräume so weit wie möglich ausgenutzt werden.

Die Situation in der Stadt ist nicht rosig. Berlin wird noch auf Jahre eine arme Stadt sein. Für eine demokratisch-sozialistische Partei muss es das Ziel sein, die Handlungsfähigkeit der Stadt im Interesse derjenigen zu erhalten, die am meisten auf sie angewiesen sind. Sozialer Zusammenhalt ist ein Wert an sich - gerade in einer großen, pulsierenden Metropole wie Berlin. Hierfür haben wir noch eine Reihe anderer Vorschläge. Lieber Herr Balsam, bitte werfen Sie einen Blick in unser Wahlprogramm!

Natürlich ist Landespolitik nur ein Ausschnitt von Gesellschaftspolitik. Dies gilt noch stärker für die Kommunalpolitik. Viele Rahmenbedingungen sind gesetzt, die Bewegungsräume sind eingeschränkt. Aber dies ist ein Grundsatz politischen Handelns, nämlich dass es immer Dinge gibt, die sich von heut auf morgen nicht ändern lassen, einem aber die Spielräume beschränken. Damit müssen wir uns kritisch auseinandersetzen. Verlässlichkeit und Belastbarkeit sind Kriterien, die wir in der Vergangenheit im innerparteilichen Austausch, aber auch in der Diskussion mit interessierten Begleiterinnen und Begleitern wie Kritikerinnen und Kritikern, praktiziert haben und die wir uns erhalten müssen. Wir vermeiden es, den Menschen nach dem Munde zu reden und Lösungen vorzuspiegeln, die wir nicht haben. Andere Parteien, insbesondere wenn sie den bedingungslosen Wunsch nach (Regierungs-)Macht verspüren, sind da weniger gehemmt. Aber auch wir haben nicht prinzipiell die besten Ideen. Manche mögen eine bessere haben. Deshalb und dafür sind und bleiben wir offen. Diese Offenheit ist die beste Vorbeugung gegen Abnutzungserscheinungen.

Schließlich bekennen wir uns als Sozialistinnen und Sozialisten zu Frieden, nachhaltiger ökologischer Entwicklung, sozial verträglicher internationaler Vernetzung und zu Demokratie und Bürgerrechten. Wir wirken dafür - im Rahmen unserer Spielräume in Berlin und als demokratische Sozialistinnen und Sozialisten im Bund und in Europa.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Lederer

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