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Klaus-Dieter Gröhler
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Frage von Paul K. •

Frage an Klaus-Dieter Gröhler von Paul K. bezüglich Finanzen

Die letzte Änderung des EStG, dernach Verluste aus Termingeschäften nur noch unterjährig bis zu einer Höhe von 10.000 Euro verrechnet werden können, wohingegen Gewinne uneingeschränkt der Abgeltungssteuer unterliegen, könnte sowohl gegen das Netto- als auch gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip des deutschen Steuerrechts verstoßen.

Konkret kann der genannte Betrag von TEUR 10 selbst bei geringem Anlagekapital schnell erreicht sein, sofern ein Anleger aktiv sein Portfolio managt.

Nimmt ein privater Anleger zum Beispiel durch Termingeschäfte TEUR 100 ein, verliert aber durch Absicherungsgeschäfte TEUR 90, so wären von diesen TEUR 90 nur noch TEUR 10 anrechenbar und es wäre Abgeltungssteuer auf einen Betrag von TEUR 80 fällig.

Der Anleger müsste demnach bei einem Gewinn von nur TEUR 10 Abgeltungssteuer in Höhe von TEUR 21 entrichten.

Im Extremfall können Menschen dadurch in die Schuldenfalle bis hin zur Privatinsolvenz getrieben werden, anstatt aktiv seine Altersvorsorge zu aufzubessern.

Ich bitte diesbezüglich um eine Stellungnahme.

Mit freundlichem Gruss P.K.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Anfrage an mich hier auf Abgeordnetenwatch, auf die ich gerne eingehe.

Grundsätzlich gilt bei der Verlustverrechnung bei Termingeschäften (§ 20 Abs. 6 EstG) zum jetzigen Zeitpunkt folgender Sachstand:

Die Berücksichtigung von Totalverlusten aus bestimmten privaten Kapitalanlagen wurde im Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mittelung grenzüberschreitender Steuergestaltungen vom 21. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2875) neu geregelt.

Die neue Regelung des § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG sieht vor, dass Verluste aus Termingeschäften, insbesondere aus dem Verfall von Optionen, nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Erträgen aus Stillhaltegeschäften ausgeglichen werden können. Dabei ist die Verlustverrechnung auf jährlich 10.000 Euro beschränkt. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften oder mit Stillhalteprämien verrechnet werden. Die Verluste können nicht mit anderen Kapitalerträgen verrechnet werden. Die Regelung findet für Verluste aus Termingeschäften, die nach dem 31. Dezember 2020 eintreten, Anwendung.

Der besagte § 20 Abs. 6 EStG sollte bereits im Elektromobilitätsgesetz (JStG 2019) ergänzt werden, wurde aber dort nach wochenlangen zähen Verhandlungen mit unserem Koalitionspartner SPD herausgenommen. Die SPD wollte im Rahmen des JStG 2019 sogar eine komplette Nichtberücksichtigung dieser Verluste: Bei den Termingeschäften sollte durch eine komplette gesetzliche Nichtberücksichtigung eines Optionsverfalls die bis 2016 geltende Finanzverwaltungspraxis gesetzlich manifestiert werden und die BFH-Rechtsprechung vom 12. Januar 2016 (BStBl. I 2017 II, S. 264) überschrieben werden. Danach wären Verluste dann in Gänze nicht anzuerkennen gewesen, wenn der Steuerpflichtige eine Option bei Fälligkeit verfallen lassen würde. Das konnten wir verhindern. Die jetzige Lösung ist ein Kompromiss: die Verluste werden anerkannt, aber nur bis zu einer Höhe von 10.000 Euro. Damit wollten wir zumindest die Kleinanleger davor schützen, einen Totalverlust durch beispielsweise einen Forderungsausfall komplett nicht geltend machen zu können.

In den vielzähligen uns vorgetragenen Bespielen ist auch zu bedenken, dass bereits nach der bestehenden Rechtslage eine Verrechnung sog. Termingeschäfte mit der Veräußerung von Aktienveräußerungen nicht möglich ist: Nach § 20 Absatz 6 Satz 4 EStG dürfen Verluste, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien verrechnet werden. Dementsprechend ist die steuerliche Gewinn- und Verlustverrechnung von Aktien und entsprechenden Sicherungsgeschäften nicht möglich. Dies galt und gilt bereits vor der jetzigen Neuregelung zu den Termingeschäften.

Die Unionsfraktion spricht sich grundsätzlich gegen die Nichtberücksichtigung von Verlusten im Rahmen des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 EStG aus und hat in den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner auch entsprechend argumentiert: Wie wir auch schon nach dem Beschluss im Finanzausschuss öffentlich formuliert haben, halten wir eine vollständige Gleichbehandlung von Gewinnen und Verlusten - unabhängig davon, ob Totalverlust oder einfacher Verlust - weiterhin für sachgerecht. Wir mussten aber mit dem Koalitionspartner einen Kompromiss finden, dem wochenlange Verhandlungen vorausgegangen waren. Ansonsten hätte dieser möglicherweise alle weiteren, wichtigen Steuergesetze blockiert. Unser Koalitionspartner wollte Totalverluste steuerlich überhaupt nicht anerkennen und bestand zunächst rigoros auf einem Nichtanwendungsgesetz zur neuen BFH-Rechtsprechung.

Die Regelung ist dank der Hartnäckigkeit der Unionsfraktion aber zumindest besser als die bis 2016 bestehende Verwaltungsauffassung und auch besser als das Vorhaben des Bundesfinanzministers, die steuerliche Anerkennung von Totalverlusten vollständig auszuhebeln.

Wir werden die von Ihnen angeführten Argumente und Beispiele jedoch gerne aufnehmen und nochmal auf unseren Koalitionspartner zugehen. Wie zuvor bereits beschrieben, gilt die Beschränkung bei Termingeschäften und Optionsgeschäften erst nach dem 31.12.2020. Damit haben wir noch etwas Zeit für neue Verhandlungen. Wir hoffen, dass wir auch mit Ihren Argumenten den Koalitionspartner nochmal umstimmen können.

Sollten Sie Fragen meinen Wahlkreis Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf betreffend haben, können Sie sich gerne an mein Bundestagsbüro unter klaus-dieter.groehler@bundestag.de wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus-Dieter Gröhler