Poträt von Katrin Schmidberger
Katrin Schmidberger
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Peter K. •

Frage an Katrin Schmidberger von Peter K. bezüglich Bundestag

Sehr geehrte Damen und Herren,

stimmt es, daß es für Abstimmungen im Parlament ausreichen soll, wenn 25 Prozent der Abgeordneten anwesend sind? Ich plädiere dafür, daß bei allen Abstimmungen im Parlament alle Abgeordneten anwesend sein müssen und sicherlich alle Abstimmungs Vorgänge so gestaltet werden können, daß dabei kein-e Abgeordnete-r andere Abgeordnete mit Viren oder sonstigem Infektiösen anstecken kann.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Kerkau

Poträt von Katrin Schmidberger
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Kerkau,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Es ist so, dass befristet bis zum
Ende der laufenden Wahlperiode das Abgeordnetenhaus im Falle der
außergewöhnlichen Notlage einer Pandemie oder Naturkatastrophe
beschlussfähig ist, wenn mehr als ein Viertel der gewählten Abgeordneten
anwesend ist. Dies haben die Fraktionen von SPD, CDU, Die Linke, Bündnis
90/Die Grünen und FDP als gemeinsamen Vorschlag ins Parlament
eingebracht. Nach Ablauf der Wahlperiode entfällt diese Ergänzung in der
Berliner Verfassung automatisch.

Die Verfassungsänderung beinhaltet jedoch keine allgemeine bzw.
dauerhafte Absenkung des Beschlussfähigkeitsquorums im AGH auf 25
Prozent. Es wird lediglich die Möglichkeit geschaffen, im Falle einer
außergewöhnlichen Notlage, dies zu ermöglichen. Eine solche Notlage muss
vom Parlament selber festgestellt werden und ist wiederum an die sehr
hohe Hürde gebunden, dass Vierfünftel der Abgeordneten des
Abgeordnetenhauses dem zustimmen müssen. Sollte so ein Beschluss gefasst
werden (was bisher nicht geplant ist), wäre die Regelung außerdem auf
drei Monate befristet. Alle Beschlüsse, die in einem reduzierten
Notparlament gefasst würden, würden mit Zusammentritt in regulärer
Besetzung mit allen Abgeordneten automatisch ungültig werden - außer sie
werden nochmals gefasst. Als grüne Fraktion teilen wir die Skepsis
gegenüber Regelungen für „Notparlament“. Daher haben wir uns für die
genannten hohen Hürden eingesetzt.

Bisher ist es so, dass die Verfassung von Berlin keine ausdrücklichen
Regelungen vorsieht, wie im Falle außergewöhnlicher Notlagen einer
Pandemie oder Naturkatastrophe ein geregelter Parlamentsablauf
sichergestellt werden kann. Das gilt insbesondere für Situationen, in
denen auf Grund einer dynamischen Ausbreitung einer bedrohlichen
übertragbaren Krankheit Abgeordnete an der physischen Ausübung ihres
Mandates gehindert sind. Insbesondere in Situationen, die es verhindern,
sich als Parlament in außergewöhnlichen Notlagen einer Pandemie oder
Naturkatastrophe beschlussfähig zu versammeln, muss ein geordneter
Parlamentsbetrieb auf besondere Weise sichergestellt werden können.

Wenn die (auch bauliche) Situation es hergibt, dass ohne Gefährdung in
einer Präsenzsitzung mit allen Abgeordneten getagt werden kann, dann
braucht es auch keine Anwendung anderer Verabredungen, wie
Videokonferenzsitzungen oder Pairing-Verfahren. Allerdings darf dabei
auch nicht vergessen werden, dass es leider durchaus möglich ist, dass
ein relevanter Teil an Abgeordneten krankheitsbedingt gar nicht erst an
der Sitzung teilnehmen kann und es aus diesem Grund Probleme mit der
Beschlussfähigkeit gibt.

Parlamente müssen aber auch in außergewöhnlichen Notlagen einer Pandemie
oder Naturkatastrophe beschluss- und handlungsfähig bleiben. Dies ergibt
sich bereits aus der Tatsache, dass im Rahmen solcher außergewöhnlichen
Notlagen einer Pandemie oder Naturkatastrophe Eingriffe hoher Intensität
in Grundrechte stattfinden und hier insbesondere das Parlament aus
Legitimitätsgründen und zur Wahrnehmung seiner Kontrollfunktion
gegenüber den Regierungen handlungs- und beschlussfähig bleiben muss.

Mit freundlichen Grüßen
Katrin Schmidberger

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