Poträt von Katrin Schmidberger
Katrin Schmidberger
Bündnis 90/Die Grünen
88 %
/ 8 Fragen beantwortet
Frage von Dorothea H. •

Frage an Katrin Schmidberger von Dorothea H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

1. Wie Sie wissen wurde ein Volksbegehren für einen erweiterten Volksentscheid unter dem Namen "Volksentscheiud retten" gestartet. Würden Sie in der kommenden Legislaturperiode sich für eine Übernahme des Gesetzentwurfs in der jetzigen Fassung durch Abstimmung im Abgeordnetenhaus einsetzen?
2. Die Kompetenzen der Bezirke wurden in der Vergangenheit mehrmals durch eine Verlagerung der Entscheidung auf Landesebene außer Kraft gesetzt. Der Presse entnehme ich, dass Michael Müller diese Kompetenzverlagerung unter dem Motto "mehr Effizienz" noch vorwärtstreiben möchte. Damit werden die Möglichkeiten für direkte Demokratie z.B. in Form von Bürgerentscheiden massiv beschnitten. Zentralisierung statt Dezentralisierung ist Müllers Ziel. Würden Sie sich dagegen positionieren?

Poträt von Katrin Schmidberger
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau H.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen.

Zur 1. Frage: Der Volksentscheid „Volksentscheid retten“ greift ein wichtiges Anliegen auf. Zu recht wird seitens der Initiatoren kritisiert, dass der rot-schwarzen Senat mit seiner Politik die Direkte Demokratie in Berlin wiederholt torpediert und ausgehebelt hat. Als Grüne unterstützen wir die Initiative – natürlich auch nach der Wahl. Wesentliche Forderungen des Volksbegehrens fordern wir ebenso. Wir haben als Grüne Fraktion bereits Mitte 2014 einen konkreten Gesetzesvorschlag ins Parlament eingebracht, der im Wesentlichen dieselben Änderungen fordert (Drucksache 17/1742 – „Demokratie ist die Regierung des Volkes durch das Volk für das Volk“ – Mehr Demokratie auch in Berlin wagen). Es geht uns um die Einführung eines Fakultativen Referendums (Bürger können per Volksentscheid die Änderung von Volksentscheids-Gesetzen verhindern, wie z.B. in Hamburg), verbindliche Fristen, Herabsetzung von Quoren sowie verbindliche Abstimmungstermine bzw. feste Fristen für mehr Planungssicherheit. Volksentscheide sollen verbindlicher, fairer und machbarer werden. Eine Abweichung zum „Volksentscheid retten“ gibt es lediglich bei der konkreten Senkung insbesondere des Quorums für einen verfassungsändernden Volksentscheid. Zwar teilen wir die Einschätzung, dass das geltende Quorum von 20 % für die verfassungsändernde Volksbegehren viel zu hoch ist. Angesichts der besonderen Bedeutung der Verfassung, insbesondere der darin enthaltenen Grund- und Menschenrechte, wollen wir das Quorum allerdings nur auf 10 % absenken. Direkte Demokratie kann und soll zwar den Parlamentarismus und die repräsentative Demokratie nicht ersetzen, sie kann diese aber sinnvoll ergänzen. Während im Parlament die verschiedenen politischen Perspektiven zusammen kommen, um Lösungen im Sinne des Gemeinwohls zu finden, machen es Volksbegehren und -entscheide möglich, dass Bürgerinnen und Bürger auch jenseits von regulären Wahlen die politische Agenda mitbestimmen, Probleme anzeigen oder eine breite gesellschaftliche Debatte anstoßen. In Berlin haben das insbesondere die Volksentscheide zum Thema Wasser, Energie, Mieten oder der aktuelle Radentscheid auf eindrucksvolle Weise bewiesen.

Zur 2. Frage: Als Grüne setzen wir uns seit vielen Jahren für starke Bezirke ein. Derzeit stoßen die Bezirke oft an die Grenzen des Machbaren - sei es durch zu wenig Personal, zu begrenzten Raum, zu geringe finanzielle Ausstattung oder fehlende Zuständigkeit. Aus unserer Sicht ist der Handlungsspielraum der Berliner Bezirke allzu beschränkt. Das muss sich ändern, weshalb ich weiterhin hinter der Forderung nach einem politischen Bezirksamt stehe, das freier und mit mehr Kompetenzen ausgestattet eigenständig agieren kann. Bezirke müssen endlich nicht nur als Kommunen wahrgenommen, sondern auch so agieren dürfen. So lange das nicht der Fall ist, sind mehr Personal, mehr Geld und größere Handlungsspielräume für die Bezirke unerlässlich. Dies zieht sich durch alle Themenbereiche: Zur konsequenten Umsetzung des Verbots der Zweckentfremdung von Wohnraum, für bessere Integrationsangebote und für eine schnellere Sanierung von Spielplätzen brauchen wir mehr Geld und Personal. Auch um mehr Fahrradwege im Bezirk ausbauen zu können, brauchen wir Planungshoheit. Es bedarf daher einer gesamtheitlichen Aufgabenkritik der Berliner Verwaltungen. Intransparente und blockierende Doppelzuständigkeiten müssen reduziert werden. Eine bloße Zentralisierung kann dabei aber nicht die Antwort sein und löst die bestehenden Probleme nicht.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen beantworten. Für Rückfragen oder bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Viele Grüße
Katrin Schmidberger

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