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Katja Mast
SPD
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Frage von Kerstin M. •

Frage an Katja Mast von Kerstin M. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Mast,

Nächste Woche soll im Bundestag über die Reform der Prozesskostenhilfe abgestimmt werden. War es nicht eine Sternstunde in der deutschen Politik, als 1980 die Prozesskostenhilfe (vorher Armenrecht) eingeführt wurde?
Auch Geringverdiener konnten sich so einen Anwalt leisten. Wird dies durch die von Frau Leutheuser-Schnarrenberger eingebrachten Reform zunichte gemacht? Wird unsere Gesellschaft durch diese Reform nicht noch weiter auseinander getrieben? Sicher wird ein Geringverdiener die Prozesskostenhilfe auch in Raten nicht zurückzahlen können. Wie ist Ihre Meinung zu dieser Reform? Werden Sie diese Reform unterstützen?

Oder werden Sie diese, nach einer eventuell gewonnenen Bundestagswahl, wieder rückgängig machen?

Vielen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen Kerstin Müller

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Müller,

am 31. Januar hat sich der Deutsche Bundestag in erster Lesung mit den Gesetzentwürfen der Bundesregierung zum „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts (Prozesskostenhilfegesetz)“ und mit dem „Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz)“ befasst.

Aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion ist eine Reform beider Gesetze notwendig, da seit vielen Jahren die Gebühren und Vergütungen für Notare, Rechtsanwälte, gerichtliche Sachverständige, Dolmetscher, Übersetzer und Gerichtsvollzieher nicht mehr angehoben wurden. Sie werden durch das Zweite Kostenrechtsmodernisierungsgesetz an die allgemeine Einkommensentwicklung angepasst.

Das Prozesskostenhilfegesetz sieht vor, die Prozesskostenhilfeempfänger stärker an den Prozesskosten zu beteiligen. Dies soll durch die Absenkung von Freibeträgen und die gleichzeitige Verlängerung der Ratenzahlung um zwei Jahre geschehen. Ziel ist es, die Länder finanziell stärker zu entlasten.
Auch die SPD-Bundestagsfraktion übt Kritik an der Ausgestaltung der Reform des Prozesskostenhilfegesetzes. Vor allem in zwei Punkten besteht für uns noch Änderungsbedarf.

Die Bundesregierung plant, dass Paare, die bei einer Scheidung Prozesskostenhilfe beziehen, nur noch durch einen Anwalt vertreten werden können. Derjenige, der zuerst einen Anwalt beauftragt, kann also entscheiden, wer beide Parteien vertreten soll.

Die Bundesregierung begründet ihre Entscheidung damit, dass sich die Mehrheit der Paare ohne Prozesskostenhilfe, ohne Anwalt scheiden lässt. Während bei Scheidungen von Paaren mit Prozesskostenhilfe, genau das Gegenteil der Fall ist. Diese Begründung ist für uns nicht nachvollziehbar, denn Eheleute die keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben, verfügen eher über die finanziellen Mittel, um sich vor Verhandlungsbeginn bei einem Rechtsanwalt beraten zu lassen.

Die SPD-Bundestagsfraktion lehnt diese vorgesehene Änderung des Gesetzes ab. Wir sind der Meinung, dass bei Scheidungen beide Parteien juristische Beratung benötigen und nicht derjenige bevorzugt behandelt werden darf, der zuerst einen Anwalt beauftragt.

Auch die geplante Änderung bei der Anwaltsbeiordnung im arbeitsrechtlichen Verfahren lehnen wir ab. Bisher besteht die Pflicht, einem Prozesskostenhilfeempfänger vor dem Arbeitsgericht einen Rechtsanwalt zur Seite zu stellen. Durch die Änderung soll Prozesskostenhilfe nur genehmigt werden, wenn die beabsichtigte Verhandlung Aussicht auf Erfolg hat.

Sehr geehrte Frau Müller,

die Beratungen zur Reform beider Gesetze dauern an. Wichtig ist, dass am 13. März 2013 eine öffentliche Anhörung zum Thema stattfinden wird, in der weitere Experten und Sachverständige die Möglichkeit haben, die Vorschläge der Bundesregierung zu bewerten. Im Anschluss sind weitere Änderungen in den Gesetzentwürfen möglich, so dass mit einer abschließenden Abstimmung erst im Frühjahr zu rechnen ist.

Mit freundlichen Grüßen
Katja Mast

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