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Katja Mast
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Frage von Reinold S. •

Frage an Katja Mast von Reinold S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Mast,

nach einem Jahr Arbeitslosigkeit haben Arbeitslose einen Anspruch auf HartzIV oder ALGII . Wie vereinbaren Sie es mit dem sozialen Gewissen, Menschen die Jahrzehntelang in die Sozialkassen eingezahlt haben, zum HartzIV- Bedürftigen abzustempeln ?

Finden sie es nicht infam Leute die Jahrzehntelang eingezahlt haben mit Leute die nichts eingezahlt haben auf eine Stufe zu stellen, und ist dieses Vorgehen mit Ihrem sozialdemokratischen Gewissen vereinbar ?

Gruß
R.Scheffler

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Scheffler,

Sie haben mir auf der Internetseite abgeordnetenwatch.de die Frage gestellt, ob ich die Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (kurz „Hartz IV“ oder Arbeitslosengeld II) mit meinem sozialen und sozialdemokratischen Gewissen vereinbaren kann. Meine klare Antwort darauf ist: Ja! Im Folgenden begründe ich Ihnen dies gerne:
Es war richtig, die frühere Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe in einem gemeinsamen System der Grundsicherung für erwerbsfähige Hilfebedürftige und ihre Angehörigen zusammenzuführen. Mit der Grundsicherung ist endlich eine einheitliche steuerfinanzierte Leistung für alle erwerbsfähigen Menschen geschaffen worden. Diese Grundsicherung erhalten nun alle Menschen, die hilfebedürftig sind, weil sie entweder keine Arbeit haben oder das Arbeitseinkommen nicht ausreicht. Außerdem wird ihre berufliche Eingliederung umfassend gefördert. Zum einen mit arbeitsmarktbezogenen Leistungen wie Vermittlung, Berufsberatung, Aus- und Weiterbildung sowie mit der unmittelbaren Förderung der Beschäftigung. Und zum anderen mit kommunalen Angeboten wie Schuldnerberatung, Suchtberatung, psychosoziale Betreuung und Kinderbetreuung. Hunderttausende, die vorher Sozialhilfe bezogen haben, aber erwerbsfähig waren, bekommen nun Angebote der Arbeitsvermittlung und Chancen auf Qualifizierung. Damit sind die Grundlagen dafür geschaffen worden, dass auch Menschen, die lange Zeit arbeitslos waren, wieder bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Das war doch das eigentlich Ungerechte an der früheren Sozialhilfe, dass Menschen, die aus dem Sicherungssystem der Arbeitslosenhilfe herausgefallen waren, nur begrenzt bei ihren Versuchen, in den regulären Arbeitsmarkt zurückzukehren, gefördert wurden. Mit „Hartz IV“ wurde dieser Missstand abgeschafft.
Außerdem wende ich mich entschieden dagegen, dass mit der Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende ein genereller Sozialabbau stattgefunden habe. Denn es gibt auch viele Menschen, die nun auf mehr Leistungen Anspruch haben als vor „Hartz IV“:
Erwerbstätige mit einem geringen Erwerbseinkommen, die früher keine ergänzende Sozialhilfe beantragt haben, beantragen jetzt ergänzendes Arbeitslosengeld II.
Haushalte, die ein Einkommen knapp über der früheren Sozialhilfegrenze bezogen haben, erhalten auf Grund der Einführung des befristeten Zuschlags zum Arbeitslosengeld II und des Kinderzuschlags höhere Leistungen.
Haushalte, die nach altem Recht wegen der strengeren Vermögensanrechnung keine Sozialhilfe beziehen konnten, aber jetzt Arbeitslosengeld II erhalten können.
Personen, die früher eine geringe Arbeitslosenhilfe bezogen haben und auf einen Antrag auf Wohngeld oder ergänzende Sozialhilfe verzichteten, erhalten seit der Einführung der Grundsicherung eine höhere Leistung.
Personen, die früher ein für den Unterhalt der Familie nicht ausreichendes Arbeitslosengeld bezogen haben und auf einen Antrag auf Wohngeld oder ergänzende Sozialhilfe verzichteten, erhalten seit der Einführung der Grundsicherung häufiger ergänzendes Arbeitslosengeld II.
Selbständige, die nicht in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, konnten früher nur Sozialhilfe beantragen. Nun steht ihnen Arbeitslosengeld II zu. Gleiches gilt für Hochschulabsolventen, die nicht unmittelbar im Anschluss an ihr Studium einen Arbeitsplatz finden – sie sind nun Arbeitslosengeld-II-berechtigt.
Die weiteren Reformen am Arbeitsmarkt – schließlich gab es neben „Hartz IV“ ja auch noch „Hartz I-III“ – haben dazu geführt, die Arbeitslosigkeit deutlich zu reduzieren: Im März 2007 haben wir rund 869.000 Arbeitslose weniger als im März letzten Jahres. Und auch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung stieg zwischen Januar 2006 und Januar 2007 um 624.000 Personen auf nunmehr 26.500.000 Menschen an. Diese Erfolge erreichen auch die Langzeitarbeitslosen. So ist die Zahl der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen seit Mai 2006 kontinuierlich rückläufig: Ende 2006 bezogen immerhin vier Prozent weniger Personen Leistungen aus der Grundsicherung als im April 2006; das entspricht einer Viertelmillionen Menschen.

Mit freundlichen Grüßen
Katja Mast MdB

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