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Frage von Martina K. •

Frage an Katja Kipping von Martina K. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Kipping,

Das Wort #Pflexit fällt immer häufiger bei Kollegen und Kolleginnen in der Pflege. Arbeitsüberlastungen, hohe Taktrate in der Pflege, grenzwertige Gehälter, unsoziale und unfamiliäre Arbeitszeiten, Dienste von 12-14 Tage am Stück, sog. Teildienste, usw pp.sorgen dafür, dass sich immer mehr Pflegekräfte von dem Beruf abwenden. Das System schafft es sogar, dass junge Menschen, die sich für den Pflegeberuf entschieden haben, schon nach wenigen Jahren das Handtuch schmeißen und sich umorientieren.

Können Sie sich vorstellen, eines Tages ein Pflegefall zu sein und unter den aktuell herrschenden Bedingungen gepflegt zu werden? Sicherlich nicht.

Was gedenkt Ihre Partei ganz konkret gegen diese Arbeitsbedingungen von Pflegekräften in Senioreneinrichtungen, Ambulanten Diensten und Krankenhäusern zu unternehmen? Welche KONKRETEN Punkte (und jetzt keinen Verweis auf die Erhöhung von Alltagsbegleitern usw., denn die pflegen nicht!) wird Ihre Partei in Angriff nehmen?

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Portrait von Katja Kipping
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Kausch,

ich bedanke mich für Ihre Anfrage und beantworte sie gern.

DIE LINKE hat viele parlamentarische Initiativen gegen den Pflegenotstand eingebracht und unterstützt praktisch unter anderem die Tarifrunde „Entlastung“ von ver.di. Es geht uns dabei besonders auch um die Arbeitsbedingungen. Denn wir wissen, dass viele Pflegekräfte unter der Arbeitsverdichtung krank werden oder ihren Beruf verlassen. Viele leiden darunter, im Pflegealltag ihr berufliches Wissen und den hohen Berufsethos nicht umsetzen zu können. Wir wissen auch, dass so gefährliche Pflegesituationen zu Lasten der Menschen mit Pflegebedarf entstehen.

Dafür sind nicht die Pflegekräfte verantwortlich – sondern fehlende oder falsche politische Entscheidungen. DIE LINKE fordert vehement energische Schritte für 100.000 Pflegekräfte mehr. Der Pflegeberuf muss sofort attraktiver werden und braucht mehr Wertschätzung. Dazu haben wir konkrete Vorschläge unterbreitet. Wir wollen das gesamte System der Fallpauschalen (DRG) in den Krankenhäusern abschaffen. Wir wollen eine bundesgesetzliche, für alle Krankenhäuser verbindliche Personalbemessung und Sofortmaßnahmen auch in Pflegeeinrichtungen. Wir befürworten Sanktionen gegen Einrichtungen, wenn Fachkraftquoten nicht eingehalten werden. Wir wollen politische Regelungen, damit tarifliche Bezahlung gerade in der Altenpflege allgemeinverbindlich wird. Das bedeutet, dass die Pflegekassen verpflichtet werden, tarifliche Bezahlung nicht nur nicht abzulehnen, sondern auch tatsächlich zu refinanzieren. Wir wollen den Pflegemindestlohn auf 14,50 Euro anheben. Wir setzen uns für bessere Mitwirkungsmöglichkeiten der Beschäftigten ein. Wir wollen, dass die Pflegeberufereform noch in dieser Wahlperiode abgeschlossen wird, damit die Ausbildung attraktiver wird. Das Schulgeld muss abgeschafft und eine ausreichende Ausbildungsvergütung eingeführt werden.

Auch für die Finanzierung dieser Forderungen legen wir ein Konzept vor: eine wirklich solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung. In diese Versicherung zahlen alle hier lebenden Menschen entsprechend aller ihrer Einkommensarten, eingeschlossen sind auch Kapitaleinkünfte, ein. Das betrifft dann auch Beamte, Abgeordnete und alle, die bisher keine Beiträge entrichten. Die Beitragsbemessungsgrenze wird aufgehoben und die Private Krankenversicherung als Vollversicherung abgeschafft. Nach einer aktuellen Studie im Auftrag unserer Fraktion könnte so der Beitragssatz in der Krankenversicherung auf unter 12% gesenkt werden. In der Pflegeversicherung stünden bei gleichbleibendem Beitragssatz rund 12 Milliarden Euro pro Jahr mehr zur Verfügung. So entstehen Spielräume, um mehr Pflegekräfte einzustellen, diese besser zu bezahlen und zugleich die Leistungsangebote auszuweiten.

Wir wollen die Krankenhäuser wieder gemeinwohlorientiert und bedarfsgerecht finanzieren. Der Betrieb eines Krankenhauses darf nicht länger auf Kapitalrendite und Gewinne ausgerichtet werden. Die Länder müssen ihrer Investitionsverantwortung sowohl für die Krankenhäuser als auch für Pflegeeinrichtungen wieder nachkommen. Dafür wollen wir eine Anschubfinanzierung des Bundes von 50 Prozent der zukünftigen Mehrausgaben der Länder zur Behebung des Investitionsstaus bei den Krankenhäusern gesetzlich verankern. Das wären ca. 2,5 Milliarden Euro in den nächsten 10 Jahren.

Wenn Sie sich genauer informieren wollen, finden Sie viele Informationen unter www.linksfraktion.de. Lösungsvorschläge wollen wir gemeinsam mit Beschäftigten und Wissenschaftlern auf unserer Konferenz „Vom Pflegenotstand zum Pflegeaufstand“ am 23. und 24. Juni 2017 hier im Bundestag diskutieren. Ich lade Sie herzlich ein.

Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping