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Katja Keul
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Frage von Helmut S. •

Liegt bezogen auf die von Israel besetzten Gebiete nach Ihrer Ansicht eine hinreichend triftige Indizienlage für Apartheid i.S. des Völkerrechts vor?

da Sie meine Frage nicht beantworten, veranlassen Sie mich diese zu wiederholen und sie wie folgt zu präzisieren:

Bezogen auf die besetzten Gebiete besteht in den genannten Berichten Konsens zum Vorliegen von Apartheid. Ich erhebe nicht den „Vorwurf, das Verbrechen der Apartheid begangen“ zu haben. Vielmehr frage ich, ob die Indizienlage ausreicht, um eine Überprüfung der Vorwürfe einzuleiten.

Dabei verstehe ich Apartheid als Rechtsbegriff des Völkerrechts. Er bezieht sich auf die Definitionen in folgenden Rechtsquellen: Der Rassendiskriminierungskonvention von 1965, der Anti-Apartheidkonvention von 1974 und aus Artikel 7 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) von 1998. Die „historische Situation in Südafrika vor 1994“ hat diese Verallgemeinerung des Begriffs zwar ausgelöst, ist aber nicht dessen primärer Bezugspunkt.

Deutschland hat diese Rechtsquellen als für sich verbindlich anerkannt, also besteht mindestens eine Pflicht zur Überprüfung.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

meiner Überzeugung nach braucht es eine politische Lösung des Nahostkonflikts, um langfristig Frieden und Sicherheit für beide Seiten zu schaffen. Hierbei gehört es auch dazu, Unrecht zu benennen. Wie in der Antwort auf Ihre vorherige Frage will ich erneut betonen, dass wir Grüne insbesondere den Siedlungsbau Israels als nicht mit dem Völkerrecht vereinbar ansehen und dies auch stets in Gesprächen mit unseren Freundinnen und Freunden in Israel deutlich machen und uns diesbezüglich für eine grundlegende Änderung der Politik Israels gegenüber Palästina einsetzen. Genauso wie wir die palästinensische Führung auffordern, Demokratie, die Achtung von Menschenrechten sowie von Frauenrechten weiter in den Vordergrund zu rücken.

Der Vorwurf, dass Israel in den besetzten Gebieten ein Apartheidregime ausübe, wie er von Human Rights Watch oder Amnesty International geäußert wird, kann seriös nur von den zuständigen Organen bewertet werden, etwa der eingerichteten Ad-hoc Vergleichskommission oder dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) im Rahmen seiner territorialen Zuständigkeit. Dazu gehört auch die von Ihnen eingeforderte Einschätzung der Indizienlage für Apartheid.

Als Politikerin ist es meine Aufgabe, nach politischen Lösungen für Konflikte zu suchen. Hierzu sind offene und ehrliche Gespräche mit allen Beteiligten notwendig. Hier ungeklärte Begrifflichkeiten zu nutzen, die den Konflikt anheizen, oder mit unsäglichen historischen Relativierungen zu provozieren, wie unlängst Palästinenserpräsident Abbas, trägt nicht zu einer friedlichen Lösung des Konfliktes bei.

Mit freundlichen Grüßen

Katja Keul

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