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Katja Keul
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Frage von Florian S. •

Frage an Katja Keul von Florian S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Keul,

werden Sie dem Rettungspaket für Zypern zustimmen?

Falls Sie zustimmen möchten, habe ich zwei weitere Fragen:

1. Halten Sie es für sozial gerecht, dass durch diese Maßnahmen Bankguthaben in Höhe von mindestens 100.000 Euro mit Steuergeldern von Menschen garantiert werden, die größtenteils über sehr viel weniger Vermögen verfügen?

2. Für wie wahrscheinlich halten Sie eine Rückzahlung der Hilfskredite angesichts der Tatsache, dass die Finanzmärkte diese Kredite offenkundig als zu riskant betrachten?

Mit freundlichen Grüßen

Florian Schulz

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schulz,

vielen Dank für Ihre E-Mail.

Der Fall Zypern wurde in den letzten Monaten in Deutschland sehr kontrovers diskutiert. Inzwischen hat der Bundestag ein Hilfspaket mit den Stimmen der grünen Bundestagsfraktion, also auch meiner Stimme, verabschiedet. Damit ist der Weg frei für einen wirtschaftlichen Neuanfang des Inselstaates.

Zypern ist aufgrund eines überdimensionierten Finanzsektors und seiner Bankenkrise in wirtschaftliche Not geraten. Ein Hilfspaket aus dem Europäischen Rettungsschirm ESM in Höhe von neun Milliarden Euro ist notwendig, um eine drohende Staatspleite zu verhindern und die Finanzstabilität in der gesamten Euro-Zone nicht zu gefährden. Zypern hat innerhalb weniger Wochen drastische Schritte zur Sanierung des Bankensektors unternommen, die mit massiven Zugeständnissen verbunden waren. Die grüne Bundestagsfraktion hat eine Zustimmung zu den ESM-Hilfen für Zypern von Anfang an von klaren Kriterien abhängig gemacht. Dazu gehören eine Verkleinerung des Bankensektors, eine effektive Bekämpfung von Geldwäsche, höhere Unternehmenssteuern, die Tragfähigkeit der Verschuldung und eine ernstzunehmende Perspektive für wirtschaftliche Entwicklung. Das vorliegende Maßnahmenbündel kommt diesen Anforderungen in vielen Punkten nach und fand bei der Abstimmung deshalb auch die breite Unterstützung der grünen Bundestagsfraktion.

Deutschland ist auf ein stabiles Finanzsystem in Europa angewiesen. Von einem Zusammenbruch des Währungssystem wäre auch die deutsche Wirtschaft stark betroffen. Die Finanzhilfen für Zypern sind daher, neben der gebotenen Solidarität, auch im deutschen Eigeninteresse. Zypern bringt einen Eigenbeitrag von 5,8 Milliarden Euro durch die Beteiligung seiner angeschlagenen Banken auf. Durch die Lastenteilung sollen die Staatsschulden Zyperns nicht über die Maßen in die Höhe getrieben werden, so dass eine Rückzahlung der Kredite möglich ist und das Land nicht von seiner Schuldenlast erdrückt wird.

Die größte Herausforderung wird jetzt darin bestehen, Zypern zu einem angemessenen Wirtschaftswachstum und einem neuen Geschäftsmodell zu verhelfen. Die Erfahrungen mit anderen Programmländern zeigen, dass sich Sparen um jeden Preis nicht auszahlt. Zypern muss sich für den Neubeginn auf europäische Solidarität verlassen können. Investitionen in nachhaltiges Wachstum, wie Solarenergie, Tourismus und Landwirtschaft müssen unterstützt und die sozialen Auswirkungen der Krise abgefedert werden.

Mit freundlichen Grüßen
Katja Keul

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