Wie bewerten Sie den Wechsel von Christian Lindner in die Beratungsfirma Teneo? Sehen Sie darin eine legitime Nutzung seiner Expertise oder vielmehr einen Interessenkonflikt und Lobby-Einfluss?
Sehr geehrte Frau Dröge,
Im Unterricht behandeln wir gerade das Thema Lobbyismus, daher die Frage nach ihrer Einschätzung.
Liebe Frau G.,
vielen Dank für Ihre Nachricht!
Klar ist: Bei einem Seitenwechsel von Politik in Wirtschaft, wie ihn nun der Bundesfinanzminister a.D. Christian Lindner anstrebt bzw. bereits vollzogen hat, besteht eine erhöhte Gefahr von Interessenskonflikten. Genau aus diesem Grund gibt es seit 2015, unter anderem aufgrund massiven Drucks unserer Fraktion, gesetzliche Karenzzeiten im Bundesministergesetz (§§ 6a ff. BMinG). Diese gelten auch für Christian Lindner, der im November 2024 als Bundesfinanzminister zurückgetreten ist. Allerdings hat die aktuelle Bundesregierung für seine neue Tätigkeit unter anderem als stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Autoland AG und Mitglied des „Shareholder Boards“ des Unternehmens Stepstone lediglich die Karenzzeit von zwölf Monaten festgelegt. Daher kann Christian Lindner diese Tätigkeit bereits ein Jahr nach Ende seines Ministeramts aufnehmen. Die entsprechende Entscheidung der Bundesregierung nach § 6b Bundesministergesetz ist, wie gesetzlich vorgesehen, im Bundesanzeiger veröffentlicht.
Unsere Fraktion kann sich sehr gut vorstellen, die Karenzzeitregelungen zu verschärfen. Denn eine pauschale Frist von nur maximal 18 Monaten schließt mögliche Interessenkonflikte keineswegs zuverlässig aus. Im Gegenteil: Es ist durchaus wahrscheinlich, dass Verflechtungen mit politischen Akteuren auch über diesen Zeitraum hinaus bestehen. Deshalb brauchen wir klarere und wirksamere Regeln, sowie längere Fristen, die das Vertrauen in politische Unabhängigkeit stärken.
Außerdem möchten wir darauf hinweisen, dass, soweit Christian Lindner nun als Lobbyist tätig werden sollte, dies entsprechend im Lobbyregister vermerkt werden muss. Auch seine ehemalige Tätigkeit als Finanzminister muss dort angezeigt werden.
Lindners neue Tätigkeit als Berater bei dem US-Unternehmen Teneo wurde laut Lobbycontrol ebenfalls genehmigt. Teneo betreibt im Kundenauftrag Lobbyarbeit gegenüber Bundestag und Bundesregierung. Zu den Kunden zählen Banken und Finanzdienstleister. Auch diesem Seitenwechsel hat die Bundesregierung nach Ablauf von 12 Monaten Karenzzeit wohl zugestimmt, eine offizielle Bekanntmachung im Bundesanzeiger liegt dazu allerdings noch nicht vor. (https://www.lobbycontrol.de/seitenwechsel/lindner-123206/).
Viele Grüße
Team Dröge
