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Katharina Dröge
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Frage von Christoph S. •

Frage an Katharina Dröge von Christoph S. bezüglich Wirtschaft

Sind Sie auch der Meinung, dass die Befristung von Arbeitsverträgen und die Leiharbeit verboten werden sollte, um die Gewerkschaften zu stärken, damit diese höhere Löhne durchsetzen (5 % jährlich), weil nur so die unfairen Wettbewerbsvorteile ausgeglichen werden können, die Deutschland sich seit der Euroeinführung durch viel niedrige Lohnsteigerungen verschafft hat, obwohl es Geschäftsgrundlage des Euros ist, dass die Löhne um 2 % jährlich plus Ausgleich der Produktivitätssteigerung steigen sollten?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Schulte,

vielen Dank für Ihre Frage auf Abgeordnetenwatch.de. Bitte entschuldigen Sie die lange Zeit, die seit Ihrem Anliegen vergangen ist.

Deutschland hat in den vergangenen Jahren massive Leistungsbilanzüberschüsse gegenüber den anderen EU-Staaten aufgebaut. Damit verletzt Deutschland klare EU-Vorgaben, die auch die Bundesregierung unterschrieben hat: Die Leistungsbilanzüberschüsse sollen 6% des BIP nicht überschreiten. Dass Deutschland schon seit Jahren deutlich darüber liegt ist ein Problem für die wirtschaftliche Erholung Europas, aber langfristig auch für Deutschland. Problematisch sind nicht die Ausfuhren, sondern mangelnde Investitionen im Inland und eine Binnennachfrage, die trotz Mindestlohn noch immer unter ihren Möglichkeiten bleibt. Die lange Zeit stagnierenden Löhne in Deutschland haben also Ihren Anteil an den Ungleichgewichten, die sich in Europa ergeben haben.

Zuletzt sind die Reallöhne zwar wieder gestiegen, aber es muss jetzt darum gehen, diese Tendenz zu verstetigen. Wir GRÜNE wollen daher das Tarifsystem wieder stärken. Tarifverträge sollten einfacher allgemein verbindlich für alle Betriebe einer Branche gelten. Auch müssen die von Ihnen angesprochenen befristeten Arbeitsverhältnisse und die Leiharbeit eingeschränkt werden. Fast eine Million Menschen arbeiten derzeit in Leiharbeitsverhältnissen – und das zu teils deutlich niedrigeren Löhnen als ihre regulär beschäftigten Kollegen. Wir wollen Leiharbeit dennoch nicht grundsätzlich verbieten. Leiharbeitsverhältnisse können im Sinne der Flexibilität sinnvoll sein um Spitzen abzufedern. Leiharbeit darf jedoch keinesfalls missbraucht werden um Löhne dauerhaft zu senken. Daher wollen wir GRÜNE, dass Leiharbeiter vom ersten Tag an den gleichen Lohn erhalten wie regulär Beschäftigte – plus Flexibilitätsprämie. Außerdem wollen wir, dass Arbeitsverhältnisse nicht mehr ohne guten sachlichen Grund befristet werden können und der Mindestlohn ausnahmslos für jeden gilt.

Darüber hinaus kann eine Eindämmung der Ungleichgewichte in Europa nur gelingen, wenn auch die Investitionen in Deutschland gestärkt werden. Das hat die Bundesregierung bisher versäumt, sodass in Deutschland eine gewaltige Investitionslücke klafft. Deshalb wollen wir GRÜNE mindestens 12 Mrd. Euro mehr im Inland investieren: in schnelles Internet, erneuerbare Energien, gute Schulen, den Ausbau des Nahverkehrs und bezahlbare Wohnungen.

Unsere Politik hat die Zukunft im Blick, hilft denjenigen, die es am meisten brauchen, und stärkt gleichzeitig die Binnennachfrage, was den Exportüberschuss Deutschlands senkt und so zu einem fairen Europa beitragen kann.

Mit freundlichen Grüßen,

Katharina Dröge

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