Warum hat der Bundestag die Wahl von Frau Brosius-Gersdorf nicht weiter unterstützt, obwohl die Plagiatsvorwürfe als unbegründet gelten? Wird es eine parlamentarische Aufarbeitung geben?
Der Rückzug von Frau Brosius-Gersdorf als Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht erfolgte nach unbewiesenen Plagiatsvorwürfen, die durch Gutachten und Fachleute klar entkräftet wurden. Viele Bürger sehen darin eine gezielte Kampagne, die offenbar erfolgreich war. Ich bin erschüttert darüber, dass der Bundestag einem solchen Druck nachgegeben hat. Eine Erklärung für das abrupte Ende der Wahl gab es bisher nicht. Die intransparente Kommunikation und das fehlende öffentliche Bekenntnis zum Schutz wissenschaftlicher Integrität sind aus meiner Sicht ein demokratisches Problem. Wird sich das Parlament künftig besser gegen solche politischen Einflussnahmen schützen? Und wird es im Rechtsausschuss eine Aufarbeitung geben?
Sehr geehrter Herr R.,
danke für Ihre Anfrage.
Die Wahl der Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts ist eine der zentralen und zugleich ehrenvollsten Aufgaben des Deutschen Bundestages. Diese wichtige Verantwortung gilt es mit größter Sorgfalt anzunehmen und auszufüllen.
Verfassungsrichterinnen und -richter tragen eine außerordentlich hohe Verantwortung für die Auslegung unseres Grundgesetzes, welches das Fundament unseres Staates und unserer Gesellschaft bildet. Entsprechend sorgfältig und verantwortungsvoll muss jede Entscheidung über ihre Berufung getroffen werden.
Der Deutsche Bundestag wählt die Richterinnen und Richter am Bundesverfassungsgericht mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit (der abgegebenen Stimmen). Dafür braucht es über Fraktionsgrenzen hinweg eine breite Unterstützung und Vertrauen. Ob eine Kandidatur Erfolg hat, hängt also an der Frage, ob ein solch hoher Rückhalt für eine Kandidatur gegeben ist, nicht allein an der Einschätzung einzelner Vorwürfe. Das Verfahren ist klar geregelt, vertraulich und durch hohe Hürden geschützt.
Ich hoffe sehr, dass wir unmittelbar nach der Sommerpause zu einer tragfähigen und im breiten Konsens getragenen Entscheidung kommen werden.
Herzliche Grüße
Julia Klöckner