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Julia-Christina Stange
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Frage von Jonas B. •

Welche Rolle soll die Ergotherapie und andere Heilmittelberufe in Zukunft spielen?

Sehr geehrte Frau Stange, wie positionieren Sie sich hinsichtlich der Forderungen des Spitzenverbandes der Heilmittelverbände hinsichtlich:

1. der dringend notwendigen Akademisierung und damit einhergehenden Novellierung des Berufsgesetzes,

2. der Einführung und Erprobung eines Direktzugangs im Rahmen von Modellvorhaben,

3. der Mitbestimmung durch stimmberechtigte Sitze im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA),

4. sowie dem Abbau unnötiger Bürokratie durch die Abschaffung der Prüfpflicht für Verordnungen und die Übertragung der Zuzahlungseinziehung auf die gesetzlichen Krankenkassen?

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Antwort von
Die Linke

Guten Tag Jonas B.

vielen Dank für Ihre Anfrage und das Aufgreifen dieses wichtigen Themas! Wir als Linke sehen dringenden Bedarf, die Position der Heilmittelberufe aufzuwerten!

Meine Fraktion und ich unterstützen dafür ausdrücklich eine Vollakademisierung, wie sie bereits in vielen anderen europäischen Staaten gängig ist, um Ausbildungsstandards zu sichern und internationale Vergleichbarkeit herzustellen. Erst Ende letzten Jahres haben wir zu den Modellvorhaben eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt (https://dserver.bundestag.de/btd/20/144/2014431.pdf). Sinnvoll ist aus unserer Sicht dabei ein duales Studienmodell mit ausreichend Praxisbezug und einer Öffnung des Zugangs zu diesem auch ohne Abitur.

Die Fraktion Die Linke im Bundestag hat zum Direktzugang bislang stets Modellprojekte unterstützt, u.a. indem wir bereits vor einigen Jahren gefordert haben, den Direktzugang zu erproben und zu evaluieren (vgl. Forderung 6 in https://dserver.bundestag.de/btd/19/048/1904887.pdf). Leider ist eine solche belastbare Studie in Deutschland bislang nicht erfolgt, hierzu hat sich die Bundesregierung auch unter Beteiligung unterschiedlicher Parteien bislang immer noch nicht entschließen können - obwohl immer mehr internationale Evidenz in anderen Gesundheitssystemen hier durchaus Vorteile sieht. Auch im Hinblick auf diesen internationalen Trend zum Direktzugang befürworten wir die hochschulische Ausbildung.

Was die Beteiligung am G-BA angeht: Grundsätzlich sehen wir den G-BA und den Modus seiner Entscheidungsfindung kritisch. Er ist so angelegt, dass die Leistungserbringenden mit Budgetverantwortung sowie die Kostenträger Kompromisse zur Versorgung schließen, die letztlich das Gesundheitssystem stärken und den Patient*innen und damit dem Gemeinwohl nutzen sollen. Dies funktioniert, auch und gerade unter Bedingungen eines verschärften Wettbewerbs, eher schlecht als recht. Hier wäre es wichtig, vor allem die Rolle der Patient*innen zu stärken. Solange wir uns aber in dem bestehenden System befinden, hängt die Beteiligung eines Akteurs letztlich im Wesentlichen an der Budgetverantwortung, im Falle der Heilmittel also an der Einführung des Direktzugangs. Diesen befürworten wir (s.o.) und wenn er eingeführt ist und direkte Verantwortung für die Ausgaben der GKV bei den Heilmittelerbringenden liegt, sind diese selbstverständlich entsprechend im G-BA mit Stimmrecht zu beteiligen. Unabhängig von Budgetverantwortung und Direktzugang befürworten wir, dass bei den Fragen, die die Leistungserbringung direkt betreffen, etwa bei der Heilmittelrichtlinie, die Rolle der Heilmittel im G-BA gestärkt wird.

Bei den Prüfpflichten setzen wir als Fraktion darauf, dass Softwarelösungen für eine Entspannung dieses Problems sorgen. Selbstverständlich obliegt es den Heilmittelerbringenden eine Verordnung zu prüfen und zu gewährleisten, dass die angeforderte Leistung erbracht wird. Reine Formfehler sollten aber selbstverständlich nicht zu einer Versagung der Vergütung führen. Gerade solche Formfehler werden aber auch jetzt schon bei den Kassen per IT gefunden; dies sollte im Vorfeld sowohl in den Arzt- als auch in der Heilmittelpraxen auch stattfinden, ohne dass es zu einem bürokratischen Aufwand kommt. Elektronische Verordnungen können auch helfen, falsche Verordnungen seitens der Arztpraxen rasch zu korrigieren, ohne das die Patient*innen mit Papierrezept zusätzliche Wege machen müssen.

Meine Fraktion und ich sprechen uns sich dafür aus, dass sämtliche Kosten notwendiger Behandlungen vollständig solidarisch getragen werden - ohne Zuzahlung der Patient*innen. Es ist absurd, dass diejenigen, die einer ärztlichen Verordnung Folge leisten, finanziell bestraft werden und einen finanziellen Anreiz erhalten, die Leistung nicht in Anspruch zu nehmen. Das widerspricht dem Solidaritätsprinzip und verursacht zudem, wie Sie zurecht schreiben, völlig unnötige Bürokratie bei den Heilmittelpraxen.

Mit freundlichen Grüßen

Julia-C. Stange

 

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