Wie notwendig sind die neuen Grenzkontrollen? Ist diese Maßnahme unverhältnismäßig?
Sehr geehrter Herr Geissler!
Die neuen Grenzkontrollen führen zu Spannungen mit unseren Nachbarn und ich verstehe noch nicht warum, weil der Begriff "irreguläre Migration" für mch noch unklar ist.
Nehmen wir an, wir kontrollieren gemäß Schengen *nicht* an der Grenze. Dann können beispielsweise folgende Personen ungehindert nach Deutschland kommen:
(A) jemand, der in Polen als Asylbewerber registriert ist,
(B) jemand, der in Griechenland als Asylbewerber registriert ist und dem es gelungen ist, bis nach Österreich zu trampen,
(C) jemand, der irgendwie nach Frankreich gelangt ist, der aber nirgends als Asylbewerber registriert ist, .
Wenn unsere Behörden solche Personen antreffen, was dürfen bzw. müssen sie gemäß Dublin tun? Was müssen unsere Nachbarn tun bzw sich gefallen lassen? Macht es einen Unterschied, wenn wir solche Personen gleich an der Grenze abfangen? Ist die Missachtung des Schengen Abkommens verhältnismäßig - gemessen am Problem? Kann man das objektiv darlegen?
Sehr geehrter Herr L.,
bitte entschuldigen Sie die späte Rückmeldung – Ihre Nachricht lag schon eine Weile zurück.
Zur Sache: unsere Innenpolitik steht klar für Kontrolle und Ordnung an den Grenzen. Irreguläre Migration bedeutet, dass Menschen ohne gültige Einreisepapiere oder außerhalb geregelter Verfahren nach Deutschland kommen. Ich selbst rede in Fällen illegaler Einreise von illegaler Migration. Nach dem Dublin-System ist grundsätzlich der erste EU-Staat zuständig, in dem ein Asylbewerber registriert wurde. Wenn wir an der Grenze kontrollieren, können wir solche Fälle sofort erkennen und Rücküberstellungen ermöglichen. Ohne Kontrollen gelangen viele unregistriert ins Land – das untergräbt Recht und Ordnung. Gerade deshalb sind temporäre Grenzkontrollen aus unserer Sicht verhältnismäßig und notwendig, um Sicherheit, Rechtsstaat und das Vertrauen im Schengen-Raum zu erhalten.
Grundsätzlich gibt es Dublin-Abschiebungen. Und Deutschland muss in diesen Fällen auch ein Dublin-Verfahren durchführen. Problematisch ist, dass sich viele Länder entlang der Kette nicht an Verfahren halten oder diese verkomplizieren. Z.B. In dem Dublin-Abschiebungen in einem Land nur Montag bis Donnerstag zwischen 08:00 und 15:00 Uhr landen dürfen, Überstellungen sieben Tage Vorfeld angekündigt werden müssen, nur in Linienflügen stattfinden dürfen und grundsätzlich nur 10 Personen pro Woche überstellt werden dürfen (Berichte über Bulgarien). Damit wird das Dublin-System ad absurdum geführt. Deshalb macht es sehr wohl einen Unterschied jemand direkt an der Grenze abzupassen. Damit ist nämlich klar, dass unsere Nachbarländer für das Verfahren zuständig sind und nicht wir selbst.
Herzliche Grüße Jonas Geissler

