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Johannes Vogel
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Frage von Thomas S. •

Frage an Johannes Vogel von Thomas S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Vogel,

meine Frage bezieht sich auf die Verhinderung des Missbrauchs von Leiharbeit durch Arbeitgeber.

Schlecker hatte dort ja folgendes Prinzip: Sie entließen ihre Mitarbeiter und stellten sie über eine betriebseigene Leiharbeitsfirma zu einem deutlich niedrigeren Lohn wieder ein. Die Möglichkeit der Lohnabweichung wurde geschaffen, indem der deutsche Arbeitgeberverband sich eine Pseudo-Gewerkschaft gesucht hat, welche keine wirklichen Arbeitnehmerinteressen vertreten hat, und mit dieser einen Tarifvertrag für die gesamte Leiharbeitsbranche geschaffen hat, der 30-50 % Lohnabweichung zuließ.

Die FDP will so etwas nun verhindern, indem sie die Möglichkeit der tarifvertraglichen Abweichung vom equal-pay-Prinzip zeitlich befristen möchte. Die Fristvorschläge, die ich dazu gehört habe, gehen von 6 bis zu 12 Monaten.

Gäbe es bei Branchen, in denen eine besondere Anbindung der Mitarbeiter an den Betrieb verzichtbar ist, für Arbeitgeber nicht die Möglichkeit, einen per Leiharbeit eingestellten Mitarbeiter eben nach dieser Frist zu entlassen und dann einen neuen per Leiharbeit einzustellen? Diesen nach Fristablauf wieder zu entlassen, um dann einen neuen (evtl. sogar einen, der schon mal "da war") einzustellen?

Man kann natürlich sagen, dass kein Arbeitgeber so abgebrüht ist und dass Arbeitgeber auch ein soziales Herz haben. Aber bei dem, was z. B. Schlecker bei der jetzigen Regelung gemacht hat, sehe ich keinen Grund, warum solche Unternehmer nicht auch bei der von der FDP vorgeschlagenen neuen Regelung alles versuchen werden, um sie zu umgehen.

Können Sie meine Bedenken zerstreuen?

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Schmidt

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FDP

Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Frage. Um es vorweg zu schicken: Missbrauch im Einzelfall wird es in der sozialen Marktwirtschaft immer geben. Es ist unmöglich alles zu überwachen, zu kontrollieren und zu verregeln. Als FDP haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, die Vorteile flexibler Beschäftigungsformen zu erhalten und Missbrauch, wo er zweifelsfrei und in relevanter Größenordnung identifiziert werden kann, einzudämmen und erfolgreich zu verhindern.
Zunächst möchte ich aber noch einmal darauf hinweisen, dass es sich bei der Zeitarbeit um ganz normale sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handelt, d.h. Zeitarbeiter verfügen über alle Arbeitnehmerrechte wie in anderen Branchen auch. Die Branche ist Teil des erfolgreichen deutschen Arbeitsmarkts und ein wichtiger Beitrag für mehr Einstiegschancen, schließlich kommt weit mehr als die Hälfte der dort Tätigen aus der Arbeitslosigkeit und ein sehr hoher Anteil verfügt über keine berufliche Qualifikation und somit schlechtere Arbeitsmarktchancen in anderen Branchen. Hier ist der Einstieg durch Zeitarbeit eine große Chance, gerade auch um sich im nächsten Schritt durch Qualifikation eine weitergehenden Aufstiegsperspektive zu erarbeiten.

Aufgrund gemeinsamer tarifvertraglicher Regelungen der Arbeitgeberverbände der Zeitarbeitsbranche und der DGB-Gewerkschaften gibt es seit einem Jahr zudem eine branchenbezogene, tarifliche Untergrenze für die Entlohnung von Zeitarbeitern. Die Tarifvertragsparteien haben zudem einen Mechanismus gefunden, der einen klugen Ausgleich zwischen dem Interesse der Beschäftigten an steigender Entlohnung und dem Interesse der Arbeitgeber, Zeitarbeit als Jobmotor am Laufen zu halten schafft. Die Anpassung an die Löhne anderer im Entleihunternehmen Beschäftigter erfolgt nun schrittweise und nach bestimmten Fristen.

Gleichwohl gebe ich Ihnen Recht: Die Politik muss hinsichtlich des Missbrauchspotenzials immer die realen Entwicklungen im Auge behalten. Die Bundesagentur für Arbeit und andere Institutionen erheben - auch aus diesem Grund - fortdauernd Daten und bilden sie in umfangreichen Statistiken ab. Das wird auch zeigen, wie sich die Verleihzeiten in der Zeitarbeit entwickeln und ich werde dies auch persönlich auf dieser Grundlage genau beobachten. Als FDP halten wir nach jetzigem Kenntnisstand schrittweise Angleichung an Equal Pay nach Frist weiter für die richtige Lösung.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Vogel

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