Inwiefern ist die von der Koalition aus CDU und SPD gewünschte Aufrüstung unabdingbar? Und wie soll diese erfolgen? Was soll aufgerüstet werden?
Sehr geehrter Herr Schraps,
nicht jeder teilt die gegenwärtigen Ambitionen des "mehr, schneller, weiter" in Bezug auf unsere Bundeswehr. Die Gegner dieses Vorhabens führen die nachstehenden Zahlen an.
Was sagen Sie dazu?
laut Statista (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/379080/umfrage/vergleich-des-militaers-der-nato-und-russlands/) hatte die Nato 2025 etwa 3,44 Millionen Soldaten. Zieht man die US-Truppen ab, bleiben 2,14 Millionen aktive Soldaten übrig, während Russlands 1,2 Millionen Soldaten mehrheitlich im Ukrainekrieg gebunden sind.
Mehr als 6.000 europäische Panzer stehen ungefähr 2.000 russischen gegenüber. Der europäische Teil der Nato hat 2.073 Kampfflugzeuge, Russland hingegen 1.026.
Artilleriesysteme: Nato-Staaten 15.399 Systeme, Russland 5.399.

Sehr geehrter Herr B.
Zunächst möchte ich mich für die späte Antwort entschuldigen - die letzten Wochen waren politisch und privat sehr anstrengend, umso mehr schätze ich Ihre Geduld.
Vielen Dank für Ihre kritische und fundierte Anfrage. Die von Ihnen genannten Zahlen zeigen in der Tat deutlich: Die NATO - auch ohne die USA - ist Russland in vielen Bereichen personell und materiell überlegen. Diese statistische Überlegenheit ist zwar ein gutes Signal, doch sie allein reicht nicht aus.
Es geht in der aktuellen Diskussion nicht nur um „mehr“, sondern auch um „besser“ und „einsatzbereit“. Vieles von dem, was offiziell vorhanden ist - seien es Panzer, Flugzeuge oder Artilleriesysteme - ist derzeit nicht oder nur eingeschränkt einsetzbar, weil Ersatzteile fehlen, die Logistik veraltet ist oder die Ausbildung hinterherhinkt. Hier setzt die sogenannte Zeitenwende an.
Es geht also nicht primär um Aufrüstung, sondern um die Wiederherstellung der Verteidigungsfähigkeit. In einer Zeit, in der Russland offen und völkerrechtswidrig Grenzen verschiebt, müssen wir dafür sorgen, dass Europa verteidigungsfähig bleibt - nicht aus Lust am Militärischen, sondern aus Verantwortung für Frieden und Freiheit.
Die Investitionen sollen unter anderem dafür sorgen, dass bestehende Systeme modernisiert, logistische Lücken geschlossen und die Truppe besser ausgestattet wird - mit Kleidung, Schutzwesten, Fahrzeugen und einer funktionierenden digitalen Infrastruktur. Auch faire Bezahlung und gute Ausbildung gehören für mich zu einer wehrhaften Demokratie.
Der konkrete Zeitplan für diese Maßnahmen wird jetzt in den nächsten Wochen im Bundestag intensiv beraten und diskutiert. Dabei ist mir wichtig: Jede Entscheidung muss mit Augenmaß getroffen werden – sicherheitspolitisch sinnvoll, finanziell tragbar und demokratisch legitimiert.
Ich bin überzeugt: Eine starke Verteidigung ist kein Widerspruch zur Friedenspolitik - sie ist ihre Voraussetzung.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Schraps