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Frage von Thomas S. •

Frage an Johannes Kahrs von Thomas S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Kahrs!

In Ihrer am 20.07.2011 erfolgten Antwort auf die von Herrn Zwirner am 8.07.2011 gestellte Frage führen Sie unter anderem aus, Zitat Herr Johannes Kahrs:

"Die Abgeordneten sollen wirklich unabhängig arbeiten können. Sie sollen nicht in die Versuchung geraten, sich andere Einkommensquellen zu suchen und dadurch von anderen Menschen und Interessen abhängig werden."

http://www.abgeordnetenwatch.de/johannes_kahrs-575-37684--f298964.html#q298964

Entschuldigen Sie bitte, aber Ihre Ausführung beinhaltet für mich den Gedanken, dass erst ab einem Einkommen gleich oder überhalb der aktuellen Diät der Bundestagsabgeordneten diese unabhängig arbeiten kann.

Frage 1:

Verstehe ich Sie da richtig?

Wenn dem so sein sollte, erlaube ich mir Frage 2:

Warum beziehen immer noch nicht wenige Abgeordnete trotz der Diät weit über dem Durschnittseinkommen, Nebenverdienste?

Frage 3:

Führen nicht zumindest die davon betrofffenen Kolleg(inn)en Ihre Rede ad absurdum?

Zudem: Millionen Menschen erbringen jeden Tag in diesem Land verantwortungsvoll gesellschaftlich nützliche Arbeit.

Frage 4:

Sollte eine gute Bezahlung dann nicht auch für alle Bürger gelten,
die verantwortungsvoll für das Gemeinwohl arbeiten?

Frage 5:

Was spricht dagegen, dass wir Alten- und Krankenpfleger(innen), Feuerwehrleute, Sanitäter, Erzieher(innen) und noch viele Menschen mehr, gleichwertig mit dem Einkommen eines MdB von jetzt aktuellen 7.668 Euro für deren verantwortungsvoll erbrachte und gesellschaftlich nützliche Arbeit "entschädigen"?

Frage 6:

Finden Sie das in Ordnung, dass für Beschäftigte im Bundesfreiwilligendienst neben freier Kost und Logis eine Aufwandsentschädigung von gerade mal ca. 330 Euro im Monat für Vollzeitarbeit vorgesehen ist, während Ihnen und einem Großteil Ihrer Kolleg(inn)en scheinbar die aktuelle Diät von 7.668 Euro monatlich künftig nicht mehr zu reichen scheint, um "unabhängig" arbeiten zu können?

Mit freundlichen Grüßen, Thomas Schüler

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schüller,
vielen Dank für ihre Fragen.

zu 1.:
Selbstverständlich ist dies nur eines von vielen Argumenten aus meiner weitaus längeren Antwort auf die Frage von Herrn Zwirner. Dennoch halte ich es für richtig. Der Umkehrschluss, den sie gemacht haben, ist so natürlich nicht zutreffend. Unabhängigkeit lässt sich sicherlich nicht allein durch ein hohes Gehalt gewährleisten. Aber dass finanzielle Sicherheit unabhängiger macht, liegt doch auf der Hand. Die Arbeit eines Abgeordneten ist anspruchsvoll und sehr zeitaufwendig. Einen Feierabend im eigentlichen Sinne gibt es nur äußerst selten. Dass mit diesem Berufsprofil eine angemessene Vergütung verbunden sein sollte, ist deshalb naheliegend.

zu 2. und 3.:
Ich kann in dieser Frage nur für mich sprechen und kenne die Motive der Kollegen nicht. Für mich persönlich ist die Arbeit als Abgeordneter eine Vollzeitarbeit, der ich alles andere unterordne. Andererseits ist es nicht mit der Verfassung vereinbar, dass einem Abgeordneten verboten wird, zusätzlich zur Diät Nebenverdienste zu beziehen. Sollten sie das für bedenklich halten, befragen sie dazu doch bitte die Abgeordneten, die es betrifft. Um eine Transparenz in dieser Frage herzustellen, müssen Abgeordnete ihre Nebenverdienste heutzutage öffentlich machen.

zu 4.:
Da haben Sie völlig recht und die SPD setzt sich genau dafür ein. In vielen Bereichen wird die Gesellschaft umdenken müssen. Am ehesten wird dies in der Alten- und Krankenpflege der Fall sein, da bereits jetzt in diesem Bereich Personal fehlt und neue Anreize geschaffen werden müssen. Zwangsläufig wird dies jedoch auch eine weitere Explosion der Pflege- und Krankenkosten mit sich bringen, die solidarisch (also nach Einkommensverhältnissen) verteilt werden müssen.

zu 5.:
Bereits in meiner Antwort an Herrn Zwirner schrieb ich: „Die Entschädigung der Abgeordneten soll sich an dem Gehalt anderer Amtsinhaber mit ähnlicher Verantwortung und Belastung orientieren. Als Richtgröße sollen die Bezüge von Bürgermeistern kleiner Städte und Gemeinden mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern gelten. Sie erhalten als kommunale Wahlbeamte auf Zeit eine Vergütung der Besoldungsgruppe B6. Als vergleichbar wurden auch die einfachen Richter bei einem obersten Gerichtshof des Bundes (Bundesgerichtshof, Bundesarbeitsgericht, etc.) angesehen, die bei der Ausübung ihres Amtes ähnlich wie Abgeordnete unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind. Sie erhalten eine Vergütung nach der Besoldungsgruppe R6.“

zu 6.
Ja, das finde ich in der Tat in Ordnung. Es handelt sich beim Bundesfreiwilligendienst um ein „Ehrenamt“, bei dem lediglich sichergestellt wird, dass derjenige, der es ausübt, nicht finanziell draufzahlt. Die Idee ist, seinem Land einen Dienst zu erweisen und der Gesellschaft die eigene Arbeitskraft unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.
Viele Generationen wurden nicht gefragt, ob sie bereit wären einige Monate ihres Lebens als Wehrdienst- oder Zivildienstleistender zum Wohle der Gesellschaft zu verbringen – sie mussten es und bekamen dafür zum Teil noch weniger Geld. Das galt selbstverständlich auch für diejenigen männlichen Abgeordnete, die heute im Bundestag sitzen. Wenn sich jemand entschließt diesen Dienst zu verrichten, ist Geld sicherlich kein Anreiz für ihn/sie.

Mit freundlichem Gruß,
Johannes Kahrs