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Joachim Pfeiffer
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Frage von Thomas W. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Thomas W. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer,

wie jüngsten Pressemeldungen zu entnehmen ist, drehen die Versicherungsgesellschaft in punkto Bewertungsreserven mal wieder das "große Rad" bzw. die, wie mir scheint mächtige Lobby, will wohl ohne große Sachkenntnis der MdBs ein neues Gesetz zu den Bewertungsreserven klammheimlich durchdrücken.

Als Betroffener einer Ende 2015 ablaufenden Lebensversicherung, in die ich dann 27 Jahre brav meine Beiträge eingezahlt habe, werde ich, so das Geplante Gesetz wird, mehrere Tausend Euro (so die Auskunft meiner Versicherung) verlieren. Das kann ich logischerweise nicht einsehen.

1.) Wie ist Ihre Meinung dazu?
2.) Haben Sie sich ausführlich über das geplante Gesetz informiert?
3.) Haben Sie dazu auch die entsprechenden Verbraucherschutzorganisationen angehört oder besteht Ihre Wissen dazu ausschließlich aus Informationen der Vesicherungswirtschaft?
4.) Ist Ihnen bewusst, dass nach Ansicht von Verbraucherschützern die Reserven der Versicherungen bei Weitem ausreichen und eine Kürzung von Bewertungsreserven gar nicht notwendig ist?
5.) Wurden den Abgeordneten des deutschen Bundestages überhaupt konkrete Zahlen vorgelegt? (Wieviele Betroffene? Um wieviel Geld geht es?)

Nur Zur Info: Die Verbraucherzentrale in Stuttgart bietet Beratungen dazu an. Wartezeit derzeit (Stand: 02.04.2014) acht Wochen!!!
Das ist also ein ziemliches Thema.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Wehle

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Wehle,

vielen Dank für Ihre Anfrage mit Bezug auf die aktuelle Berichterstattung zu möglichen Veränderungen bei Lebensversicherungsverträgen. Seien Sie versichert, dass ich mich mit diesem Thema intensiv befasse und schon seit längerem befasst habe, da der Deutsche Bundestag bereits Ende 2012 eine Neuregelung zu den Bewertungsreserven der Lebensversicherungen beschlossen hatte, die jedoch vom Bundesrat nicht mitgetragen wurde. Eine Einigung kam bis zum Ende der vergangenen Legislaturperiode nicht mehr zustande. Aufgrund der Diskontinuität muss die Thematik daher in dieser Legislaturperiode neu in den Bundestag eingebracht werden.

Zum besseren Verständnis ist es hier zunächst wichtig zu wissen, dass sich der Auszahlungsbetrag eines Lebensversicherungsvertrages regelmäßig aus drei Elementen zusammensetzt. Dabei handelt es sich um

1. die bei Vertragsabschluss garantierte Leistung,
2. die Überschussbeteiligung einschließlich des erst zum Vertragsende feststehenden Anteils am Schlussgewinn und
3. die Beteiligung an den so genannten Bewertungsreserven.

Bewertungsreserven kommen dabei wie folgt zustande:

Das von den Versicherten eingezahlte Geld legt das Versicherungsunternehmen zum Beispiel in sicheren Bundesanleihen an. Bewertungsreserven entstehen, wenn der Preis für eine solche Bundesanleihe im Bestand des Versicherungsunternehmens am Markt über den Preis steigt, zu dem das Versicherungsunternehmen diese Anleihe ursprünglich erworben hat. Bei festverzinslichen Wertpapieren wie Bundesanleihen entstehen Bewertungsreserven insbesondere in Marktsituationen wie der augenblicklichen Niedrigzinsphase. Der Grund dafür ist, dass einige Wertpapiere vor langer Zeit mit einem wesentlich höheren Zinssatz ausgegeben wurden.

Beispiel: Eine Bundesanleihe mit einem Nominalwert von 100 wurde im Jahre 1986 mit einem Zinssatz von 6 Prozent ausgegeben. Gegenwärtig wird die Anleihe zu einem Kurs von 120 Euro gehandelt. Der Kursgewinn in Höhe von 20 Euro - also der Differenz zwischen dem Nominalwert von 100 und dem gegenwärtigen Kurs von 120 - ist keine dauernde Wertsteigerung. Denn bei Fälligkeit der Anleihe im Jahr 2016 wird das Versicherungsunternehmen lediglich den Nominalwert von 100 Euro zurückerhalten. Die Anleihe ist derzeit nur deshalb so wertvoll geworden, weil sie noch vier weitere Jahre Zinsen von 6 Prozent einbringt, wohingegen aktuell gehandelte Anleihen nur etwa zu 1 Prozent verzinst werden.

Die unveränderte Beibehaltung der gesetzlichen Regelung aus dem Jahr 2008 würde in diesem Beispiel dazu führen, dass die Versicherten, deren Verträge aktuell fällig werden, Bewertungsreserven aus dieser Anleihe von 10 Euro (50 Prozent von 20 Euro) ausgezahlt bekommen würden. Dem Versicherungsunternehmen stehen diese 10 Euro selbst aber gar nicht unmittelbar zur Verfügung. Die Wertsteigerung ist nämlich nur vorübergehend und besteht sozusagen nur „auf dem Papier“. Das Versicherungsunternehmen muss deshalb die 10 Euro aus dem allen Versicherten zugehörigen Kapitalbestand erbringen. Dies führt dazu, dass der für die große Gemeinschaft der beim Versicherungsunternehmen verbleibenden Versicherten vorgesehene Kapitalbestand vermindert wird und zukünftig nur geringere Erträge erwirtschaften kann.

Auf die durch die augenblickliche Niedrigzinsphase entstehenden Probleme bei den Lebensversicherern hat auch die Deutsche Bundesbank in ihrem
Finanzstabilitätsbericht 2013 hingewiesen. Für die Lebensversicherer werde es immer schwieriger, die Garantieverzinsung zu erwirtschaften und zunehmend würden auch die finanziellen Puffer der Lebensversicherer aufgezehrt. Daher hält es die Deutsche Bundesbank für erforderlich, die Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven in der Lebensversicherung im Sinne der Finanzstabilität solide und nachhaltig zu regeln.

Im Koalitionsvertrag haben wir daher gemeinsam mit unserem Koalitionspartner festgelegt, dass wir Lösungsvorschläge zum Umgang mit den Folgen eines lang anhaltenden Niedrig­zinsumfeldes erarbeiten wollen, um im Interesse der Versichertengemeinschaft geeignete Maßnahmen zur Stärkung der Risikotragfähigkeit und Stabilität der Lebensversicherungen zu treffen. Dabei geht es uns nicht darum, die Aktionäre und Eigentümer der Versicherungen zu schonen oder eine Verschiebung der Beteiligung an den Bewertungsreserven zu Gunsten der Versicherungsunternehmen auf Kosten der Versichertengemeinschaft vorzunehmen.

Als CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag geht es uns vielmehr darum, die Ansprüche aller Versicherten sicherzustellen. Daher werden wir solche Maßnahmen ergreifen, die im Interesse und zum Schutz der Ansprüche der Versicherten sind. Und dabei werden wir darauf achten, dass diese Maßnahmen einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen heute ausscheidender und in der Versichertengemeinschaft verbleibender Versicherungsnehmer darstellen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Versicherungsnehmer auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten angemessene Erträge aus ihren Lebensversicherungen erhalten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer MdB