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Joachim Pfeiffer
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Frage von Dirk S. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Dirk S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Pfeiffer,

bei der Abstimmung im Bundestag zum Thema "Wasser ist Menschenrecht" haben
sie mit Nein gestimmt. Das bedeutet also, dass sie das öffentliche Gut Wasser, welches allen Menschen gleichermaßen gehört den Profitinteressen der Konzerne opfern wollen.
Nun wissen wir aber aus der Vergangenheit (am Beispiel von Suez und Veolia), dass die Privatisierung des Wassers sowohl finanziell als auch qualitativ stets zum Nachteil der Bevölkerung und Allgemeinheit war.
Als Abgeordneter des Deutschen Bundestages sind sie weder an Aufträge noch an Weisungen gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Diese Abstimmung zu diesem wichtigen Thema zeigt jedoch eindeutig, dass sie sich offensichtlich einem Fraktionszwang unterworfen haben, der nebenbei gesagt Verfassungswidrig ist und gegen das freie Mandat verstösst.

Ich bitte Sie nun, detailliert auszuführen, weswegen Wasser aus ihrer Sicht kein Menschenrecht ist und man das öffentliche Interesse am wichtigsten Gut der Menschheit dem Gewinnstreben der Konzerne opfern soll?

Mit freundlichem Gruß
Dirk Schönhöfer

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schönhofer,

der Deutsche Bundestag hat am 28. Februar über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe (KOM(2011) 897 endg.; Ratsdok. 18960/11) beraten. Ich habe mich dabei ebenso wie meine Fraktionskollegen ausdrücklich gegen jegliche Privatisierungs- oder Ausschreibungspflicht für die öffentliche Wasserversorgung ausgesprochen.

Die genannte EU-Richtlinie über die Konzessionsvergabe ist Teil des Legislativpakets zur Modernisierung des Vergaberechts, das die Europäische Kommission am 20. Dezember 2011 vorgelegt hat. Die Europäische Kommission verfolgt mit der Konzessionsrichtlinie im Wesentlichen zwei Ziele: Zum einen soll die Rechtssicherheit bei der Vergabe von Konzessionen erhöht werden, zum anderen ein besserer Zugang zu den Konzessionsmärkten für alle Unternehmen in der EU gewährleistet werden. Der Richtlinienentwurf war im vergangenen Jahr Gegenstand intensiver Beratungen in der zuständigen EU-Ratsarbeitsgruppe in Brüssel. Am 10. Dezember 2012 hat der EU-Wettbewerbsfähigkeitsrat eine konsolidierte Textfassung beschlossen und ein Verhandlungsmandat für den anstehenden Trilog mit dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission erteilt. Der Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments hat am 24. Januar 2013 dem Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission grundsätzlich zugestimmt, für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen europaweit einheitliche Vergaberegelungen zu schaffen.

Wir in der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag haben uns immer ausdrücklich gegen eine Privatisierungs- oder Ausschreibungspflicht für die öffentliche Wasserversorgung im Rahmen der Konzessions-Richtlinie ausgesprochen.

Dienstleistungskonzessionen berühren viele Leistungen der Daseinsvorsorge. Schon heute ist die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen kein rechtsfreier Raum. Die europäischen Regeln sehen vor, dass die Konzessionsvergaben unter Einhaltung der Grundsätze der Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und der Transparenz zu erfolgen haben. Das stellt auch der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 10. März 2011 klar.

Den besonderen Belangen der Wasserversorgung in Deutschland muss daher Rechnung getragen werden. Mit der kommunalen Daseinsvorsorge sind die Menschen bei uns immer gut und sicher gefahren, gerade im Bereich der Wasserversorgung.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich daher auch gegenüber der Bundesregierung wiederholt dafür eingesetzt, bei den Verhandlungen auf EU-Ebene dem Vorschlag der EU-Kommission für eine Konzessions-Richtlinie keine Abstimmungsmehrheit zu verschaffen oder zumindest darauf hinzuwirken, dass der sensible Bereich der Wasserversorgung aus einer solchen Regelung ausgenommen bleibt.

Der massive Druck auf die EU-Kommission, die geplante Ausschreibungspflicht für die öffentliche Wasserversorgung fallenzulassen, hat nun endlich Wirkung gezeigt. EU-Kommissar Barnier hat eine grundlegende Überarbeitung der bisherigen Kommissionspläne zur Wasserversorgung angekündigt. In der Sitzung des Binnenmarktausschusses des Europäischen Parlaments am 21. Februar 2013 hat der Kommissar erklärt, dass bei der Entscheidung über die Ausschreibungspflicht bei einem Mehrsparten-Stadtwerk die Wasserversorgung zukünftig getrennt von anderen Sparten (z.B. der Stromversorgung oder der Abfallentsorgung) betrachtet werden kann. Die Wasserversorgung müsste dann nur noch in solchen Fällen ausgeschrieben werden, in denen das kommunale Unternehmen weniger als 80% seiner Wasserdienstleistungen für die Gebietskörperschaft erbringt.

Dieses Einlenken der Kommission ist nicht zuletzt Ergebnis der beharrlichen Bemühungen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Nach wie vor gilt aber, dass eine europaweite Ausschreibungspflicht bei der öffentlichen Wasserversorgung zu verhindern ist. Bewährte Versorgungsstrukturen in Deutschland dürfen nicht zerschlagen und die erstklassige Qualität der Wasserversorgung darf nicht gefährdet werden. Der neue Vorschlag von Kommissar Barnier ist insoweit ein Schritt in die richtige Richtung. Jetzt gilt es, in den anstehenden Trilog-Verhandlungen ein gutes Ergebnis zu erreichen.

Fazit: Wir wollen keine Ausschreibungspflicht, einen Zwang darf es nicht geben, sondern es soll situationsabhängig vor Ort darüber entschieden werden. Eine privat organisierte Wasserversorgung ist nicht per se schlecht oder gar gefährlich. Wichtig ist, zu schauen, wo Effizienzpotenziale liegen und wie sie gehoben werden können.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer MdB