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Joachim Pfeiffer
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Frage von Sandra H. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Sandra H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Pfeiffer,

ich wende mich mit meiner Frage an Sie, da Sie für meinen Wahlkreis im Bundestag sitzen.

Ich habe vor ein paar Tagen mehrmals im Radio O-Töne von diversen MdBs gehört, die wegen des drohenden Fachkräftemangels den Zuzug von qualifizierten ausländischen Arbeitnehmern vorantreiben wollen.
Das ist schon eine Idee, aber nur, und ich betone es noch einmal: NUR wenn im gleichen Atemzug ebenfalls eine Idee kommt, was man mit seinen bisherigen (Langzeit-)Arbeitslosen macht. Ich finde das sonst hochgefährlich! Die Volksseele kocht sonst.
Ich bin mir sicher, dass mindestens 50 % der derzeitigen Arbeitslosen qualifiziert genug sind (oder doch zumindest fähig sind, sich eine Qualifizierung anzueigen), dass Sie einen Arbeitsplatz zur Zufriedenheit aller ausfüllen können. Ob die Arbeitgeber Ihnen auch eine Chance geben, das zu beweisen, wäre Gegenstand einer weiteren Frage.

Jedenfalls, unter den heutigen Arbeitslosen gibt es viele, die, womöglich mit etwas Unterstützung, fähig und bereit sind, sich zu einer Fachkraft weiterzubilden. Wobei die Frage noch ist, welche Berufe unter den Fachkräftemangel falle. Bisher habe ich nur etwas von Ingenieuren gehört, evtl. auch noch Allgemeinmediziner.
Können Sie mir dazu auch etwas sagen?
Gehört eine Bürokauffrau auch zu den Fachkräften, an denen es in Zukunft mangelt? Diese Frage ist von rein persönlichem Interesse.

Mit freundlichen Grüßen
Sandra Henke

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Henke,

ich teile die Forderung eines kontingentierten Zuzugs von Fachkräften aus dem Ausland, sie ist vor folgendem Hintergrund zu sehen:

Der Bedarf an gut ausgebildeten und gut qualifizierten Fachkräften in Deutschland ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Dieser Bedarf an Arbeitskräften wächst weiter und wird auch unabhängig von konjunkturellen Schwankungen in Zukunft weiter wachsen, wie ein Blick auf die demografische Entwicklung zeigt. Eine verantwortliche Bundesregierung hat die Aufgabe, vorausschauend die Weichen dafür stellen, dass die notwendigen Fachkräfte dem Arbeitsmarkt auch künftig zur Verfügung stehen.

Die Politik der Bundesregierung beruht auf drei Säulen, nämlich erstens darauf, die einheimischen Arbeitskräfte so zu qualifizieren und so weiterzubilden, dass sie von den großen Chancen, die sich bieten, besser profitieren können. Das gilt zweitens auch für diejenigen, die schon lange hier sind und in vielen Fällen aufgrund mangelnder Bildungschancen und mangelnder Förderung nicht imstande waren, sich so in den Arbeitsmarkt einzugliedern, wie dies im Interesse unserer wirtschaftlichen Entwicklung geboten ist. Drittens kann die Gewinnung ausländischer Facharbeitskräfte Versäumnisse der inländischen Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen nie ganz ersetzen, sondern sie ist allenfalls eine wichtige Ergänzung dieser Politik; nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Anders formuliert: Die Pflicht ist 1. die Erwerbsbeteiligung Älterer über die heute gut 56 Prozent bei den 55 bis 64-Jährigen hinaus weiter zu steigern (im Jahr 2000 waren es noch 37 Prozent ); 2. Familie und Beruf noch besser miteinander zu verbinden; 3. den Ausbildungspakt weiter zu entwickeln und 4. die Menschen ohne qualifizierten Abschluss sowie die Migranten konsequent in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Erst dann kommt mit der Heranziehung ausländischer Facharbeitskräfte die Kür. Bei diesen Fachkräften und Spezialisten kann dann von Zuwanderung in die Sozialsysteme nicht die Rede sein. Im Gegenteil schaffen sie sogar noch Arbeitsplätze für weniger Qualifizierte. Nach meinem Vorschlag einer jährlichen Kontingentierung wären sie zudem direkt steuerbar.

Bei alldem betone ich ganz deutlich, dass es an erster Stelle darum gehen muss, die hiesigen Erwerbslosen in Arbeit zu bringen. Nur auf die eigenen Arbeitslosen zu setzen, genügt aber perspektivisch gesehen nicht.

Die Unternehmen beschäftigen sich schon lange nicht mehr allein mit der Frage, wie man mehr Ausbildungsplätze schaffen kann, sondern gerade auch mit der Frage, wie der eigene Fachkräftebedarf in Zukunft gedeckt werden kann. Das betrifft vor allem hochinnovative Unternehmen, aber auch das Handwerk in Deutschland. Das wird auch in diesem Jahr die Chancen der Schulabsolventen weiter erhöhen, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Berufliche Bildung, also duale Ausbildung, ist das Flaggschiff unseres Bildungssystems.

Es ist unbestritten, dass es einen Mangel an Fachkräften gibt. Die Bevölkerungsentwicklung und die anhaltende Dynamik in der Wirtschaft führen zu diesem erhöhtem Fachkräftebedarf. Der Verein deutscher Ingenieure (VDI) geht von knapp 36.000 Ingenieuren aus, die derzeit fehlen. In der IT-Branche fehlen laut dem Branchenverband Bitkom derzeit rund 43.000 Spezialisten. Die Bundesregierung rechnet damit, dass bis in drei Jahren 330.000 Akademiker auf dem deutschen Arbeitsmarkt fehlen, darunter 70.000 Naturwissenschaftler und 85.000 Ingenieure. Einer Studie für das Bundeswirtschaftsministerium zufolge kostet der Mangel an qualifiziertem Personal die deutsche Wirtschaft jedes Jahr bis zu 20 Mrd. Euro. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird sich die Situation weiter verschärfen. Nach einer Prognos-Studie fehlen schon 2015 fast drei Millionen Fachkräfte auf allen Ebenen. Das ist allein mit deutschen Arbeitskräften nicht mehr zu bewältigen.

Im Beruf der Kauffrau bzw. des Kaufmanns für Bürokommunikation ist meines Wissens ein Mangel auf dem Arbeitsmarkt nicht gegeben. Ich hoffe, Ihre Fragen damit, sehr geehrte Frau Henke, zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer MdB