Wird die Union das Mindeststrafmaß für Vergewaltigung erhöhen?
Guten morgen Herr Hermann,
ich danke Ihnen das Sie und Ihre Partei zumindest in Bayern es schaffen Recht u. Ordnung aufrechtzuerhalten.
Mich interessiert warum das Mindeststrafmaß für Vergewaltigung nicht erhöht wird, gemessen an der Tat steht die Strafen in keinerlei Verhältnis zu anderen Taten. Vergewaltiger erhalten oft Bewährung oder wenn eine kleine Strafe von z.B. 2 Jahren Gefängnis. Sind Sie nicht auch der Meinung das bei einem so abscheulichem Verbrechen das Mindeststrafmaß bei 10 Jahren liegen sollte?
Wenn mann es vergleicht:
Ein Redakteuer erhält 7 Monate auf Bewährung weil er eine Satire von Frau Faeser veröffentlichte. Und der Staatsanwalt geht auch noch in Berufung!
Wie ist Ihre Meinung dazu, stimmt da das Verhältnis zwischen den Strafen?
Mit freundlichen Grüßen
Markus H.
Werden Sie dieses Thema aufgreifen und in die neue Regierung bringen?

Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Frage vom 10.05.2025 und dafür, dass Sie sich mit einer so wichtigen und ernsten Frage an mich wenden. Ich verstehe und respektieren Ihre Sorge – Vergewaltigung ist eine der schwerwiegendsten Straftaten, die tiefes Leid und oft lebenslange seelische Folgen für die Betroffenen bedeutet. Der Wunsch nach härteren Strafen ist vor diesem Hintergrund absolut nachvollziehbar.
Gleichzeitig möchte ich Sie vorab darauf hinweisen, dass die Festlegung von Strafrahmen im Strafgesetzbuch (StGB) in die Zuständigkeit des Bundes fällt. Konkret liegt die Verantwortung hierfür beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Die Länder – konkret für Bayern das Bayerische Staatsministerium der Justiz – wirken über den Bundesrat an der Gesetzgebung mit, haben aber keine alleinige Entscheidungsbefugnis in derartigen Fragen.
Derzeit liegt bereits die gesetzliche Mindeststrafe für Fälle von besonders schwerer Vergewaltigung bei fünf Jahren Freiheitsstrafe. Gerade in Fällen, in denen der Täter das Opfer körperlich schwer misshandelt oder in die Gefahr des Todes bringt, wird regelmäßig eine deutlich höhere Freiheitsstrafe, die auf bis zu 15 Jahre lauten kann, zu verhängen sein. Verursacht der Täter wenigstens leichtfertig den Tod des Opfers, so sieht das Gesetz auch eine lebenslange Freiheitsstrafe vor.
Der Gesetzgeber muss aufgrund des grundgesetzlich geregelten Rechtsstaatsprinzips bei der Festlegung von Strafen immer auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Das heißt: Das Strafrecht muss zwischen unterschiedlich schweren Tatverläufen unterscheiden können – etwa ob Gewalt massiv angewendet oder „nur“ angedroht wurde, ob die Tat von mehreren Personen begangen wurde, ob das Opfer schwer verletzt wurde oder nicht. Der Gesetzgeber hat sich bewusst für einen differenzierten Strafrahmen entschieden, um sowohl der Schwere der Tat als auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerecht zu werden. Die Gerichte haben dabei die Aufgabe, das konkrete Strafmaß im Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanter Umstände festzulegen. Ein gesetzlich einheitlich festgelegtes Mindestmaß von zehn Jahren für jede Form der Vergewaltigung würde bedeuten, dass keine ausreichende Differenzierung mehr zwischen den unterschiedlichen Tatkonstellationen möglich wäre, um im Einzelfall auf die tatrelevanten Umstände gerecht und schuldangemessen reagieren zu können. Nicht jede Tat verläuft gleich. Gerade Fälle sexualisierter Gewalt resultieren meist aus sehr individuellen Situationen; dies gilt auch für Fälle der Vergewaltigung. Bei der Urteilsfindung sind Besonderheiten in der Beziehung der Beteiligten zueinander, das Vor- und das Nachtatverhalten besonders relevant und nicht standardisierbar. Daher muss der Strafrahmen nach unten flexibel gehalten werden. Das Strafrecht muss Raum lassen, unterschiedliche Schweregrade zu bewerten, auch wenn das subjektive Gerechtigkeitsempfinden oft ein noch härteres Vorgehen verlangt.
Bayern steht für einen konsequenten Schutz von Opfern sexualisierter Gewalt, insbesondere in Form von gut ausgestatteten Ermittlungsbehörden und konsequenter Strafverfolgung. Gleichzeitig müssen allerdings strafrechtliche Regelungen rechtsstaatlichen Prinzipien genügen, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Einzelfallgerechtigkeit.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL